Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit
bestimmt etwas tun können, um dieses Unglück zu verhindern!
Aber wenigstens konnte sie jetzt etwas tun. Sie drehte sich zu Seriema und ihren Leuten um, die den Ereignissen ratlos zugeschaut hatten. Man konnte ihnen ihr Unverständnis nicht übel nehmen. Schließlich waren sie keine Gedankenleser, konnten den Windgeist nicht sehen und wussten nicht einmal, dass es Windgeister gab. Nach ihrem Verständnis war der Feuerdrache – schon für sich genommen eine Erscheinung, die ihnen zu denken gab – von einer unsichtbaren Kraft durch die Luft geschleudert worden, und Toulac hatte in der Mehrzahl geredet, aber nur einen Menschen angesprochen.
Und dieser eine … Bei seinem Anblick fühlte Helverien ihr Herz höher schlagen. Er war doch kein … Er konnte doch nicht … Doch sie wusste es sehr wohl. Auch nach so langer Zeit erkannte sie ihresgleichen. Dieser Mann, den sie Amaurn nannten, stammte vom Zaubervolk, genau wie sie. Aber warum war er hier? Wie war er entkommen? Diese Entdeckung genügte, dass sie schlagartig handelte. »Ihr bleibt hier«, herrschte sie ihre menschlichen Gefährten an. »Für euch Menschen ist es zu gefährlich, da unten herumzulaufen – ja, auch für euch, Galveron und Cetain. Ich werde hinuntergehen und sehen, was da vor sich geht.«
Ehe einer etwas fragen oder sich entrüstet äußern konnte, war sie fort, eilte die Wendeltreppe hinab, so schnell ihre Beine sie trugen. Auf halbem Weg hielt sie inne, drehte sich um und kam zurückgerannt. »Gebt mir diesen Ring«, befahl sie. Aliana war zu verdutzt und gehorchte ganz gegen ihre Gewohnheit. Helverien nahm den Hierarchenring mit dem leuchtenden roten Stein, schob ihn sich ohne alle Förmlichkeit über den Finger und stob endlich die Treppe hinab.
Als sie unten angelangt war, musste sie gekränkt feststellen, dass alle mit dem Schicksal des Feuerdrachen beschäftigt waren und niemand sie beachtete. Sogar Thirishri war zu sehr aus der Fassung gebracht, um zu reden.
Sie piekte sich einen Mann mit strengem Gesicht heraus, der ein wenig abseits stand. »He, du da! Was geht hier vor?«
Er sah sie überrascht, dann ärgerlich an. »Ich weiß zwar nicht, wer du bist, werte Dame, aber du solltest mehr Ehrfurcht bezeugen. Einer unserer Freunde liegt im Sterben.«
Helverien atmete einmal tief durch. Mist! Hatten die vielen einsamen Jahre sie völlig vergessen lassen, wie man sich anständig benahm? »Ich bitte um Verzeihung«, sagte sie. »Mein Name ist Helverien, und ich habe nur überlegt, ob ich helfen kann.«
Er schüttelte den Kopf. »Danke für dein Anerbieten, aber da ist nichts, was man …« Plötzlich neigte er den Kopf zur Seite, als lauschte er auf etwas. Dann riss er die Augen auf. »Sagtest du Helverien? Die Helverien?« Dann schien er sich zu besinnen. »Nein, nein – natürlich nicht. Das war vor so langer Zeit, dass -«
»Doch, ich bin es«, fiel ihm die Zauberin grimmig ins Wort. »Ich bin wahrhaftig hier. Man hat mich außerhalb der Zeit hier unten eingesperrt … Aber woher weißt du das? Wie kannst du mich denn kennen? Und wer bist du überhaupt?«
Sein Name war Zavahl – aber er war nicht einfach irgendein Mann. Kurz erzählte er ihr seine Geschichte, und die war genauso unglaublich wie ihre eigene. Wie war es möglich, dass er seinen Körper mit dem Geist und Verstand eines Drachen teilte? Eines Sehers noch dazu? Natürlich war es der Drache gewesen, der sie auf Grund seiner ererbten Erinnerungen erkannt hatte. Dann begriff sie plötzlich, was sein Hiersein bedeutete. »Aethon«, sprach sie ihn an, »hier könnte das Wunder liegen, das wir jetzt brauchen. Wir beide, ich mit meinen Kenntnissen und du mit deinen Erinnerungen, könnten vielleicht das Mittel finden, um die Schleierwand wiederherzustellen.«
Aethon war begeistert. Als er das Gesicht dieser Frau sah, brausten Erinnerungen eines längst entschwundenen Vorfahren auf ihn ein. Helverien vom Zaubervolk, die eine, die Verrat übte, um ihr Volk aufzuhalten, dass es nicht in seinem Hochmut die ganze Welt überrannte. Ihr Volk hatte einen erschreckenden Preis dafür bezahlt und sie auch, aber für das Drachenvolk war sie dennoch eine Heldin. Wie es sich zutragen konnte, dass sie nun aus dem Nebel der Vergangenheit zu ihm kam, das wusste er nicht, aber das war nicht der Augenblick für solche Fragen. Ihnen blieb nicht viel Zeit. Wenn sie das Mittel fänden, um das Gefüge der Welt zu richten, könnten sie vielleicht auch etwas finden, um dem Feuerdrachen zu
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