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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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dem Seemannskragen. Ihre Stiefmutter war darauf bedacht gewesen, sie schick anzuziehen, sie mit modischen Kleidungsstücken auszustatten, doch die standen ihr nicht, saßen nicht gut, bekamen Flecken. Sie hatten sie deswegen gehänselt, Fleckenliese, Fleckenliese. Als wären sie selbst so viel sauberer gewesen.
    Bis auf das Rascheln des Windes im Laub, das unaufhörlich umhergewirbelt wurde, bis es schließlich um die Hausecke segelte und verschwand, war es absolut still. Jill war ein paar Schritte den Kiesweg entlanggegangen, ihre Lippen fühlten sich plötzlich so trocken an, und es brannte im Hals, als bekäme sie eine Erkältung. Ich kehre um, dachte sie. Was habe ich hier zu suchen, nach all diesen Jahren? Sie ist sicher sowieso nicht zu Hause, zumindest scheint alles völlig verlassen.
    Aber, war da nicht eine Bewegung im Fenster? Etwas Schwarzes, das vorbeiflatterte? Sie näherte sich abwartend. Nein, nun bewegte sich nichts mehr. Straffe, glatt hängende Gardinen, keine Topfpflanzen, kein Grün. Stand etwa jemand da drinnen und beobachtete sie? Jemand, der sich im Dunkel des Zimmers versteckt hielt und jede ihrer noch so kleinen Bewegungen verfolgte.
    »Jetzt reicht’s aber!«, murmelte sie und ging hastig auf die Tür zu. Streckte den Zeigefinger aus und betätigte die Klingel. Sie hörte, wie das Signal im Haus erklang, erinnerte sich an die Treppe, die zum Obergeschoss und dem großen, sonnendurchfluteten Zimmer führte, in dem ihre Mutter gestorben war. Ihre Handflächen wurden feucht. Keine Schritte, keine Stimmen. Vollkommene Stille. Sie klingelte noch einmal, nun mit einem Gefühl der Erleichterung. Nein. Justine war nicht daheim. Sie konnte endlich diesen Ort verlassen und wieder nach Hause fahren.
    Als sie sich zum Gehen umdrehte, stand eine Gestalt auf der Treppe. Eine Frau. Jill hatte sie nicht kommen hören und zuckte zusammen. Auch die Frau wirkte verängstigt. Sie presste die Hände an die Brust, die Augen weit aufgerissen.
    »Entschuldigung«, murmelte Jill. »Ich habe nur jemanden gesucht. Eine Person, von der ich annahm, dass sie hier wohnen würde.«
    Die Frau war unnatürlich blass. Sie trug Gummistiefel, Jeans und eine schwarze, ausgefranste Manchesterjacke. Darüber hing eine halb ausgezogene Schwimmweste. Ihr Haar war unter einer grob gestrickten Mütze verborgen. Sie starrte Jill an, ließ sie nicht aus den Augen.
    »Tut mir leid, ich werde sofort wieder gehen … ich wollte nicht stören.«
    Die Frau in der Schwimmweste schüttelte sich. Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, die sich rasch wieder verflüchtigte. Sie nahm die Mütze ab und fuhr sich mit den Fingern durch das gelockte, ungewaschene Haar.
    »Ich erkenn dich wieder«, sagte sie eintönig. »Du bist Jill.«
    »J … ja. Bist du … Justine?«
    »Ja.«
    »Dass du dich an meinen Namen erinnerst! Äh, ich wollte eigentlich zu dir. Ich habe nur nicht gesehen, dass du es bist, entschuldige, es ist so lange her, ich habe dich nicht wiedererkannt.«
    Justine schwieg. Es schien, als hätte sie gar nicht zugehört.
    »Du bist also draußen auf dem See gewesen?«, fragte Jill.
    »ja«, lautete die knappe Antwort.
    »Es ist ganz schön windig, oder?«
    »Stimmt.«
    »Ich dachte, dass keiner zu Hause sei.«
    »Nein.«
    »Du findest es bestimmt seltsam, dass ich einfach so hier auftauche. Aber ich dachte …«
    »Was dachtest du?«
    »Du ahnst vielleicht, warum?«
    »Nein.«
    »Es ist zwar schon eine Weile her, genauer gesagt, ein paar Jahre. Aber ich bin es ihm schuldig, Tor. Du weißt schon, Tor Assarsson war mit Berit verheiratet. Ist verheiratet, meine ich … ihr Mann. Du erinnerst dich an Berit? Blomgren hieß sie damals. Unsere Klassenkameradin, die spurlos verschwunden ist. Er ist auch einmal hier gewesen, direkt nachdem sie verschwand, ihm geht es nicht gut, Justine, er hat sich regelrecht in einen Zombie verwandelt, sein gesamtes Leben ist aus den Fugen geraten, er arbeitet nicht, hat den Kontakt zu seinen Söhnen verloren, alles um ihn herum ist dabei zusammenzubrechen, verstehst du? Alles.«
    Justine zog ein Taschentuch hervor und schnäuzte sich.
    »Aha«, entgegnete sie schonungslos. »Und was meinst du, könnte ich dagegen tun?«
    »Ich weiß nicht. Nichts, vermutlich. Aber du warst offensichtlich diejenige, die sie zuletzt gesehen hat. So wird es jedenfalls behauptet. Ich würde gerne von dir hören, wie es war. Nur kurz. Wenn du willst, natürlich. Wenn du Zeit hast.«
    »Sie war hier, das habe ich bereits

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