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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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folgen, da bin ich ganz sicher, aber sie werden bis zur Dunkelheit nicht wagen, näher zu kommen, und dann sind die fliegenden Bestien unterwegs. Lieber Myrial, ich weiß nicht, wie wir das je überstehen können.
     
    An ihrem Verbannungsort kam Helverien zu dem Schluss, dass für ihre unerwarteten Besucher wohl die Zeit für gegenseitige Beschuldigungen gekommen war. Sobald das zweite Paar eingetroffen war, nachdem es in dieselbe Falle geraten sein musste wie das Erste, hatte zwischen der Frau des ersten Paares und einem der neu hinzugekommenen Männer ein sehr lautes Wettschreien eingesetzt, bei dem viel mit den Armen gefuchtelt wurde. Sie waren so sehr mit Streiten beschäftigt, dass sie Helverien überhaupt nicht beachteten, und so war sie ein wenig zurückgetreten und hörte nicht sehr erfreut, aber aufmerksam mit einer hochgezogenen Augenbraue dem ganzen Aufruhr zu. »Im Laufe ihrer Zankerei verraten sie mehr, als sie uns freiwillig erzählen würden«, meinte sie zu Thirishri.
    *Wahrhaftig.* Thirishri, die für das menschliche Auge buchstäblich unsichtbar war, hörte über ihren Gästen schwebend ebenfalls zu. *Sie kommen zweifellos aus meiner Zeit*, sagte sie. *Ich kenne keinen von ihnen, aber einer ist ein Gottesschwert, ein Tempelkrieger aus Tiarond. Ich frage mich, wie er hierher kommt. Er ist es jedenfalls, der uns genau sagen kann, was in der Stadt vorgefallen ist, aber ich bezweifle, dass wir etwas Sinnvolles aus ihm herausbekommen, ehe diese vier Verrückten ihre Meinungsverschiedenheiten beigelegt haben.*
    Helverien nickte. Dem hitzigen Wortwechsel entnahm sie, dass die beiden Streithähne Bruder und Schwester waren, dass sie etwas gestohlen hatte und damit weggerannt und er ihr gefolgt war. Obwohl ihr das Feld menschlicher Gefühle für eine sehr lange Zeit verschlossen gewesen war, begriff sie bald, dass die beiden einander liebten, und der Streit endete denn auch wie erwartet mit einer tränenreichen Umarmung, und der Friede war wiederhergestellt.
    Zwischenzeitlich fiel ihr auf, dass sich der Gefährte der jungen Frau von dem großen, blauäugigen Soldaten, der das Auftreten eines Befehlshabers hatte, mit Bedacht fernhielt. Als Thirishri ihn näher betrachtete, beteuerte er gerade seine Unschuld. »Aber ich kann gar nichts dafür. Ich sah sie durch den Tempel schleichen und das Essen klauen und habe erst später rausgekriegt, was sie sonst noch gestohlen hat. Ich bin ihr gefolgt, weil klar war, dass sie in Schwierigkeiten kommt, und ich wollte ihr helfen. Die ganze Zeit über habe ich versucht sie zu überreden, dass sie umkehrt, aber sie wollte nicht.«
    Reichlich verärgert, weil sich die vier ausschließlich mit ihren eigenen Angelegenheiten befassten und sie gar nicht beachteten, beschloss sie, dass es Zeit war einzuschreiten. Sie richtete sich würdevoll auf und trat einen Schritt vor, sodass die vier Menschen verstummten und sie ansahen. »Ich heiße Helverien«, begann sie. »Dies hier ist seit ungezählten Jahrhunderten mein Aufenthaltsort und Gefängnis. Ehe ihr noch ein weiteres Wort sagt, will ich wissen, wer ihr seid, wie ihr hierher kommt und was ihr hier zu suchen habt.« Sie deutete auf den Tisch auf der Terrasse und schuf für die Neuankömmlinge zwei zusätzliche Stühle. Ihren Gesichtern nach zu urteilen, beeindruckte auch diese beiden die Entstehung von Möbeln aus dem Nichts. Thirishri seufzte. Helverien beachtete sie nicht, sondern richtete ihre ganze Aufmerksamkeit auf die neuen Gäste. »Nun?«
    Es folgten einige verwirrende Geschichten. Trotz Thirishri, die als Zeitgenossin gelegentlich mit erhellenden Bemerkungen half, brauchte Helverien eine Weile, um alle Erzählteile in den richtigen Zusammenhang zu bringen – und wenn sie ehrlich sein sollte, fand sie es langweilig, sich mit den herrschaftlichen Überlegungen und den kleinlichen Machenschaften in den Reihen der Überlebenden dieser Stadt zu befassen, welche Aliana dazu veranlasst hatten, sich in die Höhlen unter den Tempel zu schleichen. Von der ganzen Geschichte war überhaupt nur eine Sache von Bedeutung. »Darf ich den Ring einmal sehen?«, fragte sie.
    Widerstrebend und mit einem misstrauischen Blick zu ihrem gebieterischen Gefährten zog die Fremde ihn aus der Tasche, wickelte ihn aus und legte ihn auf den Tisch, wo der große rote Stein leuchtete wie die Glut in der Asche. Helverien keuchte. »Ich ahnte es! Wisst ihr, was das ist? Das ist ein Schlüssel. Ein Schlüssel, mit dem man die Schleierwand

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