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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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Das hätte er.«
    »Und was ist es, das du mir zeigen wolltest?«, fragte sie. »Hat es mit dem Reisebüro zu tun?«
    Er lächelte sie an.
    »Das wirst du gleich sehen.«
    Im Auto wurde es langsam warm. Und dennoch fror sie. Ihre Hosen waren ebenfalls feucht. Er sprach sie darauf an.
    »Bist du Angeln gewesen?«
    »Ich rudere manchmal mit dem Boot hinaus.«
    »Nathan hat gerne geangelt, wusstest du das?«
    »Kann sein.«
    »Erinnerst du dich nicht? Hat er dir nichts davon erzählt?«
    »Ich weiß nicht.«
    Er dachte an den anderen Mann. Der jetzt bei ihr wohnte. Dieser Mann hatte alle Erinnerungen getilgt. Ein Anflug von Zorn, halt ihn zurück, halt ihn zurück! Sie jetzt nur nicht verängstigen, nichts kaputtmachen.
    »Wir sind einige Male rausgefahren«, erklärte er und schluckte. »So wie Väter es mit ihren Söhnen eben tun. Einmal sind wir auf die kleine Insel Lambar gefahren.«
    Das stimmte nicht. Nathan hatte ihn überhaupt nicht mit zum Angeln genommen. Er hatte nicht einmal ein Boot besessen. Mit einem kurzen Ruck schaltete er in den dritten Gang zurück und überholte einen klapprigen Toyota, an dessen Steuer offensichtlich ein Sonntagsfahrer saß. Der Chevymotor heulte auf. Dass er jetzt nur nicht den Geist aufgab.
    »Und habt ihr was gefangen?«, fragte sie.
    »Ja, klar. Haben wir. Einen Hecht und mehrere Barsche.«
    »Da warst du bestimmt stolz, oder?«
    »Ja.«
    »Hast du selbst Kinder?«
    »Ich? Nein, verdammt.«
    »Du bist ja auch noch jung. Wie alt bist du?«
    »Bald 23.«
    »Das ist ziemlich jung.«
    »Geht so.«
    »Kannst du mir nicht verraten, wohin wir fahren?«, fragte sie.
    »Es ist nicht mehr weit. Wir sind gleich da. Nur noch ein kurzes Stück.«
    »Und wie … wie komme ich dann wieder nach Hause? Du fährst mich doch zurück, oder?«
    »Das kriegen wir schon hin. Kein Problem.«
     
    Als er in den Hemslöjdsväg einbog, hatte er plötzlich die Befürchtung, sie könnten Nettan begegnen. Wenn sie nun ausgerechnet heute ihren Laden eher verließ, es ganz eilig hatte, ihn endlich rauszuwerfen? Als er eine Frau erblickte, die ihnen entgegenkam und die ihr ähnelte, hielt er das Steuer etwas fester. Doch es war nicht Nettan, das sah er jetzt. Er spürte Justines Blick auf sich gerichtet und schaute stur geradeaus. Direkt vor dem Kiosk soff ihm der Motor ab. Es störte ihn ein wenig, in der Tat. Nahm ihm etwas von dem erhabenen Gefühl. Doch er ließ den Motor schnell wieder an und fuhr in den Lillsjöväg. Parkte direkt am Straßenrand. Die Sonne war inzwischen verschwunden, und es regnete in heftigen Schauern.
    »Bitte sehr, du kannst aussteigen«, forderte er sie auf. »Wir sind da.«

SOBALD SIE IN DAS kleine Häuschen gekommen waren, veränderte er sich. Es begann schon an der Tür, er stieß sie mehr oder weniger über die Türschwelle. Sie nahm an, dass es aus Versehen geschah. Doch dann erblickte sie das Gewehr. Das Blut wich aus ihrem Gesicht.
    »Was hast du vor?«
    Seine Zähne waren mit einem Mal scharfkantig, das waren nicht Nathans Zähne, ganz und gar nicht.
    »Ein Experiment.«
    Sie standen da und starrten einander an. Ihr Herz klopfte wild, das sah man ihr an. Den ganzen Morgen lang war sie wie in Trance durchs Haus gelaufen. Aber jetzt war sie hellwach und von Angst erfüllt.
    »Was willst du von mir?«, fragte sie.
    Er schwenkte den Gewehrkolben hin und her.
    »Das wirst du gleich sehen.«
    Der Raum war klein. Mitten im Zimmer stand ein solider, schwerer Tisch aus Kiefernholz. Er passte nicht zum übrigen Mobiliar und bewirkte, dass der Raum noch kleiner erschien.
    Das Haus lag in einer Kleingartensiedlung. Justine war schon öfter hier vorbeigefahren, man konnte die Häuschen vom Drottningholmsväg aus erahnen. Kleine pittoreske Häuschen mit winzigen Gärtchen.
    Sie zwang sich, ruhig zu klingen.
    »Und was sollte ich zu sehen bekommen?«
    »Immer langsam.«
    »Hat es mit Nathan zu tun?«
    Er legte den Gewehrkolben an die Schulter und zielte auf sie.
    »Ja.«
    »Hör auf damit!« Sie spürte, wie ihre Stimme an Kraft verlor, das war nicht gut.
    Er lachte laut auf und richtete die Waffe auf den Boden. Vielleicht hatte er nur Spaß gemacht.
    »Du frierst ja«, stellte er fest.
    »Ja, in der Tat.«
    »Deine Kleidung ist ganz feucht. Du kannst dich erkälten.«
    »Ja.«
    »Zieh sie aus!«
    »Micke, ich muss jetzt fahren. Ich muss nach Hause.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Doch, doch, ich muss nach Hause!«
    »Werd jetzt nicht hysterisch!«
    In dem Moment erkannte sie Nathan in

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