Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
wiederherstellen kann. Mit diesem Ring und meinen Kenntnissen besteht für uns die Aussicht, die Welt wieder gerade zu rücken.« Dann fügte sie seufzend hinzu: »Das heißt, sofern wir hier herauskommen.«
Galveron war blass geworden. »Du meinst also, dass das ohne diesen Ring da draußen niemand schaffen kann?«
Die Zauberin schüttelte den Kopf. »Es mag andere Mittel geben, aber der Ring ist das Einzige, das ich kenne. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass euer Volk sich ihn hätte zunutze machen können …«
Aber Galveron hörte schon nicht mehr zu. Mit einer beängstigenden Mischung aus Zorn und Verachtung starrte er die junge Frau an. »Da hast du es«, sagte er. »Siehst du nun, was du getan hast? Du hast das Leben all der Menschen auf dem Gewissen. Ich hoffe, du bist stolz auf dich.«
Mit einem gequälten Schrei sprang Aliana vom Tisch auf und rannte davon. Packrat stand auf, um ihr nachzulaufen, aber Alestan hielt ihn zurück. »Lass sie. Gib ihr ein paar Augenblicke, um das zu verdauen. Ich werde ihr dann selbst nachgehen.« Dann wandte er sich mit hartem Blick Galveron zu. »Früher oder später wirst du dafür bezahlen.«
Der Soldat zuckte die Achseln. »Ach wirklich? Früher oder später werden wir alle dafür bezahlen, was sie getan hat.«
»Ach, Galveron«, ließ sich Helverien wieder vernehmen. »Du warst zu hart zu dem Kind. Sie hat das nur dir zuliebe getan.« Sie betrachtete das leuchtende Juwel auf dem Tisch. »Man kann nicht von ihr verlangen, die Bedeutung des Ringes zu erkennen. Wenn ich dich recht verstanden habe, wusste nicht einmal der Hierarch davon.«
»Aber sie sollte den Unterschied zwischen Recht und Unrecht kennen«, erwiderte Galveron unerbittlich. »Sie hat ganz genau gewusst, dass sie Unrecht tat, als sie den Ring stahl – aber sie ging hin und tat es trotzdem.«
Die Zauberin schüttelte den Kopf. »Mag sein«, antwortete sie, »aber in Wahrheit läuft die ganze Sache auf einen glücklichen Zufall hinaus. Sobald jemand nach euch sucht und uns alle befreit, dann wird Aliana das einzig Mögliche getan haben, das die Welt retten konnte. Dann hat sie nämlich den Ring zu der einzigen Person gebracht, die weiß, wie man ihn benutzt. Wenn sie ihn nicht gestohlen, sondern einfach eurer Hierarchin ausgehändigt hätte – nun, dann wärt ihr alle zum Untergang verurteilt gewesen.«
»Wie willst du das wissen?«, erwiderte Galveron beleidigt. »Wir hätten vielleicht herausgefunden, wozu er gut ist.«
»Und die Schweine hätten fliegen gelernt.« Helverien bedachte ihn mit einem langen ruhigen Blick. »Ich für mein Teil halte es für nahezu unmöglich, dass etwas dergleichen eingetreten wäre. Was immer das arme fehlgeleitete Kind an Handlungsgründen gehabt hat, es war falsch und grausam, ihr die Schuld am Tod einer ganzen Welt aufzubürden. Du solltest dich entschuldigen.«
Galveron stotterte. »Ich sollte mich entschuldigen?«
»Du hast richtig gehört. Denk nur einmal nach, warum sie das getan hat. Sie hat keinen Augenblick daran gedacht, den Ring für sich selbst zu behalten. Sie hat ihn für dich gestohlen – weil sie an dich glaubt, und sie ist überzeugt, dass du einen viel besseren Herrscher für euer Volk abgeben würdest, als die jetzige Hierarchin.« Helverien schmunzelte. »Du musst zugeben, dass es nicht viele Frauen gibt, die den Mumm hätten, ein ganzes Reich zu stehlen, um es dem Mann zu schenken, den sie lieben.«
»Wie bitte?«
»Das ist vollkommen lächerlich!«
»Auf keinen Fall würde sich Aliana in ein verdammtes Gottesschwert verknallen!«
Die Einwände der drei Männer kamen gleichzeitig und mit solcher Macht, dass Helverien fast auf ihrem Sitz zurückfuhr. »Sieh an«, sagte sie im Geheimen zu Thirishri. »Wir mögen hier gefangen sitzen, aber es sieht so aus, als wäre ab sofort für Unterhaltung gesorgt.«
*Wen kümmert schon ein weiteres Beispiel menschlicher Torheit? Wie kannst du nur so leichtfertig sein, wenn die Zukunft der Welt auf dem Spiel steht?*
Helverien zuckte die Achseln. »Wenn ich das Schicksal der Welt ändern könnte, würde ich es tun, Thirishri, das solltest du wohl wissen. Da ich aber zur Zeit nicht in der Lage bin, auch nur das Geringste zu beeinflussen, kann ich ebenso gut mit den Möglichkeiten arbeiten, die ich hier habe.«
Thirishri verließ grollend die Terrasse und machte ihrem Ärger mit einem heftigen Windstoß Luft, dass Staub und Blätter aufwirbelten, sich die Olivenbäume bogen und eine riesenhafte Welle
Weitere Kostenlose Bücher