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Der Schatten im Wasser

Der Schatten im Wasser

Titel: Der Schatten im Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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Zimmerverzeichnis zur Hand und begann zu blättern, obwohl er genau wusste, dass das Hotel voll belegt war. Der Mann trat näher und lehnte sich über den Tresen. Auf seinen sonnengebräunten Fingern wuchsen Haare, die eine Art blonden Flaum bildeten. Auf dem Ringfinger der linken Hand steckte ein Goldring.
    Hans Peter räusperte sich.
    »Ich bedaure, aber es sieht ziemlich schlecht aus«, sagte er und versuchte, eine teilnahmsvolle Miene aufzusetzen.
    Der Mann schnaubte.
    »Was sagen Sie da? Sie bedauern es? Sie sollten sich eher darüber freuen. Dass die Geschäfte glänzend laufen.«
    Hans Peter spürte, wie er rot wurde.
    »Es handelt sich ja auch mehr um eine Floskel«, murmelte er.
    »Ach, das war nur ein Scherz«, fuhr der Mann fort. »Vergessen Sie das mit dem Zimmer. Ich wollte einfach nur für einen Moment hereinkommen. Mich umsehen und ein bisschen reden.«
    »Ach ja?«
    »Fakt ist, dass ich Sie kenne. Na, ja, nicht direkt kenne. Aber ich weiß, wer Sie sind. Und es sind unter anderem Sie, mit dem ich sprechen wollte.«
    Hans Peter schlug das Verzeichnis zu und legte es zur Seite. Vor lauter Unbehagen brannte es ihm in den Achselhöhlen.
    »Das müssen Sie mir etwas genauer erklären.«
    »Verdammt, schauen Sie nicht so ängstlich drein. Man könnte meinen, Sie hätten ein Gespenst gesehen.«
    »Verzeihung … aber sind wir uns schon einmal begegnet? Haben Sie vielleicht einmal hier gewohnt? In dem Fall kann ich mich nicht erinnern und bitte um Entschuldigung. Wir haben so viele Gäste, da kann ich mir unmöglich alle Gesichter merken.«
    Der Mann streckte sich, und in seinem bulligen Körper knackte es. Er blies die Wangen auf, sodass sich seine Oberlippe vorwölbte.
    »Hans Peter Bergman«, sagte er. »Das sind Sie doch?«
    »Ja …«
    »Wohnhaft in Hässelby villastad. Zusammen mit Justine Dalvik, seit fünf Jahren. Nicht verheiratet, nur zusammenlebend, wohlgemerkt.«
    »Ja …«
    »Will sie Sie nicht heiraten? Möchte sie vielleicht ihr enormes Vermögen für sich allein behalten? Oder gibt es einen anderen Grund? Sind es vielleicht sogar Sie, die nicht wollen?«
    In seinen Ohren begann es zu rauschen. Das Rauschen weitete sich auf seinen Nacken aus und machte ihn unfähig zu denken.
    »Nur ruhig«, fuhr der Mann fort. »Es ist nicht so kompliziert, wie es scheint. Wir haben Ihre Freundin beobachtet, früher jedenfalls. Wir hatten nämlich den Eindruck, dass sie etwas auf dem Kerbholz hatte. Aber wir konnten nie etwas aus ihr herauskriegen.«
    »Wer sind Sie?«, brachte er hervor, während eine rasende Wut in ihm entbrannte. »Wer sind Sie eigentlich, dass Sie hier hereinstiefeln und eine Menge wirres Zeug von sich geben?«
    Die Miene des Mannes veränderte sich. Sein Gesicht formte sich zu einem Lächeln, die Hand erneut vorgestreckt.
    »Ich heiße Tommy Jaglander. Ich bin mit Ihrer Kollegin, Ariadne, verheiratet. Wie sie bestimmt erzählt hat, arbeite ich bei der Polizei.«
    »Aha«, entgegnete er lahm.
    »Meine Frau hat ihren Schlüsselbund vergessen, und ich wollte nur nachfragen, da ich ohnehin schon in der Gegend war. Ob er eventuell hier ist, meine ich. Haben Sie also einen unbekannten, fremden Schlüsselbund gesehen? Zufällig?«
    »Nein, ich glaube nicht.«
    »Sie ist manchmal etwas nachlässig, meine Frau. An einem Tag ist das Portemonnaie verschwunden, am nächsten sind es die Schlüssel. Ist Ihre Frau genauso? Ich meine, ob das eine typisch weibliche Eigenschaft ist? Immer geben sie mit ihrer Simultankapazität an, aber ich weiß nicht so recht. Ich weiß nicht.« Er lachte laut und schallend. Hans Peter versuchte mitzulachen, aber es gelang ihm nicht. Stattdessen gewann seine gute Erziehung die Oberhand, die Höflichkeit, die seine Eltern ihm beigebracht hatten, insbesondere seine Mutter.
    »Kann ich Ihnen vielleicht etwas anbieten? Einen Becher Kaffee und ein belegtes Brot? Oder sind Sie auf dem Sprung?«
    Zu seinem Erstaunen nahm der groß gewachsene Mann die Einladung an. Hans Peter goss Wasser in den Filter und maß einige Löffel Kaffee ab. Während der Kaffee durchlief, belegte er zwei dicke Brotscheiben mit Leberpastete und schnitt saure Gurken auf. Er deckte im Frühstücksraum. Das Fenster war gekippt, und von der Straße hörte man das Gegröle und Lärmen betrunkener Jugendlicher.
    »Setzen Sie sich doch bitte«, forderte er seinen Gast auf. »Ich habe mich vorhin ein wenig überrumpelt gefühlt, weil Sie sofort wussten, wer ich bin. Und ich selbst wusste nicht, ob ich Sie nun

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