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Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Titel: Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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sie den ganzen Weg über sicher war oder ob es Hindernisse und Unebenheiten gab, wo sie stolpern könnten.
    Wie lang war der Tunnel überhaupt? Scall hatte den Eindruck, als liefe er schon eine lange Zeit. Doch in der Kälte und bei Fackelschein verlor man leicht das Zeitgefühl. Jedenfalls würde die Fackel noch eine ganze Weile brennen, und das war die Hauptsache. Obwohl er ganz genau wusste, dass es in dem Tunnel nichts gab, was ihm wirklich etwas antun konnte, war er nicht besonders wild darauf, den ganzen Weg im Dunkeln zurückgehen zu müssen. Nach einiger Zeit merkte er, dass der Durchgang ein wenig enger geworden war. Zum Eingang hin war der Tunnel noch breit genug, um zwei Wagen aneinander vorbeizulassen. Doch inzwischen sah es so aus, als wäre kaum Platz genug für einen einzelnen Karren, ohne dass der an der Wand entlangschrammte. Scall fragte sich, warum.
    Vielleicht sind sie es irgendwann Leid geworden, den Fels abzuschlagen. Wie der Tunnel jetzt aussieht, steckt eine ganze Menge Arbeit drin. Oder vielleicht war er von Anfang an so eng und sie haben ihn erst später verbreitert und dann hat sie etwas davon abgehalten, es zu Ende zu bringen. Das werde ich wahrscheinlich nie …
    In diesem Augenblick wurde er jäh unterbrochen.
    »Überschwemmung! Steig hinauf, Junge! Klettere auf den Steg!« Das war Tormons Stimme, ganz schwach, von weit oben. Einen Moment lang befiel Scall eisige Angst, und er war wie gelähmt. Dann hörte er ein fernes Rumpeln, als wäre der Tunnel der Schlund einer Bestie, die zornig erwachte. Er keuchte erschrocken, dann nahm er die Beine in die Hand, sodass das Wasser im hohen Bogen aufspritzte, und streckte die Fackel empor, damit die nächste Leiter schneller zu sehen war, während die wehende Flamme eine Rauchfahne hinter sich herzog.
    Es war unmöglich, so schnell zu waten, wie er wollte, doch er tat sein Bestes, pflügte durch das strömende Wasser, das zuerst nur an seinen Füßen zog, rasch anstieg und an seinen Knien riss. Immer schwieriger wurde es sicher Tritt zu fassen, und dadurch wurde er langsamer. Wo blieb die nächste verdammte Leiter? Wohin zum Teufel war sie verschwunden?
    Das Rumpeln war zu einem Donnern angewachsen, und der ganze Tunnel erbebte. Plötzlich, zu seiner großen Erleichterung, fiel der Fackelschein auf das rotbraune Gestänge, das die Rettung versprach. Aber es war zu spät. Gerade als er nach der Leiter griff, traf ihn der reißende Schwall.
    Alles geschah auf einmal. Es riss ihn von den Beinen, die Fackel flog ihm aus der Hand und erlosch, sein Schreckensschrei wurde erstickt, als ihm das Wasser in die Kehle drang. In Dunkelheit und Getöse schlug er wild um sich, und unerwartet fühlte er kaltes Metall an den Fingern, er packte eine raue Eisenstange, die ihm fast die Haut von den Handflächen riss. Seine Finger klammerten sich fest. Die schiere Verzweiflung gab ihm die Kraft, den anderen Arm gegen die Strömung nach vorn zu bewegen und sich mit beiden Händen einen besseren Halt zu verschaffen, damit er den Kopf über Wasser halten könnte. Dort hing er prustend und fragte sich, wie hoch ihn die Strömung gehoben hatte und wie weit er noch von dem Steg entfernt war. Nicht weit, schätzte er. Eine ungeheure Menge Wasser war da auf einmal heruntergebraust, die musste ihn ziemlich hoch getragen haben. Wenn er jetzt in Sicherheit klettern könnte – doch er wagte nicht, die Sprosse loszulassen, nicht einmal für den Moment, den es dauerte, um an die nächste zu greifen.
    Die Zeit stand still. Scalls Welt war auf seine beiden Hände und die rostige Sprosse zusammengeschrumpft, an der er sich festhielt. Er klammerte sich ans nackte Leben, während die Strömung an ihm zerrte, ihn schlug, seinen Körper drehte, sodass er manchmal fast den Halt verlor und darum ringen musste, die Stange wieder fest zu packen. Hier, inmitten von Kälte und Dunkelheit, Angst und Verzweiflung, gewann er eine Stärke und Entschlossenheit, wie er sie niemals zuvor besessen hatte.
    Aber menschliche Ausdauer hat ihre Grenzen. Als ihm die Hände taub wurden von der Kälte, spürte er die beginnende Schwäche. Ein starker Schwall traf ihn unvermittelt, sein Griff ließ nach, die Finger rutschten und rutschten … Dann riss ihn das Wasser los und wirbelte ihn fort.
    In diesem Augenblick begriff Scall, dass die Flut nicht rechtzeitig abklingen würde, um sein Leben zu retten. Wo der Tunnel sich weiter verengte, trug sie ihn bis an die Decke. Der Fels kratzte ihm über Gesicht und

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