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Der Schatten erhebt sich

Der Schatten erhebt sich

Titel: Der Schatten erhebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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mir das bedeutet! Dir nichts vormachen zu müssen. Keine Angst haben zu müssen, dir weh zu tun. Das wollte ich doch nie, Egwene. Ich wollte dir einfach nicht weh tun.« Sie hätte beinahe gelächelt. Er überspielte es so tapfer, daß er beinahe überzeugend gewirkt hätte. »Ich bin froh, daß du es so ruhig hinnimmst«, sagte sie ihm mit weicher Stimme. »Ich wollte dir auch nicht weh tun. Und nun muß ich wirklich gehen.« Sie erhob sich von ihrem Stuhl und gab ihm einen flüchtigen Kuß auf die Wange. »Du findest bestimmt eine andere.« »Sicher«, sagte er und stand ebenfalls auf. Die Lüge schwang deutlich in seiner Stimme mit.
    »Warts nur ab!« Sie schlüpfte zufrieden hinaus und eilte durch den Vorraum. Sie ließ Saidar los, während sie den Schal von den Schultern rutschen ließ. Das Ding war unwahrscheinlich heiß.
    Er war bereit, Elayne wie ein verirrter Welpe in den Schoß zu fallen, wenn sie ihn so behandelte, wie sie es besprochen hatten. Sie glaubte, daß Elayne gut mit ihm umgehen werde, jetzt wie später. Jedenfalls solange, wie ihnen noch Zeit blieb. Es mußte aber etwas geschehen, damit er seine Gaben besser unter Kontrolle bekam. Sie war gewillt, zuzugeben, daß es stimmte, was man ihr beigebracht hatte: Keine Frau konnte ihn lehren, damit umzugehen - Fische und Vögel... Aber das bedeutete noch lange kein Aufgeben. Es mußte etwas geschehen, also mußte sie einen Weg finden. Diese schreckliche Wunde und der drohende Wahnsinn waren Probleme für später, aber eines Tages mußten auch sie gelöst werden. Irgendwie. Jeder sagte, die Männer von den Zwei Flüssen seien stur, aber da kannten sie die Frauen von den Zwei Flüssen schlecht.

KAPITEL
8

    Sturköpfe
    E layne war nicht sicher, ob Rand überhaupt bemerkt hatte, daß sie sich noch im Raum befand, so wie er Egwene mit einem leicht verwirrten Gesichtsausdruck nachblickte. Gelegentlich schüttelte er den Kopf, als werde er sich mit sich selbst nicht einig oder wolle einen klaren Kopf bekommen. Sie wollte gern warten, bis er mit sich selbst im reinen war. Alles war ihr recht, was den Augenblick der Wahrheit noch etwas hinauszögerte. Sie konzentrierte sich darauf, äußerlich gefaßt zu wirken und Haltung zu bewahren - Rücken gerade und hoch erhobener Kopf, die Hände im Schoß gefaltet... Die Gelassenheit ihrer Miene hätte der Moiraines Konkurrenz machen können. In ihrem Magen flatterten Schmetterlinge in Faustgröße herum.
    Sie hatte keine Angst davor, daß er wieder die Macht benützen werde. Sie hatte Saidar fahren lassen, sobald Egwene aufgestanden war, um zu gehen. Sie wollte ihm einfach vertrauen und sie mußte ja wohl auch. Ihre innere Erregung rührte von dem her, was sie sich von ihm wünschte. Sie mußte sich beherrschen, um nicht ständig an ihrer Halskette oder den Saphiren in ihrem Haar herumzufummeln. War ihr Parfum zu auffallend? Nein. Egwene hatte gesagt, daß er Rosenduft mochte. Das Kleid? Sie hätte es am liebsten höhergezogen, doch...
    Er drehte sich um und hinkte wieder ein klein wenig, was sie dazu brachte, nachdenklich die Lippen zu schürzen.
    Dann sah er sie auf dem Stuhl sitzen und fuhr zusammen. Er riß die Augen auf, als stünde er kurz vor einer Panik. Sie aber war sehr erleichtert darüber, denn als sein Blick sie berührt hatte, mußte sie sich selbst gewaltig zusammennehmen, um ruhig und würdevoll zu erscheinen. Seine Augen waren nun blau wie ein verhangener Morgenhimmel.
    Er fing sich nach einem Augenblick wieder und verbeugte sich höchst überflüssigerweise. Dabei wischte er sich nervös die Hände an der Jacke ab. »Ich hatte nicht bemerkt, daß du noch... « Er errötete und hörte mit Sprechen auf. Ihm war klar geworden, daß sie es als Beleidigung auffassen könnte, wenn er ihre Anwesenheit übersehen hatte. »Ich meine... ich habe nicht... das heißt, ich... « Er atmete tief durch und begann von neuem: »Ich bin kein solch schlimmer Narr, wie es jetzt aussieht, Lady Elayne. Aber es passiert ja auch nicht jeden Tag, daß einem eine Frau erklärt, sie liebe mich nicht, Lady Elayne.« Sie machte eine übertrieben ernste Miene. »Wenn Ihr mich jemals wieder so anredet, dann werde ich Euch künftig als Lord Drache bezeichnen. Und knicksen. Selbst die Königin von Andor würde einen Knicks vor Euch machen, und ich bin nur die Tochter-Erbin.« »Licht! Bloß das nicht!« Er schien die Drohung übermäßig ernst zu nehmen.
    »Das mache ich doch auch nicht im Ernst, Rand«, sagte sie in ruhigerem Ton.

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