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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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schwer zu glauben, dass hier ein Kampf um das Leben des früheren Archimandriten stattfand. Syvilda war nicht vom Krankenbett ihres Lebensgefährten gewichen, außer wenn die Heiler sie kurz hinausjagten, damit sie ihre Arbeit tun konnten. Ihr kam es vor, als wäre ihre Anwesenheit in dem Zimmer lebensnotwendig, dass er ihre Kraft brauchte und ihren Willen, um am Leben festzuhalten. Trotzdem konnte sie es kaum ertragen, Cergorn anzusehen. Der Zentaur lag so bleich und still da, ohne ein äußeres Anzeichen seines verzweifelten Ringens. Er sah so schwach und klein aus, man konnte sich kaum vorstellen, dass er gestern noch der Anführer des Schattenbundes gewesen war: kraftvoll, mächtig und stark. Sein gebrochenes Vorderbein – für einen Zentaur ebenso schlimm wie für ein Pferd – war verbunden und wurde von einem glänzenden Stoff, den Syvilda nicht kannte, ruhig gestellt. Die entsetzlichen Wunden, die die sterbende Skreeva ihm zugefügt hatte und die den Heilern so viel Sorge und Arbeit machten, waren gereinigt, genäht und verbunden worden und mit weißen Laken bedeckt. Fremdartige Gerätschaften, die vom Wissen einer lange verschwundenen Zivilisation zeugten, sprossen aus seinem Leib wie die Ranken einer Schmarotzerpflanze.
    Drei große Kristalle, jeder größer als ein Menschenkopf, waren über dem Bett aufgehängt. Sie summten und glühten jeder in einer anderen Farbe. Einer strahlte ein wirbelndes grünes Licht aus, das Cergorn in dunklen Schein tauchte, der langsam um ihn herumtrieb, sich kräuselte und glitzerte und ihn aussehen ließ, als läge er in einer zähen Flüssigkeit. Der zweite versprühte einen funkelnden goldenen Glanz, als ginge ein dauernder Funkenregen auf das Bett nieder. Wenn Syvilda die Hand hineinstreckte, kribbelte ihr die Haut und pulsierende Kraft strömte durch ihre Adern. Der dritte und größte Kristall badete den Zentauren in einem satten blauvioletten Lichtstrahl. Laut dem Heiler Quave wirkte der grüne Schein gegen Krankheitserreger, der goldene Funkenregen gab Cergorn die Kraft, den fürchterlichen Schock, den sein Körper erlitten hatte, zu überwinden, und die tief blaue Strahlung sollte die Heilung beschleunigen.
    »Wie kommt diese Wirkung zustande?«, hatte Syvilda gefragt.
    Quave hatte die Achseln gezuckt. »Das weiß niemand. Wir haben es nie ergründen können. Wir wissen nur, dass es wirkt, und danken der Vorsehung, dass wir sie überhaupt einsetzen können.«
    Auch Syvilda dankte der Vorsehung für die fremdartigen Geräte, vor allem aber für die Heiler, die zweifellos ihrem Gefährten das Leben gerettet hatten. Da waren Quave, ein grauhaariger Mensch und unermüdlicher Kämpfer gegen Unwissenheit, Krankheit und Tod; die kleine, schwarze Myssil, eine geschmeidige, unermüdlich tätige Dovruja, der eine wilde Klugheit aus den Augen leuchtete; die geisterhafte Shimir von den Takuru, einem gestaltwandelnden Volk aus dem Rakhawald im Süden.
    Shimir wachte mit ihr über den bewusstlosen Cergorn. Um dessen gedankenverlorene Lebensgefährtin nicht zu beunruhigen, hatte sie die Gestalt eines Zentauren angenommen, mit weißgesträhnten, schwarzen Haaren, die zu ihrem gescheckten Pferdeleib passten. Syvilda schätzte sie für ihr Taktgefühl und ihre Rücksichtnahme – am meisten aber für ihre heilerischen Fähigkeiten, wo die Merkmale der Takur erst besondere Wirkung entfalteten. Sie konnte mit unglaublicher Feinfühligkeit jeden Wechsel bei der Temperatur, Feuchtigkeit oder Geschmeidigkeit der Haut wahrnehmen. Sie konnte ihre Gliedmaßen jedem noch so heiklen und kniffligen Eingriff anpassen. Mit ihrem Sehvermögen konnte sie nicht nur winzige Einzelheiten wie die Zusammensetzung der Zellen und des Blutes betrachten, sondern auch unmittelbar in den Körper hineinsehen und die Organe und Knochen nach Verletzungen und Hinweise auf Erkrankungen absuchen.
    Die Takuru konnte man leicht übersehen, grübelte Syvilda. Obwohl nur eine Hand voll von ihnen in Gendival lebte, zogen sie es vor, unter sich zu bleiben, und weil sie ihre Gestalt einfach allem angleichen konnten, sah man sie selten – es sei denn, sie wollten es. Damit wären sie für den Schattenbund die denkbar besten Späher gewesen, aber die anderen Wissenshüter mochten diese schemenhaften Geschöpfe mit den seltsam formlosen Körpern, die von einer Gestalt in die andere fließen konnten, zumeist nicht. Obwohl ihr schlechter Ruf im Allgemeinen unverdient war, empfand kaum jemand Zutrauen zu einem Wesen, das sich

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