Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Schatten von Thot

Der Schatten von Thot

Titel: Der Schatten von Thot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
Verfügung stellen, um…«
    »Mon ami, dies ist nicht London«, wandte du Gard ein. »Ihr Briten habt euch hier festgesetzt, aber offiziell ist Ägypten noch immer Teil des Osmanischen Reiches. Und was denken Sie wohl, wie die örtliche Polizei eine Messerstecherei beurteilen wird, an der die ungeliebten britischen Besatzer beteiligt waren?«
    »Er hat Recht«, pflichtete Hayden bei. »Wir können uns weder Aufsehen noch Ärger mit den Behörden leisten und sollten Kairo deshalb so schnell wie möglich verlassen. Haben Sie die Informationen bekommen, die Sie wollten, Lady Kincaid?«
    »Ich denke schon.« Sarah sandte dem alten Ammon, der nach wie vor auf dem Boden saß, als wäre nichts geschehen, einen dankbaren Blick zu.
    »Wohin soll es dann gehen?«
    »Nach Süden, Captain«, erwiderte Sarah leise. »Nach Süden…«

 
    3
     
     
     
    E XPEDITIONSBERICHT
    20. D EZEMBER 1883
     
    Wieder hat ein Unschuldiger sein Leben gelassen, andere sind nur mit knapper Not dem Tod entronnen. Zu meiner Trauer um den armen Kesh gesellt sich die Überzeugung, dass wir diese Mission zu einem erfolgreichen Ende bringen müssen. Der unbekannte Gegner, mit dem wir es zu tun haben, hat einmal mehr gezeigt, dass er weder Gnade noch Skrupel kennt – was die Kenntnis um ein Jahrtausende altes Geheimnis in seinen Händen anzurichten vermag, wage ich mir nicht vorzustellen.
    Ammons Worte, die ich an meine Gefährten weitergegeben habe, soweit ich es verantworten konnte, haben mich tief beunruhigt. Schon meine Entdeckung in den Räumen der Ägyptischen Liga hat mich ahnen lassen, dass ich mich vor Gegnern in den eigenen Reihen hüten muss; die Worte des Weisen jedoch haben meinen Verdacht zur Gewissheit gemacht. Wer, so frage ich mich immerzu, ist der Feind in unserer Mitte? Und je länger ich mir diese Frage stelle, desto geringer wird meine Hoffnung, eine Antwort zu finden.
    Captain Hayden halte ich trotz seiner aufschneiderischen Art für einen Mann von Ehre und großer Loyalität, der ohne Zögern bereit wäre, sein Leben für sein Vaterland zu geben. Milton Fox muss als Inspector von Scotland Yard über jeden Verdacht erhaben sein, ebenso wie Jeffrey Hull in seiner Eigenschaft als Barrister { * } und königlicher Berater. Kamal schließlich hat unter Einsatz seines Lebens bewiesen, wem seine Loyalität gehört.
    Wer also ist der Verräter, von dem el-Hakim sprach?
    Ich habe mit dem Gedanken gespielt, du Gard um Hilfe zu bitten und seine besonderen Fähigkeiten zu nutzen, um dem Verräter auf die Spur zu kommen; andererseits muss ich zumindest in Erwägung ziehen, dass auch du Gard für die Gegenseite arbeiten könnte, so absurd mir dieser Gedanke auch erscheinen mag. Die Saat des Misstrauens beginnt aufzugehen. Ich weiß, dass ich niemandem mehr trauen darf und fühle mich in zunehmendem Maße isoliert. Was der Weise mir über das Buch des Thot gesagt hat, habe ich für mich behalten und meinen Gefährten lediglich mitgeteilt, dass Hermopolis, die Hauptstadt des alten Unet, das nächste Ziel unserer Reise sein muss. Wie Sir Jeffrey herausgefunden hat, wird in Kürze ein Schiff namens Egypt Star aus dem Hafen von Gizeh auslaufen und den Nil stromaufwärts fahren. Da uns dies eine willkommene Gelegenheit bietet, Kairo rasch und unauffällig zu verlassen, haben wir uns Plätze an Bord gesichert.
    So gespannt ich auf das bin, was uns auf unserer Reise erwartet, so sehr fürchte ich mich auch davor. Die jüngsten Ereignisse haben einmal mehr klargemacht, dass die Suche nach dem Buch des Thot kein Spiel ist, sondern ein Kampf auf Leben und Tod, und dass es dabei um mehr geht, als mein Verstand zu erfassen vermag.
    Seit dreitausend Jahren haben Menschen gemordet, betrogen und verraten, um in den Besitz des Buches zu gelangen – und Maurice du Gard hatte Recht, als er sagte, die Menschheit hätte in all dieser Zeit nichts dazugelernt…
     
     
    H AFEN VON G IZEH
    20. D EZEMBER 1883
     
    Es war nur ein schmaler Streifen von fruchtbarem Grün, der das glitzernde Band des Nils am Westufer säumte; jenseits davon erstreckten sich die Sanddünen der Wüste, vor denen sich in flimmernder Ferne die gezackten Formen der Pyramiden als schweigende Zeugen der Vergangenheit erhoben. Auf dem grünlich schimmernden Fluss verkehrten Fischerboote und Handelsschiffe – Feluken und Dahabijen, die mit ihren Dreieckssegeln wie große Vögel aussahen. Krickenten begleiteten die Boote in großen Pulks und ließen sich schnatternd auf dem Wasser nieder, um im

Weitere Kostenlose Bücher