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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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Riemen in der Hand in der Hocke. Schließlich konnte sie weder ihre Arme noch ihre Beine rühren. Sie warf den Kopf hin und her und zitterte. Die Judojacke glitt auseinander.
    Ein plötzliches Knallen! War jemand an der Tür? Sie horchten beide intensiv. Sie sah, wie seine Augen sich zu kleinen, schiefen Schlitzen zusammenzogen. Sie öffnete den Mund, um zu rufen, doch er hielt ihn mit seiner Hand zu. Der Geschmack von Salz und Blut auf ihrer Zunge. Er blieb eine Weile so stehen. Sie horchte.
    Nein, keiner, keiner war da, nur der tosende Wind.
     
    Er stand über ihr. Sie betrachtete sein kindliches Kinn. Nathans Sohn.
    »Du hast ihn verlassen«, wiederholte er anklagend.
    Sie bewegte den Kopf, sodass ihre Haare auf der Tischplatte ein leichtes Rascheln erzeugten. Ihre Lippen fühlten sich wie betäubt an.
    »Das ist nicht wahr«, stammelte sie. »Ich hätte nichts anderes tun können.«
    »Lüg nicht.«
    »Ich lüge nicht.«
    »Du hast ihn im Dschungel zurückgelassen. Also hast du ihn verlassen.«
    »Aber wir haben gesucht, Micke, wir haben gesucht, das hab ich doch gesagt. Mehrere Tage lang haben wir gesucht.«
    »Nicht lange genug.«
    »Wir konnten nicht länger bleiben, denn dann … Dann war unser Proviant aufgebraucht. Außerdem war es so heiß. Und es gab so viele Mücken.«
    »Die Mücken haben euch also gestochen.«
    »Ja.«
    »Wie schlimm für euch.«
    »Es war so schwül und heiß … Man bekam regelrecht Halluzinationen.«
    »Und er? Er bekam keine Halluzinationen? Er hatte natürlich Essen und Getränke und Mückenmittel bei sich. Ihm ging es wunderbar!«
    »Wir haben gesucht, das kann ich dir versichern. Wir waren ja eine ganze Gruppe. Ben, er war derjenige, der die Leitung übernahm. Er war es, der irgendwann entschied, dass wir aufhören sollten zu suchen.«
    »Schieb die Schuld bloß nicht auf die anderen.«
    »Das tue ich nicht.«
    »Du behauptest doch gerade, dass es Bens Schuld war.«
    »Niemand hatte Schuld, in dem Zusammenhang kann man überhaupt nicht von Schuld sprechen!«
    »Und dennoch schiebst du alles auf Ben.«
    »Ich hatte keine Wahl. Ich war ja diejenige, die von allen am meisten darauf drängte zu bleiben. Ich war krank vor Verzweiflung und Angst.«
    Er schlug mit der Faust geradewegs auf den Tisch, direkt neben ihrem Ohr. Sie schrie auf.
    »Tu das nicht, du erschreckst mich!«
    »Krank vor Angst«, äffte er sie nach. »Und trotzdem bist du abgehauen.«
    »Ich konnte ja nicht ganz allein dort bleiben, das musst du doch verstehen. Ich kannte mich nicht aus im Dschungel, ich wäre untergegangen.«
    »Du wärst ja nicht allein gewesen.«
    »Doch.«
    »Er wäre bei dir gewesen. Vielleicht lag er irgendwo und war verletzt.«
    »Ja. Genau das nahmen wir auch an. Dann kannst du dir ja denken, wie wir gesucht haben!«
    »Still jetzt!«, befahl er. »Halt die Klappe.«
    Sie starrte nach oben an die Decke. Es begann dunkel zu werden. Die Dämmerung brach jetzt jeden Tag etwas früher herein, der Winter nahte.
    »Micke?«, flüsterte sie. »Lieber guter Micke, was hättest du denn an meiner Stelle getan? Wenn du mit ihm zusammen da draußen im Dschungel gewesen wärst, und er plötzlich einfach verschwunden wäre?«
    »Ich hätte gesucht.«
    »Aber genau das haben wir ja getan!«
    »Ich wäre dort geblieben, bis ich ihn gefunden hätte.«
    »Und wenn du ihn nicht gefunden hättest?«
    »Dann wäre ich in diesem Land geblieben und hätte den Rest meines Lebens um ihn getrauert.«
     
    Ihr Mund war trocken, sie hatte Durst. Sie bat um Wasser, er erklärte ihr jedoch, dass es keines gab.
    »Das Wasser ist zu dieser Jahreszeit abgestellt.«
    »Nein«, jammerte sie.
    »Es ist kein Mensch hier. Nur wir zwei. Die ganze Siedlung ist verrammelt. Sie öffnen erst wieder im späten Frühjahr. Wir haben also genügend Zeit, um uns ungestört zu unterhalten.«
    »Aber wir haben uns doch unterhalten.«
    »Noch nicht genügend.«
    »Und über was wollen wir noch reden?«
    Er saß in dem alten Sessel. Hatte ein paar Kerzen angezündet. Die Schatten flackerten an der Decke.
    »Zum Beispiel über die Fotos, die er besaß.«
    »Welche Fotos?«
    »Fotos aus der Zeit, als er klein war.«
    »Die habe ich nie gesehen.«
    Er sprang auf und thronte plötzlich über ihr. Hob die Hand zum Schlag.
    »Lüg nicht, du hast sie!«
    Sie wandte ihr Gesicht ab. Die Tränen rannen in ihr Haar.
    »Ich hatte nur ein einziges Foto. Da saß er auf einem Motorrad. Ich schwöre, es war das einzige Foto, das ich besaß.«
    Er sank

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