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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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schwach.
    »Wir sind wirklich da.« Er lächelte sie beruhigend an. »Wie heißt du?«
    Sie leckte sich über die trockenen Lippen. »Cerella.«
    »Ich heiße Galveron, und das ist Aliana.« Er drehte sich nach der Diebin um. »Holst du bitte frisches Wasser?«
    »Natürlich.« Aliana konnte kaum erwarten wegzukommen. Es zerriss ihr das Herz, wenn sie die Frau nur ansah. Sie stöberte in der Küche und fand schließlich einen Krug mit Wasser, eine Tasse und ein Handtuch. Mit dieser Last rutschte sie vorsichtig die Leiter hinab und kam in dem Moment in der dunklen, stinkenden Ecke an, als Cerella dem Hauptmann erzählte, was geschehen war.
    »Und weil meine Zeit gekommen war, wollte Essel – das ist mein Lebensgefährte – mich nicht zur Opferung gehen lassen, obwohl das meine Pflicht gewesen wäre. Er meinte, der Hierarch würde mich nicht vermissen, und wenn Myrial ein wahrhaftiger Gott sei, würde Er es einer Frau kurz vor der Niederkunft nicht übelnehmen, dass sie aus der Menschenmenge fortbleibt … Aber ich glaube, Myrial hat es übel genommen.« Die Trauer überwältigte sie. »Ich hätte gehen sollen, aber ich tat es nicht, und nun sind diese schrecklichen Dinge geschehen. Ich dachte, alle sind tot. Alle außer mir.« Tränen rollten ihr über die eingesunkenen Wangen.
    Galveron nahm ihre Hand. »Nicht alle«, sagte er. »Eine beachtliche Zahl Leute hat überlebt, und wir alle haben Schutz im Tempel gefunden. Wir bringen euch beide dorthin.«
    Aber Cerella drehte das Gesicht zur Wand. »Zu spät«, hauchte sie. »Ich hab die Schreie gehört. Durchs Fenster sah ich diese abscheulichen Kreaturen umherfliegen. Dann fühlte ich das Kind kommen und versteckte mich hier unten. Das war das einzige, woran ich denken konnte. Ich habe versucht, den Teppich, so gut es von innen ging, wieder an seine Stelle zu ziehen, damit die Falltür nicht zu sehen ist.«
    Aliana spürte Tränen in den Augen brennen. Sie hat hier ganz allein im Dunkeln ihr Kind bekommen, während draußen diese Scheusale wüteten und sie fast sicher wusste, dass ihr Mann dabei starb.
    Galverons Gesicht war seltsam unbewegt, und sie bewunderte ihn dafür, dass er seine Gefühle vor der Frau verbergen konnte. »Und nachher?«, fragte er sanft.
    Cerella schüttelte den Kopf. »Es ging mir so schlecht«, flüsterte sie. »Das Kind hat irgendwie überlebt, aber in mir drin ist etwas verkehrt. Immer wenn ich mich bewege, fange ich wieder an zu bluten.« Sie trank einen Schluck Wasser aus der Tasse, die Galveron ihr hinhielt. »Mit mir ist es aus, aber mein kleines Mädchen klammert sich ans Leben. Bitte, wenn ihr sie nur mitnehmen könnt …«
    »Wir werden euch beide mitnehmen«, sagte Galveron in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Ich werde dich tragen, damit du dich nicht anzustrengen brauchst, und Aliana wird das Kind nehmen. Du brauchst nur bis zum Tempel durchzuhalten. Dort haben wir eine sehr tüchtige Heilerin. Sie wird sich deiner annehmen.«
    »Aber die Blutung …«, wollte Cerella einwenden.
    Aliana kniete nieder und nahm die Frau bei den Händen. »Hör zu, Cerella. Wenn du hier bleibst, wirst du sterben. Wenn du es wagst, vielleicht nicht, den Versuch ist es doch wert.«
    Welchen Zweck hat das? Sie wird ganz bestimmt sterben.
    Nicht umsonst hatte die Diebin so lange im Labyrinth gelebt, wo der Tod eine alltägliche Erscheinung war. Sie kannte die Anzeichen. Cerellas wächsernes Aussehen, die kalte, klamme Haut und das schwere, raue Atmen, das alles zeigte an, dass das Leben aus ihr wich. Wieder wurde es Aliana eng im Hals, wenn sie daran dachte, was die arme Frau in den vergangenen paar Tagen durchlitten hatte. Mit außerordentlicher Willensanstrengung hatte sie es geschafft, sich und ihr Neugeborenes am Leben zu halten, bis Hilfe kam. Das hatte jedes Quäntchen ihrer Kraft verbraucht, aber jetzt, da sie wusste, dass ihr Kind gerettet werden würde, war ihr überbeanspruchter Körper bereit, sich geschlagen zu geben.
    Die Ärmste hat nicht länger zu leben. Warum ihr die Grobheit antun und sie von hier wegtragen? Wir könnten doch bei ihr bleiben, bis sie entschlafen ist.
    Dann schämte sie sich auf einmal. Wer war sie zu behaupten, dass Cerella es nicht schaffen würde? In Anbetracht ihrer bisherigen Anstrengung könnte sie doch ebenso gut ein Weilchen länger durchhalten. Außerdem würde Galveron gar nicht zulassen, dass sie sich aufgab. Ein einziger Blick auf sein Gesicht, als er sich hinkniete, und sie wusste Bescheid. Er war

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