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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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würden, mich zurückzuziehen und ein wenig auszuruhen.«
    »Hm«, meinte der Beamte nur.
    »Glauben Sie mir etwa nicht?«
    »Natürlich glaube ich Ihnen«, schnarrte Fox. »Ich frage mich allerdings, weshalb niemand sonst gesehen hat, was Sie gesehen haben wollen. Warum hat keiner Ihrer Nachbarn etwas bemerkt? Warum wurden die Entführer von niemandem außer Ihnen gesehen?«
    »Ich sagte es Ihnen schon, die Männer waren schwarz vermummt und in der Dunkelheit kaum zu erkennen. Abgesehen davon, gehört Mayfair nicht zu jenen Gegenden der Stadt, deren Bewohner sich nach Mitternacht noch auf der Straße herumtreiben, das sollten Sie wissen.«
    Fox ließ erneut ein gravitätisches »Hm« vernehmen, das nicht erkennen ließ, ob er Sarah tatsächlich Glauben schenkte oder nicht. »Und die letzten Worte Ihres Onkels waren…?«
    »Auch das habe ich Ihnen schon berichtet. Kurz bevor mein Onkel bewusstlos geschlagen und verschleppt wurde, sagte er, dass ich der Spur nach Ägypten folgen sollte.«
    »Was Sie nicht sagen.« Fox machte ein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
    »Hören Sie, Inspector«, schnaubte Sarah, »ich weiß sehr gut, wie sich das anhören muss – als ob ich mit allen Mitteln versuchen würde, meine Theorie über die Verbindung zwischen den Whitechapel-Morden und der Thot-Sekte zu beweisen.«
    »Sie durchzusetzen wäre wohl der passendere Ausdruck«, verbesserte Fox. »Denn bei Licht betrachtet, gibt es noch immer nicht einen einzigen objektiven Beweis, der Ihre Aussage stützen würde.«
    »Was ist mit der Nachricht der Entführer?«
    »Nachricht? So würde ich einen Fetzen Papier mit einem ominösen Zeichen darauf wohl kaum bezeichnen.«
    »Es ist kein Papier, sondern ägyptischer Papyrus«, konterte Sarah. »Und das Zeichen ist exakt dasselbe, das auch an den Tatorten vorgefunden wurde – das Ibis-Zeichen der Gottheit Thot.«
    »Damit ist aber nichts bewiesen. Viele Bewohner Whitechapels kennen dieses Zeichen inzwischen und könnten es nachgeahmt haben.«
    »Ich habe Ihnen die Entführer genau beschrieben, Inspector – sie sahen nicht aus, als kämen sie aus dem East End. Und wie sollten Leute aus Whitechapel an echten Papyrus kommen? Können oder wollen Sie nicht sehen, dass das Hinterlassen dieses Zeichens rituelle Bedeutung hat? Die Ziele der Täter sind…«
    »Überlassen Sie die Ermittlungen uns, Lady Kincaid«, fiel Fox ihr barsch ins Wort. »Sie werden von Scotland Yard lediglich als Beraterin geduldet, und dabei wollen wir es auch belassen. Die Untersuchungen leite ich, und mir allein steht die Beurteilung darüber zu, welche Hinweise der Lösung des Falles zuträglich sind und welche nicht.«
    »Natürlich«, erwiderte Sarah, sich mühsam zur Ruhe zwingend. »Und was gedenken Sie jetzt zu unternehmen?«
    »Sehr einfach«, antwortete Fox, während das Blitzlicht der Polizeiphotographen flackerte und sich der beißende Geruch verbreitete, den die Entzündung von Magnesium und Kaliumpermanganat hinterließ. »Wir werden so vorgehen, wie die bewährten Standardprozeduren von Scotland Yard es vorsehen – das heißt, wir werden Beweise sichern, die einschlägigen Viertel der Stadt nach Hinweisen durchsuchen und die üblichen Verdächtigen befragen.«
    »Sie werden nichts finden«, orakelte Sarah.
    »Wir werden sehen. Dies ist jedenfalls unsere bewährte Linie, von der wir sicher nicht abrücken werden, nur weil Sie anderer Ansicht sind. Und wenn Ihnen daran liegt, Ihren Onkel lebend und wohlbehalten wieder zu sehen, so sollten Sie unsere Arbeit nicht sabotieren. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt, Lady Kincaid?«
    Die Augen des Inspectors hatten sich geweitet, und er starrte Sarah durchdringend an. Sarah hielt dem bohrenden Blick stand, während sie sich innerlich mit aller Macht zur Ruhe mahnen musste, um den arroganten Ermittler nicht mit wüsten Beschimpfungen zu überschütten, wie sie an den englischen Schulen für höhere Töchter nicht gelehrt wurden, wohl aber in den Hafenspelunken von Hongkong und Singapur…
    »Völlig«, erwiderte sie schließlich nur, erhob sich und verließ das Arbeitszimmer ihres Onkels.
    Es war alles gesagt.

 
    10
     
     
     
    P ERSÖNLICHES T AGEBUCH
    N ACHTRAG
     
    Wie sich die Ereignisse gleichen!
    Obwohl ich mir geschworen hatte, dass ich niemals, niemals wieder in eine Situation wie diese geraten wollte, ist es erneut geschehen. Wieder befindet sich ein Mensch, der mir nahesteht, in einer lebensbedrohlichen Lage – und wieder trage ich

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