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Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Titel: Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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stolperte sie über die Toten und blieb allein durch ihren Vorwärtsdrang auf den Beinen. Sie hätte es niemals geschafft, wenn die Tür nicht schon so nah und das Fliegen im Sturm nicht so schwierig gewesen wäre.
    Seitlich hinter ihr polterten zwei Gestalten zu Boden, weil sie die Kraft des Sturms unterschätzt hatten. Eine andere wurde von einer heftigen Bö erfasst, durcheinander gewirbelt und gegen die Wand geschleudert. Ein paar weitere fielen sofort über den Toten her, zogen die große, leichte Beute der kleineren vor, zumal diese sich flink bewegte und viel schlechter zu erkennen war.
    Aliana stolperte die Stufen hinauf und fiel gegen das Portal. Einen furchtbaren Augenblick lang meinte sie das Klopfzeichen vergessen zu haben und sah zugleich, wie ihre Fingerknöchel wie von selbst hämmerten und den Rhythmus gegen die eiskalte Bronze schlugen, dass sie tönte wie ein Gong. »Lasst mich rein«, schrie sie. »Um Myrials willen, lasst mich rein!«
    Ihre Nackenhaare richteten sich auf, gleich würde sie die Krallen zu spüren bekommen. Aliana drehte, in die Enge getrieben, dem Tempel den Rücken zu, um ihren Angreifern die Stirn zu bieten. Anscheinend hatten die aus dem Schicksal ihrer Kameraden gelernt und versuchten erst gar nicht, aus der Luft zu ihr herabzustürzen. Stattdessen sah sie sich einem Haufen drohender dürrer Gestalten gegenüber, die die Stufen umringten, die ledrigen Schwingen eng an den Rücken gelegt. Ihr stinkender Atem zischte zwischen gezackten Reißzähnen hervor, in den irren Augen loderte rotes Licht. Langsam kamen sie näher, den Dolch beobachtend, wissend, dass der Erste, der bei ihr war, sterben würde. Aliana überlegte, wie vernunftbegabt sie tatsächlich waren, denn sie schienen keinem gemeinsamen Plan zu folgen. Wie lange würde es dauern, bis sie begriffen, dass sie sich nur alle zugleich auf sie zu stürzen brauchten?
    Mit der freien Hand hinter dem Rücken schlug Aliana ein rasendes Signal an die Tempeltür. Als wären sie plötzlich aufgebracht durch den Lärm, stürmten die schwarzen Teufel auf sie zu, streckten fauchend und zischen ihre Klauen nach ihr aus, um sie niederzureißen. Aliana vollführte einen wilden Streich mit dem Dolch. Der vorderste fiel zurück, hielt sich einen blutenden Arm – und hinter ihr öffnete sich die Tür einen Spalt weit, und eine unsichtbare Hand zog sie hindurch.
    Sie wurde mit solcher Gewalt hineingezerrt, dass sie das Gleichgewicht verlor und ausgestreckt hinfiel. Fast trampelten die Leute auf sie drauf, die sich nach vorn warfen, um die Tür gegen den Ansturm ins Schloss zu zwingen. Im nächsten Moment hörte sie erleichtert den Schlag der Tür und das Scharren und Klicken von Riegel und Bolzen. Dann zog sich die Menge vor ihr zurück und ließ um sie herum einen freien Raum. In der nachfolgenden Stille krabbelte Aliana auf die Füße – und sah sich einer kleinen Frau gegenüber, die aussah, als würde sie gleich in ihrer prächtigen Hierarchenrobe untergehen. Da stand sie vor ihr, die Hände in die Hüften gestemmt, und tippte ungeduldig mit einem Fuß auf den Boden. Ihr Gesicht war finster wie eine nahende Gewitterfront. »Wer zum Teufel bist denn du?«, verlangte sie zu wissen.
    Alianas Vision von heißen Suppen, prasselnden Feuern und warmen Decken löste sich in Nichts auf, aber sie war viel zu zornig über diesen ungerechten Empfang, um sich einschüchtern zu lassen. Mit einer heftigen Bewegung entledigte sie sich Packrats Mantel – der durch den Blutschwall des besiegten Gegners nicht sauberer geworden war –, riss sich den Rucksack von den Schultern und ließ ihn der Frau vor die Füße fallen. Nur der Respekt vor seinem Inhalt hielt sie davon ab, ihn auf den Boden zu schleudern. »Hier«, sagte sie. »Ich bringe euch euer verdammtes Sprengpulver. Und wenn ich gewusst hätte, dass das der Dank dafür ist, dann hätte ich mich nicht darum gerissen, für euch miese Kleingeister mein Leben zu riskieren.« Dann gaben die Knie unter ihr nach und ruinierten ihren Auftritt. »Verflucht«, murmelte sie und sank zu Boden.
    Sanfte Hände fingen sie bei den Schultern auf, und sie öffnete die Augen und blickte in ein schmales, blasses Gesicht mit einem entschlossenen Mund und amüsiert funkelnden, klugen Augen. Es war von braunen Locken eingerahmt, von denen sich ein paar aus dem Band gelöst hatten, mit dem sie nach hinten gebunden waren.
    »Ich war nicht ohnmächtig«, sagte Aliana benommen. Plötzlich fühlte sie sich unermesslich

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