Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
Gefühl, gebraucht zu werden.
Wie vermutet, fand das Treffen in Veldans Haus statt, und Ailie würde sie hinbringen. Toulac und Scall warteten vor der Gasthaustür, als sie dicht gefolgt von Zavahl herauskam. Scall erbleichte, als er den einstigen Hierarchen sah. Er stieß Toulac mit dem Ellbogen an. »Was macht denn der hier?«, fragte er in einem Flüsterton, der bis zum Handelsposten der Navigatoren zu hören war.
Zavahl drehte sich nach dem Jungen um und lächelte ihn an. »Ich lebe jetzt hier«, sagte er. »Wie du dich erinnerst, in Callisiora wollten sie mich auf dem Scheiterhaufen verbrennen, deshalb habe ich beschlossen, eine freundlichere Gegend aufzusuchen. Hier gefällt es mir viel besser.«
Toulac schmunzelte, als Scall errötete, weil er von einer so hehren Persönlichkeit angesprochen wurde.
Sie gingen mit Ailie den Weg entlang, der hinten um das Dorf herumführte, und überquerten den Fluss auf einem Steg anstelle der Steinbrücke an der Straße, die sie mitten durch die Siedlung geführt hätte. Unterwegs trat Toulac neben Zavahl. »Hast du gut geschlafen?«, fragte sie zweideutig.
Er schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht – aber nicht aus den Gründen, die du vermutest.« Sein Blick wirkte gehetzt. »Ailie hat gesagt, dass ich heute Morgen mit Blank zusammentreffen werde, und darauf freue ich mich kein bisschen.«
»Dann sind wir schon zwei«, sagte Toulac. »Veldan wollte mich immer wieder davon überzeugen, dass hier alles anders ist und dass er versucht, sich zu ändern und ein besserer Mensch zu sein, und allen möglichen anderen Quatsch.« Sie wedelte abschätzig mit dem Arm. »Das glaube ich erst, wenn ich es sehe – vielleicht.«
Ailie ließ sich über die Schulter hinweg vernehmen. »Aber Scall hat mir heute Morgen erzählt, dass Amaurn dein Pferd für dich zurückgebracht hat und dass du vor Freude außer dir warst. Macht dich das nicht ein bisschen versöhnlicher?«
»Ich wette, er hätte es nicht getan, wenn er nicht ein Pferd gebraucht hätte, um hierher zu kommen«, erwiderte sie achselzuckend.
»Andererseits ist er der Archimandrit und kann tun, was ihm beliebt«, machte Ailie geltend. »Scall sagt, du hast ein wahrhaft prächtiges Schlachtross, das sehr wertvoll sein muss, und Zavahl hat mir erzählt, dass Amaurn Pferde leidenschaftlich liebt. Was sollte ihn davon abhalten, das Tier zu seinem Eigentum zu machen?«
»Scall und Zavahl sollten sich besser um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern«, brummte Toulac, »und mit dieser lächerlichen Amaurn-Geschichte braucht man mir nicht zu kommen. Für mich ist er Blank und wird es auch immer bleiben.« Damit ließ sie sich ein Stück zurückfallen und stapfte hinter den anderen her.
Dies war das erste Mal, dass die Söldnerin die Waldlichtung mit Veldans Haus sah. Elion öffnete ihnen und nahm Scall freundlich in Empfang. »He, schön, dich wiederzusehen! Hast du noch die kleine Stute, die ich dir geschenkt habe?«
»Ich hatte sie«, antwortete der Junge bitter, »bis ich hier ankam und Harral sie mir weggenommen hat.«
»Ach, bleibt doch nicht auf der Schwelle stehen«, sagte der Wissenshüter, hastig das Thema wechselnd. »Kommt herein alle miteinander.«
Sie betraten das große Zimmer – und standen vor Kaz, der am Feuer lag. Toulac hatte gar nicht daran gedacht, Scall auf seinen Anblick vorzubebreiten, und alle anderen natürlich auch nicht. Er gab einen erstickten Laut von sich, und als seine Knie nachgaben, packte sie mit eisernem Griff seinen Arm. »Ruhig Blut«, zischte sie. »Alles in Ordnung. Er ist Veldans Freund und Kampfgefährte, und er wohnt auch hier.« Sie konnte der Gelegenheit zu prahlen nicht widerstehen. »Ich bin auf seinem Rücken von Tiarond bis hierher geritten.«
Scall machte ein ungläubiges Gesicht und wollte gerade etwas darauf erwidern, als langsame Schritte auf der Treppe zu hören waren. Veldan kam als Erste herab, hinter ihr Blank. Toulac spürte, wie Zavahl neben ihr erstarrte. Sie konnte es ihm nicht verdenken. Sie selbst geriet beim Anblick des Hauptmanns in Harnisch, wenngleich sie zugeben musste, dass er schon gar nicht mehr so kalt und einschüchternd aussah, vor allem auch da er aus der dunklen Soldatenkluft heraus war und ein weiches grünes Hemd trug. Einen Arm trug er verbunden in einer Schlinge, aber Toulac hatte selbst so viele Verwundungen überstanden und sah genau, dass er ganz woanders verletzt war. Er ging sehr steif und drückte den Arm an die Seite, und sie merkte,
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