Der Schatten erhebt sich
der Macht zu, und in dem Augenblick, als die Feuerwand ihn zu erreichen drohte, zerbarst sie in unzählige Funken, die davonflogen und rasch verglimmten. Doch während der Feuervorhang noch verflog, raste bereits ein zweiter auf ihn zu. Er zerschlug ihn und ein dritter wurde sichtbar, und nach dem dritten dann ein vierter. Asmodean entkam mittlerweile, soviel war Rand klar. Wegen der Flammenvorhänge konnte er den Verlorenen nicht mehr sehen. Zorn glitt über die Oberfläche des Nichts, und er raffte soviel der Macht wie möglich zusammen.
Eine Feuerwalze erfaßte den auf ihn zurasenden roten Flammenvorhang und überrollte ihn. Das war nun keine dünne Scheibe mehr, sondern eine wilde, hoch aufragende Feuerwoge, wie vom Sturmwind vorwärtsgetrieben. Er bebte unter dem Ansturm der Macht, die ihn durchtobte. Zorn auf Asmodean krallte sich in die Oberfläche des Nichts.
Ein Loch öffnete sich in der feurigen Oberfläche. Nein, als Loch durfte man es nicht bezeichnen, denn als es Asmodean auf seiner schimmernden Plattform in Rands Richtung durchgelassen hatte, schloß es sich wieder. Der Verlorene hatte sich wohl mit einer Art Schutzschirm umgeben.
Rand zwang sich dazu, den fernen Zorn außerhalb des Nichts zu ignorieren. Nur in der kalten Ruhe innerhalb konnte er Saidin berühren. Wenn er den Zorn einließ, würde das Nichts zerspringen. Die Feuerwogen hörten zu existieren auf, als er den Strom der von ihm ausgehenden Macht unterbrach. Er wollte den Mann fangen und nicht umbringen.
Noch schneller glitt die Steinplatte durch die Dunkelheit. Er kam Asmodean immer näher. Mit einemmal blieb die Plattform des Verlorenen in der Dunkelheit stehen. Vor ihm entstand eine helle Öffnung, und durch die sprang er. Die silbrige Scheibe verschwand, und die Tür begann sich zu schließen. Rand schlug wild entschlossen mit der Macht zu. Er mußte die Tür offenhalten. Sobald sie geschlossen wäre, hätte er keine Ahnung mehr, wohin Asmodean geflohen war. Das Schrumpfen der Öffnung hielt inne. Ein von blendendem Sonnenschein erfülltes Viereck war geblieben, groß genug, um durchzusteigen. Er mußte es offenhalten und erreichen, bevor Asmodean zu weit weg war...
In dem Augenblick, als er an Anhalten dachte, stand seine Stufe auch schon still. Sie stand still, doch er wurde vorwärtsgeschleudert, direkt durch die Türöffnung hindurch. Sein Stiefel blieb an etwas hängen, doch dann überschlug er sich bereits auf hartem Boden und blieb schließlich atemlos liegen.
Er rang erst einmal nach Luft und richtete sich dann mühsam auf, denn er wagte nicht, auch nur einen Moment länger hilflos liegenzubleiben. Immer noch erfüllte ihn die Eine Macht mit Leben und Verderbnis. Seine Schrammen waren genauso fern von ihm wie sein mühevolles Luftholen, ebenso fern wie der gelbliche Staub, der ihn und seine feuchte Kleidung bedeckte. Und doch war er zur gleichen Zeit jeder winzigen Bewegung der glühendheißen Luft gewahr, jedes noch so kleinen Risses im harten Lehmboden. Schon verdunstete die Feuchtigkeit auf Hemd und Hose im Sonnenschein. Er befand sich in der Wüste, im Tal unterhalb des Chaendaer, keine fünfzig Schritt vom nebelumwallten Rhuidean entfernt. Die Tür war verschwunden.
Er trat einen Schritt auf die Nebelwand zu und blieb mit bereits erhobenem linken Fuß gleich wieder stehen. Der Absatz seines Stiefels war glatt abgeschnitten. Das mußte beim Hängenbleiben an der sich schließenden Tür geschehen sein. Er war sich vage bewußt, daß er trotz der Hitze schauderte. Er hatte nicht gewußt, daß es derart gefährlich war. Der Verlorene besaß all diese Kenntnisse. Asmodean würde ihm nicht entkommen.
Grimmig ordnete er seine Kleidung und steckte die Statuette des kleinen Mannes und sein Schwert entschlossen dorthin zurück, wo sie hingehörten. Dann rannte er auf den Nebel zu und mitten hinein. Graue Blindheit umgab ihn. Hier konnte ihm auch die in ihm angesammelte Macht nicht behilflich sein. Er rannte blindlings weiter.
Dann plötzlich warf er sich zu Boden und wälzte sich den letzten Schritt aus dem Nebel auf die rauhen Pflastersteine. Dort lag er und blickte hoch zu den drei hell leuchtenden Bändern, die im eigenartigen Licht Rhuideans silbrig blau wirkten. Sie schwebten in der Luft und erstreckten sich jeweils ein Stück nach rechts und links. Falls er aufstand, würden sie sich auf Höhe seiner Hüfte, seines Brustkorbs und seines Halses befinden. Sie waren so dünn, daß sie, von der Kante her betrachtet, beinahe
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