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Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Ein mächtiger Krieger mit dem Namen Scheschonk, kein Ägypter von Geburt, sondern ein libyscher Söldner, war es, der das Reich unter seine Herrschaft zwang und es wieder einte. Die Priesterschaft jedoch, die ihm bis zuletzt Widerstand leistete, ließ er jagen und verfolgen. So kam es, dass viele Priester sich zur Flucht nach Nubien wandten, unter ihnen auch die Diener des Thot – das Buch der Geheimnisse jedoch nahmen sie mit. Von Tezud, einem Hohepriester des Thot-Kultes, heißt es, dass er der Letzte war, der sich im Besitz des Buches befand. An einem fernen Ort hat er es verborgen, um zu verhindern, dass seine Macht den Schergen Scheschonks in die Hände fällt – einem Ort, den sie ›Thots Schatten‹ nannten.«
    »Ich verstehe.« Sarah nickte. Das meiste von dem, was der alte Ammon ihr erzählte, hatte sie bereits gewusst oder es sich zumindest zusammenreimen können. Aber wie sie vermutet hatte, reichte das Wissen des Weisen noch weiter…
    »Seither«, fuhr er mit brüchiger Stimme fort, »haben viele versucht, das Buch des Thot zu finden und sein Geheimnis zu ergründen. Die Ersten waren die Makedonen, dann kamen die Römer, die gleich mehrere Versuche unternahmen, und schließlich die Franzosen. Aber ihre Versuche waren halbherzig und erfolglos, denn sie alle haben am falschen Ort nach dem Vermächtnis des Mondgottes gesucht.«
    »Am falschen Ort?« Sarah wurde hellhörig. »Was bedeutet das?«
    »Sie haben in Unu gesucht, im Haus des Thot von alters her, und in Memphis, wo der Mondgott ebenfalls verehrt wurde, ohne zu ahnen, dass das Buch der Geheimnisse schon vor langer Zeit von dort entfernt und in Thots Schatten verbracht worden war.«
    »Dieser Schatten von Thot«, fragte Sarah nach, »dieses Versteck, wohin der Hohepriester Tezud das Buch gebracht haben soll – wisst Ihr, wo sich dieser Ort befindet?«
    »Das weiß niemand genau«, erwiderte Ammon, »denn die Weite der Wüste ist unermesslich, und der Wind kennt viele Richtungen. Aber es heißt, dass derjenige, der das Buch der Geheimnisse finden will, vom Haus des Thot fünf Tage und fünf Nächte reiten muss, um ans Ziel seiner Suche zu gelangen.«
    »Natürlich«, Sarah dachte laut nach, »das ergibt Sinn. Thot wurde von den Ägyptern als Herr der Fünfheit verehrt…«
    »Das stimmt«, pflichtete Ammon ihr bei, »und es hat seinen Grund. Der Sage nach wollte der Sonnengott Re die Geburt der fünf Götter Isis, Nephthys, Seth, Haroeris und Osiris verhindern, indem er verfügte, dass ihre Mutter Nut in keinem Monat des Jahreskreises niederkommen dürfe. Thot jedoch überlistete Re, indem er dem Mond fünf zusätzliche Tage abnahm, die die Ägypter ihrem Kalender zurechneten. An jenen fünf Tagen kamen die fünf Götter gegen Res ausdrücklichen Willen zur Welt. Seither herrschte Feindschaft zwischen Thot und Re, und wie es heißt, hat Thot dem Sonnengott dafür das Geheimnis des Feuers entwendet. Auf geheimen Schriftrollen, die seinen Namen tragen, hat Thot das Geheimnis niedergeschrieben und den Priestern von Unu anvertraut, die es hüteten und für die Nachwelt bewahrten – bis zu jenen dunklen Tagen, in denen es verloren ging.«
    »Ich werde diesen verborgenen Ort suchen und ihn finden«, meinte Sarah mit Nachdruck.
    »Dann muss Unu dein Ausgangspunkt sein. Irgendwo dort ist ein Hinweis darauf verborgen, welche Richtung derjenige einzuschlagen hat, der die Geheimnisse Thots zu ergründen versucht. Aber du musst dich vorsehen, Sarah. Viele, die das Feuer des Re an sich bringen wollten, haben den Versuch mit dem Leben bezahlt. Einer Kriegerin mit Namen Meheret, deren Herkunft im Verborgenen liegt und die in den Diensten Scheschonks stand, soll es einst gelungen sein, Thots Schatten ausfindig zu machen, aber wie es heißt, ist ihr Schreckliches widerfahren. An den Hängen der Stadt, die die Priester des Thot im Schatten ihrer Gottheit errichtet hatten, kam es zu einer grausamen Schlacht, in der Meheret und ihre Krieger bis zum letzten Mann vernichtet wurden. Angeblich wurde das Feuer des Re entfesselt, das sie alle verzehrt haben soll – und wie es heißt, sind Meherets Erben bis heute auf der Suche nach ihr und dem Buch der Geheimnisse.«
    »Ihre Erben?« Sarah merkte, wie ihr trotz der schwülen Hitze ein kalter Schauder über den Rücken fuhr. »Meister, wollt Ihr damit etwa sagen…?«
    »Ich bin zu alt, um mich in Andeutungen zu ergehen, mein Kind, meine Zeit auf Erden ist knapp bemessen. Es steht geschrieben, dass Meherets Erben nicht

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