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Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines

Titel: Der Schattenbund 02 - Der Geist des Steines Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Berührung an der Schulter ließ ihn hochfahren. Er drehte sich um. Seriema neigte sich dicht an sein Ohr, damit er sie trotz des Getöses verstehen könnte. »Wir haben noch genug Zeit zu trauern, wenn wir wissen, dass sie umgekommen sind. Bis dahin gibt es noch immer Hoffnung.«
    »Hoffnung? Welche Hoffnung könnte es für Scall geben bei diesem reißenden Wasser?«, schnauzte Tormon.
    Seriema hörte seine Verbitterung und blieb ruhig. »Du hast ihn immerhin noch warnen können. Vielleicht konnte er eine Leiter erreichen, so wie wir. Wahrscheinlich sitzt er jetzt dort, hungrig wie ein Wolf, wartet darauf, dass das Wasser sinkt, und macht sich Sorgen, ob wir ertrunken sind.«
    »Ich hätte ihn niemals allein in den Tunnel schicken dürfen, und …«
    »Bei Myrials mächtigen Muskeln, was sind wir doch für Dummköpfe!« Seriema sprang auf und zog den verblüfften Händler auf die Beine. »Der Steg! Er führt doch sicher an der Wand entlang?«
    Langsam dämmerte es Tormon, und mit dem Begreifen stieg unerwartete Hoffnung in ihm auf. »Wir können ihn benutzen, um nach Scall zu suchen. Nun komm, worauf wartest du noch?«
    »Auf dich, dass du eine Fackel anzündest.« Seriema spitzte amüsiert die Lippen. »Es sei denn, du kannst wie eine Fledermaus im Dunkeln sehen. Das Licht vom Tunneleingang wird bald verschwunden sein.«
    »Du hast Recht.« Tormon schälte sich aus dem Rucksack und kramte darin herum. »Großer Myrial, ich komme mir so dumm vor. Da sitze ich nun und mache mir wegen Scall Sorgen, dabei habe ich die Lösung direkt vor der Nase.«
    »Na ja, es ist kaum überraschend, dass unser Verstand ein bisschen langsam arbeitet. Nach diesem Schreck brauchten wir eben etwas Zeit, um uns zu sammeln.
    Außerdem haben wir in den vergangenen Tagen so viel durchgestanden, da ist es nur verzeihlich, dass wir nicht so gründlich denken wie gewöhnlich.«
    Tormon zog die Brauen zusammen. Er schaffte es ohnehin nicht, die vergangenen Tage aus seinen Gedanken zu verdrängen. Er brauchte nicht auch noch Seriema, die ihn daran erinnerte, wie schrecklich sie gewesen waren. Seriema sah sein Gesicht und biss sich auf die Lippe. »Es tut mir Leid. Es war nicht meine Absicht, dich daran zu erinnern.«
    Der Händler richtete seine Aufmerksamkeit darauf, einen Funken zu schlagen, um die Fackel mit einem schwelenden Zunderstück anzuzünden. »Das ist nicht deine Schuld«, erwiderte er ruppig. »Alles erinnert mich daran.« Er war erleichtert, dass sie jetzt nicht erzählte, dass alles gut werden würde und dass die Zeit alle Wunden heilt. Sie drückte ihm sachte die Hand, als sie die Fackel entgegennahm, und ließ es dabei wie unabsichtlich aussehen. »Komm weiter, wir wollen den verdammten Jungen finden«, rief sie über die Schulter und ging voran in die Dunkelheit, die Fackel tapfer nach vorn gestreckt.
    Tormon blickte prüfend auf die Fackelspitze, wie weit sie heruntergebrannt war, dann schaute er wieder vor seine Füße. Ein Stück voraus war der Steg abgerissen. Hier, wo sich der Tunnel verengte, musste die Flut ganz plötzlich und gewaltig angestiegen sein. Sie hatte die Befestigungen aus der Wand gerissen und die Plattform in einen nutzlosen Haufen Eisen verwandelt.
    »Verflucht! Wie konnte das passieren!«, rief Seriema, als wäre die Katastrophe eine persönliche Beleidigung. »Die Kaufleute bezahlen gutes Geld, damit der Tunnel instand gehalten wird!«
    Vergiss dein verdammtes Geld! Denk an Scall!
    Tormon hatte die Worte schon auf den Lippen, doch nach einem kurzem Blick in Seriemas Gesicht schluckte er sie hinunter. Für den Bruchteil eines Augenblicks entstand eine kleine besorgte Falte zwischen ihren Augenbrauen, und er begriff, dass sie ihre Unruhe wegen des Jungen nicht auszudrücken wusste und daher lieber ganz verbarg.
    Nun saßen sie hilflos fest. Sie konnten nicht weitergehen. »Scall?« Wieder und wieder rief Tormon in die Dunkelheit und hoffte. »Scall!« Aber es kam keine Antwort aus dem Tunnel, die das Rauschen und Gurgeln des Wassers übertönt hätte. Seriema setzte sich auf den Steg und lehnte sich ungeachtet der Nässe an die Felswand. »Das war’s dann«, seufzte sie. »Nun können wir nur noch warten.«
     
    Die Halle kam völlig überraschend. Der Röhrengang war so glatt und eintönig, dass er eine nahezu einschläfernde Wirkung hatte. In der schummrigen Beleuchtung, die ständig die Farbe wechselte, trottete Scall wie benebelt vor sich hin, als bewegte er sich durch eine Traumlandschaft. Dann,

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