Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
unterstützten – hauptsächlich Veldan und ihre Kumpane. Während sie den Gang entlangschwebte, wurden ihre Gedanken immer finsterer. Es war Zeit, ein paar offene Rechnungen zu begleichen.
Es war gut, dass Vifang nur ein kurzes Stück zu fliegen hatte, denn ihre Augen tränten so sehr, dass sie kaum sehen konnte und heftig von einer Seite zur anderen schlingerte. Gerade noch rechtzeitig gelang ihr ein gleichmäßiger Gleitflug, sodass sie den Tunneleingang nicht verfehlte, und sie war ziemlich stolz, als sie in einem sauberen Bogen in die finstere Öffnung glitt. Dann verloren derlei Gedanken ihre Bedeutung, während sie sich vorsichtig durch das Lager der Ak’Zahar bewegte.
Es kam ihr zugute, dass sie bei ihrer langen, erfolgreichen Arbeit als Meuchelmörderin gelernt hatte, die Angst durch eine völlige Sammlung ihrer Kräfte zu unterdrücken. Bei ihrer ersten Erkundung hatte sie beobachtet, wie sich die Ak’Zahar bewegten, wie sie schliefen und sich gegeneinander verhielten. Jetzt würde sich herausstellen, wie viel sie dabei gelernt hatte. Die Räuber hingen dicht zusammengedrängt in der Mitte des Tunnels, wo das Licht der beiden Ausgänge nicht hinkam. Im Dunkeln sahen die Ak’Zahar ausgezeichnet, und Vifang konnte alles klar und deutlich erkennen, wenn auch in grün-grauen Schattierungen. Die Scheusale schliefen nicht in wahlloser Anordnung, sondern die kleinsten und schwächsten befanden sich am Rand, wo sie am meisten dem Tageslicht, dem kalten Wind und jeglichem Geschöpf ausgesetzt waren, das verrückt genug wäre, die gierigen Ungeheuer aufzuschrecken.
Wie ich.
Ganz junge waren nicht zu sehen, und die Takur fragte sich kurz, wie sie geboren und großgezogen wurden. Dann dachte sie, dass eine Kinderstube der Ak’Zahar das Letzte wäre, was sie von innen zu sehen wünschte – außer natürlich es handelte sich um das Innere eines Ak’Zaharbauchs.
Ehe sie der Gruppe zu nahe kam, flog sie an die Tunnelwand und hielt sich mit Händen und Füßen an dem rauen Stein fest, wie sie es bei den anderen gesehen hatte. Dabei erkannte sie die zweite Bedeutung der langen, gebogenen Krallen. Sie ermöglichten ihr, sich fest an die Wand oder sogar an die Decke zu klammern, während sie das geringfügige Gewicht des ausgezehrten, hohlknochigen Körpers trugen, ohne dass es schwierig oder unbequem wurde.
Die seltsam hastigen Seitwärtsbewegungen der Ak’Zahar nachahmend, näherte sie sich an der Wand entlang der schlafenden Gruppe. Es gab ein gedämpftes Zischen und ein trockenes Rascheln von den Flügeln, und alle Köpfe drehten sich gleichzeitig, um den Neuankömmling zu betrachten. Dutzende Augen, die sie mit ihrer neuen Sehkraft als kleine weiße Lichter sah, waren starr und gefühllos auf sie gerichtet. Vifang schauderte. Ihr war plötzlich kalt und übel, aber sie wusste, dass es entscheidend war, ihre wachsende Angst zu beherrschen. Wenn die anderen ihre Angst witterten, würden sie ihre Schwäche ausnutzen und sie in Stücke reißen.
Einen Moment lang hielt sie inne und dachte an Amaurn und welche Hoffnung er ihrem Volk gemacht hatte, wie viel Freude sie empfunden hatte, als sie sich einer Gruppe Wissenshüter anschließen durfte, und welch warmes, völlig ungewohntes Gefühl der Zugehörigkeit dadurch in ihr geweckt wurde. Sie dachte an Elion und wie sehr sie inzwischen seine Gesellschaft schätzte und sich von ihm geachtet fühlte. Vor allem aber dachte sie an die Zukunft, wo allerhand Abenteuer und neue Erfahrungen auf sie warteten – wenn sie nur die nächsten ein, zwei Stunden überleben würde.
Diese Gedanken festigten sie und stärkten ihren Mut, und sie gewann die kalte Gelassenheit zurück, mit der sie sich stets ihren Aufgaben gestellt hatte. Sie holte tief Luft und bewegte sich mit großer Achtsamkeit vorwärts. Um die Sprengladungen anzubringen, wie Kher es verlangte, würde sie genau durch die Mitte der Gruppe und zur anderen Seite wieder herausschleichen müssen – und sie spürte, das würde den Ak’Zahar gar nicht gefallen.
Wenigstens war der Gestank der Biester nicht so überwältigend, da sie selbst genauso roch. Vifang klebte die erste Ladung am Rand des Gedränges an die Tunneldecke und begann dann ihre gefährliche Reise zur Mitte. Wie erwartet leisteten die schwächlichen Geschöpfe am Rand kaum Widerstand. Als sie in ihre neue Gestalt geschlüpft war, hatte sie sich vorsichtshalber größer und kräftiger als die anderen gemacht. Bei der Beobachtung des Gefangenen
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