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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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Gruppe gefühlt. Meistens handelte es sich um Leute, die Berit kannte. Leute aus der Buchbranche. Jugendfreunde. Jill zum Beispiel und ihr damaliger Freund. Wie hieß er noch gleich? Pelle? Ein rücksichtsloser, draufgängerischer Bodybuildertyp. Die beiden hatten überhaupt nicht zueinander gepasst. Berit und er hatten darüber gesprochen, waren sich einig gewesen. Ihm fiel plötzlich auf, dass er nicht besonders viel über Jill wusste, obwohl er sie schon so lange kannte. Vermutlich wusste sie bedeutend mehr über ihn.
    Sie war inzwischen aufgestanden und an die Fensterfront getreten. Es sah aus, als ob sie horchte. Sie hatte sich für die Reise geschminkt, sozusagen wieder ihr offizielles Gesicht aufgesetzt. Denn nun war es vorbei. Jetzt mussten sie nach Hause zurück. Sie, um zu arbeiten, ihre Schicht würde morgen früh um sechs Uhr beginnen. Und er, um was zu tun? Natürlich, um weiter zu warten. Suchen und warten. Und ab und an seine Söhne zu sehen. War das etwa alles, was von seinem sorgfältig aufgebauten Leben übriggeblieben war?
    Jörgen hatte er seit dem Tag, an dem der Junge ihm deutlich die Meinung gesagt hatte, nicht mehr gesehen. Er war selbst erschrocken, als Tor in die Knie gegangen war und sich ans Herz gefasst hatte. Hatte sofort einen Krankenwagen gerufen und war mit ihm ins Krankenhaus gefahren. Dort angekommen, wurde Tor in ein Behandlungszimmer geschleust und mit Schläuchen und Messgeräten versehen. Er durfte nicht einmal aufstehen, um zu pinkeln. Jörgen saß auf einem Hocker neben der Trage, einem runden, perforierten Stahlhocker. Es sah unbequem aus, und der Anblick schmerzte ihn, du kannst jetzt nach Hause gehen, Jörgen, das Schlimmste ist überstanden.
    Nein, der Junge blieb stur sitzen. Nach ein paar Stunden wurde Tor entlassen. Sein Herz machte einen gesunden und unversehrten Eindruck. Was konnte es sonst gewesen sein?
    »Vielleicht etwas mit dem Magen. Oftmals treten ähnliche Symptome wie bei Herzbeschwerden auf. Aber unabhängig davon ist es immer besser, einmal zu viel Hilfe anzufordern, als … na ja, Sie verstehen.«
    Er nahm ein Taxi nach Hause. Jörgen fuhr hinaus nach Solna. Er wohnte dort mit einem Mädchen zusammen. War es damals dieselbe wie heute? Helle. Hieß sie so, diese flachbrüstige kleine Dänin?
    Als Berit noch bei ihm war, kamen die Jungs spontan mit ihren Freundinnen vorbei. Aber so war es nicht mehr. Der jüngere Sohn, Jens, war sauer und enttäuscht gewesen, als Tor sich gezwungen sah, Vätö zu verkaufen. Er war oft mit seiner Freundin hingefahren, doch hatte er sich nur selten um Reparaturen und die Instandhaltung des Hauses gekümmert. Nach ihren Aufenthalten dort hatten sie es immer gerade mal geschafft, den Abwasch zu erledigen.
    Er wusste, dass selbst Berit zutiefst enttäuscht sein würde. Wenn sie denn je zurückkäme. Hatte er das Haus verkauft, um sie zu bestrafen? Handelte es sich um einen unbewussten Racheakt? Ein Psychologe würde es sicher so oder ähnlich auslegen. Berit hatte Vätö geliebt. Er konnte sie vor sich sehen, in einem Liegestuhl auf der Veranda ausgestreckt und in ein Buch vertieft. Sie hatte immer so viel für die Arbeit zu lesen.
    Dort draußen lagen eine ganze Menge Bücher, die sie bearbeitet hatte. Das große Buch der essbaren Pilze zum Beispiel. Und mehrere Romane von Sonja Karlberg. Ihm waren eigentlich die Titel zuerst aufgefallen, und er hatte sich darüber gewundert, dass man heutzutage noch solche Bücher herausgeben konnte. Salon des Schicksals hieß eins. Ein anderes hieß Bevor die Sonne untergeht. Die Bilder auf den Umschlägen waren im Stil der 50er Jahre gehalten. Eine Art Herrenhaus-Romane. Er erinnerte sich plötzlich daran, wie Berit sich über die Autorin, eine ungeduldige Dame, beklagt hatte. Wie diese hinauf in die Redaktion gekommen war, einen Korrekturfehler in ihrem neuen Buch gefunden und daraufhin prompt einen Wutanfall bekommen hatte. Sie hatte das Buch geradewegs auf eine Tastatur geknallt, sodass beide, Buch und Tastatur, kaputtgingen.
    Tor hatte nahezu alle persönlichen Dinge an sich genommen, bevor er Vätö verkaufte, jedoch Möbel und Ähnliches mitverkauft. Selbst Berits Bücher.
     
    Ein kräftiges Donnern ließ die großen Fenster erzittern, und ein auf dem Tisch stehender Plastikbecher begann, gefährlich nahe an die Kante zu rutschen. Die Maschine befand sich im Landeanflug. Er stellte sich neben Jill. Sie roch fremd, nach Seife oder Parfüm. Zusammen beobachteten sie, wie das kleine

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