Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
würde ihn nicht mit Berelain teilen! Vielleicht mußte sie noch ein wenig deutlicher werden. Oder doch wenigstens annähernd deutlich. »Ich schätze, es wird dir nicht an weiblicher Gesellschaft fehlen, wenn ich weg bin. Denke nur daran, daß einige Frauen die Männer mit ihrem Herz anblicken, während andere nicht mehr in ihnen sehen als eine Art von Schmuckstück, kaum anders als eine Halskette oder einen Armreif. Denke auch daran, daß ich zurückkomme, und ich bin diejenige, die mit dem Herzen sieht!« Zuerst blickte er verwirrt drein und dann ein wenig erschrocken. Sie hatte zuviel und zu schnell gesagt. Nun mußte sie ihn ablenken. »Weißt du, was du mir nicht gesagt hast? Du hast nicht versucht, mich abzuschrecken, indem du erklärt hättest, wie gefährlich du seist. Versuch es jetzt bitte auch nicht mehr. Es ist zu spät.« »Ich habe gar nicht daran gedacht.« Nun kam ihm aber ein anderer Gedanke, und sein Blick wurde plötzlich mißtrauisch. »Hast du das alles mit Egwene abgesprochen?« Sie brachte es fertig, gleichzeitig mit großen Unschuldsaugen dreinzublicken und doch leicht erzürnt zu wirken. »Wie kannst du so etwas nur glauben? Denkst du, wir reichen dich wie ein Paket von der einen zur anderen weiter? Du denkst entschieden zuviel an dich selbst. Man kann auch übertrieben stolz sein.« Jetzt blickte er wieder verwirrt drein. Das war durchaus zufriedenstellend. »Tut es dir leid, was du mit uns gemacht hast, Rand?« »Ich wollte euch nicht erschrecken«, sagte er zögernd. »Egwene hat mich aufgeregt. Das schafft sie immer mühelos. Ich weiß, eine Entschuldigung ist das nicht. Ich sagte ja, daß es mir leid tut, und das stimmt. Und schau mal, was es mir eingebracht hat: versengte Tische und noch ein kaputtes Oberbett.« »Und was das... Zwicken betrifft?« Er wurde wieder rot, sah ihr aber trotzdem gerade in die Augen. »Nein. Nein, das tut mir nicht leid. Ihr zwei habt einfach über meinen Kopf hinweg geredet, als sei ich ein Scheit Holz ohne Ohren. Ihr hattet das verdient, ihr beiden, und dazu stehe ich.« Einen Augenblick lang sah sie ihn forschend an. Er rieb sich durch die Jackenärmel hindurch die Unterarme, als sie ganz kurz nach Saidar griff. Sie hatte eigentlich keine Ahnung, wie man mit Hilfe der Macht Wunden heilte, aber sie hatte wenigstens gelegentlich ein paar Bruchstücke mitbekommen. So lenkte sie einen dünnen Strom der Macht und nahm ihm den Schmerz, den sie ihm aus Rache für das Kneifen zugefügt hatten. Er riß überrascht die Augen auf und lief vorsichtig ein paar Schritte, um festzustellen, ob die Abwesenheit des Schmerzes keine Täuschung sei. »Als Dank für die Ehrlichkeit«, sagte sie schlicht.
    Es klopfte an die Tür und Gaul steckte den Kopf herein. Zuerst hatte der Aielmann die Augen gesenkt, aber nach einem schnellen Blick in ihre Richtung hob er den Kopf. Elayne wurde knallrot, als ihr klar wurde, was er wohl vermutet hatte: daß er sie nämlich in einer verfänglichen Situation überrascht habe. Beinahe hätte sie noch einmal Saidar ergriffen und ihm eine Lektion erteilt.
    »Die Tairener sind da«, sagte Gaul. »Die Hochlords, die Ihr erwartet hattet.« »Dann gehe ich jetzt«, sagte sie zu Rand. »Du mußt mit ihnen über - was war es gleich? - Steuern sprechen, ja? Denke an das, was ich dir gesagt habe.« Sie sagte nicht: ›Denk an mich‹, aber sie war sicher, daß die Wirkung die gleiche sein würde.
    Er streckte die Arme aus, als wolle er sie aufhalten, doch sie entschlüpfte ihm. Sie hatte nicht vor, Gaul ein Schauspiel zu liefern. Der Mann war ein Aiel, aber was mußte er von ihr denken, wenn sie um diese Zeit am Morgen nach Parfum duftete und Saphirschmuck trug? Es kostete sie wirklich Mühe, ihr Kleid nicht doch hochzuziehen, um mehr zu verbergen.
    Die Hochlords traten ein, als sie die Tür erreichte - eine buntgemischte Gruppe ergrauter Männer mit Spitzbärten in farbenfrohen, kunstvoll bestickten Mänteln mit Puffärmeln. Unter zögernden Verbeugungen wichen sie ihr aus, und ihr höfliches Gemurmel konnte kaum die Erleichterung darüber verbergen, daß sie im Gehen begriffen war.
    Sie sah sich von der Tür aus noch einmal um. Ein hochgewachsener, breitschultriger junger Mann in einer einfachen grünen Jacke inmitten der Hochlords mit all ihrer Seide und den Satinstreifen: So wirkte Rand wie ein Storch unter Pfauen, und doch war da etwas an ihm, eine Ausstrahlung, die bewies, daß er zu Recht hier der war, der die Befehle erteilte. Die Tairener

Weitere Kostenlose Bücher