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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Ehrenwache. Wäre er nicht so müde gewesen, hätte er sich wohl wie ein kompletter Idiot gefühlt.
    Kleine Gruppen von Wächtern waren in regelmäßigen Abständen um den Wall aus zugespitzten Pfählen verteilt und spähten in die Nacht hinaus. Bei jeder Gruppe befand sich ein Junge als Laufbursche. Am westlichen Ende des Dorfes hatten sich die Wächter alle an der Innenseite der Straßensperre versammelt. Sie hielten die Speere und Bögen in nervöser Kampfbereitschaft und blickten hinüber zum Westwald. Selbst im Mondschein mußten ihnen die Bäume wohl mehr wie schwarze Schatten vorkommen.
    Der Behüterumhang ließ Teile von Tomas' Körper so mit der Nacht verschmelzen, daß sie praktisch unsichtbar waren. Bain und Chiad befanden sich bei ihm. Aus irgendeinem Grund hatten die beiden Töchter des Speers jede Nacht an diesem Ende Emondsfelds verbracht, seit Loial und Gaul weg waren. »Ich hätte Euch nicht gestört«, sagte der Behüter zu Perrin, »aber da draußen scheint sich nur eine Gestalt zu bewegen, und ich glaubte, Ihr könntet sie vielleicht besser ausmachen mit Euren scharfen Augen... « Perrin nickte. Jeder wußte von dieser Fähigkeit, gerade auch bei Dunkelheit noch gut sehen zu können. Die Leute von den Zwei Flüssen hielten das anscheinend für etwas ganz Besonderes. Das gehörte zu den Dingen, die ihn in ihren Augen zu einem dieser idiotischen ›Helden‹ stempelten. Was die Behüter oder die Aes Sedai davon hielten, wußte er nicht. Er war heute nacht auch zu müde, als daß es ihn gekümmert hätte. Sieben Tage, und wie viele Angriffe waren es gewesen?
    Der Rand des Westwalds lag etwa fünfhundert Schritt entfernt. Selbst für seine Augen verschwammen die Bäume dort zu einem massiven Schatten. Etwas bewegte sich dort. Es war groß genug, daß es ein Trolloc sein konnte. Eine große Gestalt, die etwas trug... Das, was auf den Armen der Gestalt lag, hob einen Arm. Ein Mensch. Ein großer Schatten, der einen Menschen auf den Armen trug.
    »Wir schießen nicht!« schrie er. Ihm war nach Lachen zumute - nein, er ertappte sich dabei, wirklich zu lachen. »Komm weiter! Komm her, Loial!« Die undeutliche Gestalt trabte schwerfällig los, schneller als ein Mensch laufen konnte, und wurde schließlich als der Ogier erkennbar, der mit Gaul auf den Armen auf das Dorf zueilte.
    Die Männer feuerten ihn an, als sei das Ganze ein Wettrennen: »Rennt, Ogier, rennt! Los! Rennt!« Vielleicht war es auch ein Wettrennen, denn aus diesem Teil des Walds heraus war schon mehr als ein Angriff erfolgt.
    Kurz vor den Pfählen kam Loial schwankend zum Stehen. Es war kaum Platz für seine kräftigen Beine, sich auch nur seitwärts durch die Barriere zu schieben. Doch schließlich hatte er es geschafft und setzte sofort den Aielmann ab. Er selbst sank zu Boden und lehnte sich erschöpft an die nächststehenden Pfähle. Er atmete schwer, und seine behaarten Ohren hingen schlapp herunter. Gaul hüpfte auf einem Bein heran und setzte sich neben ihn. Augenblicklich kümmerten sich Bain und Chiad besorgt um seinen linken Oberschenkel, wo die Hose zerrissen und mit getrocknetem Blut verschmiert war. Er hatte nur noch zwei Speere, und in seinem Köcher herrschte gähnende Leere. Auch Loials Axt fehlte.
    »Du alter Narr von einem Ogier«, lachte Perrin ihn warmherzig an. »Sich so einfach fortzustehlen. Ich sollte dich Ausreißer von Daise Congar versohlen lassen. Na, wenigstens bist du noch am Leben. Und zurück.« Seine Stimme versagte ihm nun doch den Dienst. Er lebte. Und war wieder zurück in Emondsfeld.
    »Wir haben es geschafft, Perrin«, schnaufte Loial mit müder, doch immer noch dröhnender Stimme. »Vor vier Tagen Wir haben das Wegetor verschlossen. Höchstens die Altesten oder eine Aes Sedai könnten es wieder öffnen.« »Er hat mich fast den ganzen Weg von den Bergen bis hier getragen«, sagte Gaul. »Während der ersten drei Tage wurden wir von einem Nachtläufer und vielleicht fünfzig Trollocs verfolgt, aber Loial war einfach zu schnell für sie.« Er versuchte, die Töchter des Speers wegzuschieben, doch das gelang ihm nicht.
    »Lieg still, Shaarad«, fauchte ihn Chiad an, »oder ich werde behaupten, ich hätte dich bei voller Bewaffnung berührt. Dann kannst du selbst wählen, wie es um deine Ehre künftig stehen soll.« Faile lachte vergnügt. Perrin verstand gar nichts, doch die Bemerkung ließ den standhaften Aielmann beinahe in die Luft gehen. Anschließend ließ er sein Bein von den Töchtern

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