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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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Trottel! Lassen uns von unserem eigenen Spiegelbild ins Bockshorn jagen!«
    Auch Galveron kam sich einfältig vor. »Ich glaube nicht, dass wir das jemandem erzählen müssen, oder? Wahrscheinlich endet der Gang wieder vor einer Wand, nur dass sie diesmal ein Spiegel ist.«
    »Es könnte auch wieder eine Falle sein«, stellte Alestan heraus. »Ich weiß nicht, wie’s mit dir steht, aber ich habe aus dem vorigen Mal eine Lehre gezogen. Lass uns hingehen und nachsehen – aber langsam.«
    Vorsichtig rückten sie vor und hielten ein scharfes Auge auf Veränderungen an Wänden, Fußboden und Decke, auf einen Wechsel in der Farbe, im Belag, sie horchten sogar auf Änderungen im Klang ihrer Schritte, die ihnen eine Falle anzeigen mochten. Aber da war nichts. Der Gang verlief gleichförmig, bis sie an der Spiegelwand ankamen.
    Der Hauptmann betrachtete sich darin. Es war kein einnehmender Anblick. Er war abgezehrt und unrasiert, die Augen eingesunken, die halb verheilte Narbe verbesserte sein Aussehen kein bisschen, und was er am Leibe trug, war völlig verknittert, nachdem er seine Kleider vor dem Schwimmen in den Rucksack gestopft hatte.
    »Komm, Galveron«, drängte Alestan. »Du bist nicht hier, um dich zu bewundern. Gibt es einen Durchgang, was meinst du? Oder müssen wir umkehren und den anderen Weg nehmen?«
    Allein der Gedanke an den merkwürdigen Tunnel ließ Galveron sofort tätig werden. »Das werden wir gleich sehen«, sagte er und fing an, gegen die Wand zu drücken, sodass er überall Abdrücke seiner Hände hinterließ.
    Plötzlich hörten sie hinter sich ein Geräusch wie von einer Schere und fuhren herum. Eine zweite Spiegelwand glitt aus der Decke herab und schnitt ihnen den Rückweg ab. Galveron erlebte eine gewaltige Verwirrung der Sinne, sodass ihm schwindelte – und dann verschwand die Umgebung und alles wurde schwarz.
     
    So ist das also, wenn man tot ist? Ich habe mich oft gefragt, wie es sich anfühlt.
    Angesichts der Umstände blieb Aliana unnatürlich ruhig. Ihr war, als schwebte sie in einem dunklen, stillen Nichts und ob sie ihren Körper noch hatte, wusste sie nicht. Sie meinte, sie müsste eigentlich entsetzliche Angst empfinden, stattdessen dämpfte sie der Eindruck völliger Unwirklichkeit – vermutlich die Wirkung der Überrumpelung. Sie nahm an, dass dieser herrliche, traumartige Zustand nicht allzu lange dauern würde, darum beschloss sie, ihn zu genießen. Falls das Totsein aber immer so blieb, dann hätte sie noch den Rest der Ewigkeit, um Angst zu haben und verrückt zu werden.
    War Packrat auch umgekommen? War sie mit ihm zusammen hier? Sie wollte ihn rufen, brachte aber keinen Ton heraus.
    Wenn er tot ist, bin allein ich daran schuld.
    Ihre segensreiche Taubheit wurde von Schmerz angegriffen. Nur weil sie es nicht gewagt hatte, umzukehren und sich Galveron und Gilarra zu stellen, ehe der Ring sicher versteckt war, war sie immer weiter gelaufen, obwohl Packrat lautstark darum gebeten hatte. Sie hatte sie beide immer weiter durch die Gänge in den Berg geführt und eine Falle nach der anderen unschädlich gemacht.
    Alle bis auf diese letzte offenbar.
    Was ist uns überhaupt zugestoßen?
    Sie erinnerte sich an zusammenhanglose Einzelheiten, an eine glänzende silberne Fläche zum Beispiel, dann hatte sie sich plötzlich hier wiedergefunden. Wo immer dieses Hier war.
    Sie fragte sich, was aus ihrem Bruder geworden war, und wurde von Trauer fast zerrissen, weil sie ihn nie wieder sehen würde. War er noch im Gefängnis? Oder hatte man ihn freigelassen? Würde er herausfinden, wohin sie gegangen war? Würde er in dieselbe Falle gehen? Hätte sie also auch seinen Tod auf dem Gewissen? Würde Galveron ihr unter die Stadt folgen, um den Ring zu bekommen? Würde er ihn ihrem toten Körper entreißen und Gilarra zurückgeben? Wenn ja, dann hätte sie Packrat – und sich selbst – sinnlos zu Tode gebracht. Noch schlimmer war, dass auch Galveron ums Leben kommen könnte. Die Last ihrer Reue erdrückte Aliana. Bisher, während ihrer Zeit mit den Grauen Geistern, war es ihr immer gelungen, den Folgen ihres hitzigen Verhaltens zu entkommen. Zu spät erkannte sie, dass sie nur davongekommen war, weil sie sich in vertrauter Umgebung bewegt und deren Gesetzmäßigkeiten bis ins Kleinste unbewusst erfasst hatte. Indem sie sich aber unter den Tempel gewagt hatte, war sie in einen Ort eingedrungen, wo vieles anders war, und in ihrer Unkenntnis hatte sie einen tödlichen Fehler begangen – und ihre

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