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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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anschleichen konnte.
    Zumindest hoffe ich das. Der Gedanke, dass ein Feind so wie sie neulich unter den verwesenden Haufen versteckt lag, sandte ihr einen Schauder über den Rücken.
    Galveron stieß sie an und verschaffte ihr den willkommenen Abstand zu dieser Vorstellung. »Komm weiter«, flüsterte er. »Schneller. So wie sie blutet, wird Cerella nicht länger durchhalten. Je eher wir im Tempel sind, desto besser.«
    Nacheinander schlüpften sie durch das Tor und begannen sich um den Rand des Platzes einen Weg zu suchen. Dunst und Wolken mochten ihr Fortkommen verbergen, aber sie waren klug genug, sich nicht quer über den offenen Platz zu wagen. Ohnehin türmten sich dort die Toten. Selbst am Rand, wo weniger lagen, waren sie gezwungen, über grässliche Leichenteile zu steigen, und das alles mit einer todkranken Frau und ihrem Kind auf den Armen. Aliana hatte sich einen Schal über Mund und Nase gebunden, aber das hielt den Verwesungsgestank kaum ab. Sie hatte sich auch die Handschuhe übergezogen, damit sie das kalte Fleisch nicht zu spüren brauchte, aber immer wieder musste sie vor Übelkeit würgen, wenn sie die klaffenden Bäuche und das herausgerissene Gedärm sah, die angefressenen Gesichter, die leeren Augenhöhlen und zerfetzten Glieder. Hin und wieder glitt sie aus, und sie konnte sich nur knapp davor bewahren, kopfüber zu stürzen.
    Wie haben wir das nur beim ersten Mal geschafft?
    Aliana dachte daran, wie sie mit den grauen Geistern in den Heiligen Bezirk geklettert war, um im Tempel Schutz zu suchen. Während sie, verfolgt von den fliegenden Bestien, um ihr Leben rannten, hatten sie die Bilder der Vernichtung kaum beachten können. Schaudernd dachte sie an Tag und Erla, die jüngsten ihrer Gruppe.
    Hoffentlich ist in ihrem Gedächtnis nicht viel hängen geblieben.
    Auch beim zweiten Mal war es leichter gewesen, den Platz zu überqueren, als Aliana mitten in der Nacht ihren einsamen Gang von der Zitadelle zum Tempel hinter sich brachte. Schnee und Dunkelheit hatten das meiste von dem verhüllt, was sie jetzt entsetzte, und die bittere Kälte hatte den Gestank verringert. Dann hatten sie und Galveron gestern auf der Suche nach dem Ring wieder diesen Weg nehmen müssen. Wie oft noch würde sie diesen furchtbaren Gang ertragen? Der Schrecken schien mit jedem Mal größer, statt geringer zu werden. Mancher Anblick war so entsetzlich, dass man sich unmöglich daran gewöhnen konnte. Sie drückte den Säugling an sich und versuchte, ein wenig schneller voranzukommen.
    Sie erreichte das Portal vor Galveron, der die schwerere, unhandlichere Last trug. Das Kind im Arm, gab sie das vereinbarte Klopfzeichen. Agella und der einarmige Flint öffneten ihr. »Gottseidank, ihr seid in Sicherheit.« Agella legte ihr einen Arm um die Schulter und zog sie in den sicheren Hafen. »Die Hierarchin war außer sich vor Sorge.« Sie entdeckte den Säugling. »Heilige Myrial! Wo in Himmels Namen hast du den gefunden?«
    »Wir haben auch die Mutter bei uns«, sagte Aliana. »Galveron bringt sie mit. Rasch, schicke jemanden zu Kaita. Wir glauben, dass die Frau im Sterben liegt.«
    Agella winkte ein Kind heran, das in der Nähe herumlungerte. »Du da, Knabe! Geh und sage der Heilerin, dass wir ihr eine schwerkranke Frau bringen. Lauf!«
    In diesem Augenblick taumelte Galveron in den Tempel, gestützt von der starken Hand Flints. Ohne anzuhalten, schleppte er sich weiter zu Kaitas behelfsmäßigem Krankenrevier in dem ehemaligen Wachraum. Aliana folgte mit dem Säugling. Die Heilerin half gerade einem Soldaten, dessen Arm von der Schulter bis zum Handgelenk verbunden war, vom Bett aufzustehen. »Es tut mir Leid, dass ich dich hinauswerfen muss, Lomin«, sagte sie soeben, »aber du bist jetzt auf dem Weg der Besserung, und wir haben einen Notfall zu versorgen.«
    Der Soldat grinste sie an. »Mach dir nichts draus, Heilerin Kaita. Ich kann mich nicht beklagen. Du hast dich um mich gekümmert, als wäre ich der Hierarch persönlich.«
    »Was denn – lebendig verbrannt?«, murmelte jemand, der mit einer Kanne heißem Wasser an Aliana vorbeiging. Die Diebin unterdrückte ein Grinsen.
    Kaita hatte sich inzwischen Cerellas angenommen. »Leg sie auf das Bett«, wies sie Galveron an, »dann will ich sie mir ansehen.«
    Als sie die Frau aus der Decke wickelten, sah Aliana voller Entsetzen, dass alles blutdurchtränkt war.
    Liebe Myrial! Erstaunlich, dass sie noch am Leben ist. Und was ist mit dem armen Kind?
    Sie hielt verzweifelt nach

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