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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Tairener beginnen bereits, ihre Angst vor ihm abzubauen. Er sitzt hier, und je länger das so weitergeht, desto eher werden die Verlorenen das als Zeichen der Schwäche werten. Das Muster bewegt sich und fließt; nur die Toten liegen still. Er muß handeln oder sterben. Durch einen Armbrustbolzen im Rücken oder Gift im Essen, oder die Verlorenen schließen sich zusammen, um ihm die Seele aus dem Körper zu reißen. Er muß handeln oder sterben.« Elayne zuckte bei jeder der aufgezählten Gefahren zusammen. Daß sie durchaus wirklich waren, machte alles nur noch schlimmer.
    »Und Ihr wißt, was er zu tun hat, nicht wahr?« sagte Nynaeve nervös. »Ihr habt bereits alles für ihn geplant.« Moiraine nickte. »Wäre es Euch lieber, wenn er wieder ins Blaue hinein und allein loszöge? Das wage ich nicht zu riskieren. Diesmal stirbt er vielleicht dabei, oder es geschieht ihm noch schlimmeres, bevor ich ihn finde.« Das stimmte natürlich. Rand wußte kaum, was er da eigentlich tat. Und Elayne war sicher, daß Moiraine das bißchen Einfluß nicht aufgeben wollte, das sie noch auf Rand hatte. Das Wenige, was er ihr noch gestattete.
    »Werdet Ihr eure Pläne im Hinblick auf ihn mit uns teilen?« wollte Egwene wissen. Jetzt trug sie nichts mehr zur Beruhigung bei.
    »Ja, tut das«, sagte Elayne, wobei sie selbst über das kühle Echo von Egwenes Tonfall in ihrer eigenen Stimme erstaunt war. Sie liebte normalerweise die Auseinandersetzung nicht, wenn es sich vermeiden ließ. Ihre Mutter hatte ihr beigebracht, es sei besser, die Menschen anzuleiten, als sie mit dem Holzhammer zur Folgsamkeit zu erziehen.
    Falls Moiraine ihretwegen irritiert war, ließ sie es sich nicht anmerken. »Solange Ihr versteht, daß Ihr es für Euch behalten müßt. Ein verratener Plan ist zum Scheitern verurteilt. Ja, ich sehe schon, daß Euch dies klar ist.« Elayne verstand sie jedenfalls sehr gut: Der Plan war gefährlich und Moiraine wußte nicht, ob er funktionieren würde.
    »Sammael befindet sich in Illian«, fuhr die Aes Sedai fort. »Die Tairener sind immer zum Krieg mit Illian bereit, ebenso umgekehrt. Sie haben sich tausend Jahre lang immer wieder gegenseitig die Köpfe eingeschlagen, und sie sprechen von der Möglichkeit eines neuen Krieges wie andere vom nächsten Feiertag. Ich bezweifle, daß dies anders wäre, wenn sie von Sammaels Anwesenheit wüßten; jedenfalls nicht, solange der Wiedergeborene Drache sie anführt. Bei dieser Unternehmung wird Tear hinter Rand stehen, und wenn er Sammael stürzt, dann... « »Licht!« rief Nynaeve. »Ihr wollt nicht nur, daß er einen Krieg beginnt, sondern auch noch, daß er sich mit einem der Verlorenen anlegt! Kein Wunder, wenn er stur ist. Für einen Mann ist er wirklich nicht dumm.« »Er muß am Ende dem Dunklen König selbst gegenübertreten«, sagte Moiraine ruhig. »Glaubt Ihr wirklich, daß er jetzt die Verlorenen noch meiden könnte? Und was Kriege betrifft, gibt es auch ohne ihn schon genug, und jeder davon nutzloser als der andere.« »Jeder Krieg ist nutzlos«, begann Elayne, aber dann versagte ihre Stimme, als sie die Vernunft hinter Moiraines Plan einsah. Auf ihrem Gesicht standen Trauer und Bedauern, aber eben auch Verständnis. Ihre Mutter hatte ihr viele Vorträge darüber gehalten, wie man eine Nation führte und wie man sie regierte - zwei ganz verschiedene Dinge und beide notwendig. Und manchmal mußte man in beiden Fällen Dinge tun, die mehr als nur unangenehm waren. Doch der Preis dafür, sie nicht zu unternehmen, war manchmal noch viel höher.
    Moiraine warf ihr einen verständnisvollen Blick zu. »Es ist nicht immer angenehm, ja? Eure Mutter hat wohl damit begonnen, Euch beizubringen, was Ihr später als Herrscherin einmal wissen müßt, sobald Ihr auch nur alt genug wart, um zu verstehen, was sie sagte.« Moiraine war im Königspalast von Cairhien aufgewachsen, nicht dazu bestimmt, einmal zu regieren, doch mit der Herrscherfamilie verwandt, und zweifellos hatte sie einiges mitbekommen. »Manchmal scheint es einem besser, nichts zu wissen, vielleicht lieber ein Bauernmädchen zu sein, das nicht über die Grenzen ihrer Felder hinwegblicken kann.« »Noch mehr Rätsel?« fragte Nynaeve verächtlich. »Krieg war sonst etwas für mich, von dem die fahrenden Händler berichteten, das fern von uns stattfand und das ich eigentlich gar nicht verstand. Jetzt weiß ich, was er bedeutet. Männer töten andere Männer. Männer benehmen sich wie die Tiere, werden selbst zu Tieren.

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