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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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zu suchen oder bauen zu lassen.
    Bis dahin konnte er das Versammlungshaus benutzen. Zwar würde niemand die weite Halle behaglich nennen, denn sie war groß genug, um Wissenshüter von jeder Gestalt und Größe aufzunehmen – aber so passte eben auch ein bedrohlicher Koloss wie Maskulu hinein, der die vollkommene Abschreckung für jeden erklärten wie verdeckten Feind des neuen Archimandriten war. Nach dem langen und keineswegs freundschaftlichen Gespräch mit dem Afanc, welches allenfalls in einen zögerlichen Waffenstillstand gemündet war, hatte Amaurn genug Gegnerschaft für einen Tag erlebt.
    In einer Ecke des Raumes stand ein Stuhl und ringsherum Arbeitstische. Die waren im Laufe des Morgens unter Haufen von Karten und Augenzeugenberichten verschwunden, ganz zu schweigen von dem vielen Papier, das mit seiner Handschrift bedeckt war – wobei er von Glück sagen konnte, wenn er je entziffern würde, was er da hingeschmiert hatte. Seine rechte Hand war ruhig gestellt, und so hatte er mit der anderen so gut es ging zurecht kommen müssen. Wegen der Verletzung durch Cergorn, der ihm das Schwert aus der Hand getreten hatte, war sein Arm von den Fingerspitzen bis zum Ellbogen verbunden und lag in einer Schlinge. Einen ähnlichen Verband trug er fest um die Rippen gewickelt, und der stechende Schmerz, den er bei jedem Atemzug verspürte, erinnerte ihn beständig daran, was für ungeheure Waffen die Hufe eines Zentauren darstellten. Zählte man diese Verletzungen zu den Nachwirkungen seines Sturzes von den Felsen dazu, dann waren nur wenige Körperteile übrig, die nicht auf die eine oder andere Art schmerzten. Heute jedoch hatte der Archimandrit wenig Zeit, um sich mit seinen Schmerzen abzugeben, denn er wollte sich ein vollständiges Bild von dem um sich greifenden Unheil machen, das alle Reiche befiel, seit die Schleierwand begonnen hatte zu schwinden.
    Wann immer möglich hatte Amaurn Wissenshüter und Flüchtlinge aus den getroffenen Gebieten befragt. Was sie erlebt hatten, war schrecklich anzuhören. Viele Reiche hatten umwälzende Naturkatastrophen erlebt. Dürren, Überschwemmungen, Erdrutsche und gewaltige Stürme brachten Verwüstung und Elend, und er erkannte, dass Callisiora mit seinem unaufhörlichen Regen nicht einmal am schlechtesten dastand. Nur Gendival, das der Kraft seiner Schleierwand mit Hilfe der Kunst der Alten verbotenerweise nachhelfen konnte, war verschont geblieben – vorerst. Ein Blick auf den Zustand dieses Kraftschilds an der Grenze zu Callisiora hatte ihn davon überzeugt, dass sich auch die Zeit des Schattenbunds dem Ende zuneigte.
    Andere Länder wie die Halbinsel Nemeris und ihre vorgelagerten Inseln waren vom Krieg verwüstet, seit Geschöpfe von fremden Küsten versucht hatten, die Buchten und Riffe der warmen Gewässer, welche reichlich Wohnraum und Nahrung versprachen, zu erobern. Amaurn hatte ausführlich mit Kyrre, der Wissenshüterin der Dobarchu, gesprochen, die als Erste von den Gräueln Nachricht gegeben hatte. Sie hatte sich von den schrecklichen Erfahrungen und ihren Verletzungen noch nicht erholt. Ein Unterwasservulkan war ausgebrochen, was viele das Leben gekostet hatte, und dann waren die Nixen und Haie eingefallen. Als Kyrre ihr Land schließlich verlassen hatte, waren von ihrem Volk nur noch eine Hand voll übrig, belagert in einer Meeresbucht, wo sie um ihr Leben kämpften. Seit sie in Gendival angekommen war, hatte sie nichts mehr von ihnen gehört, und sie befürchtete das Schlimmste.
    Nachdem Kyrre, die noch leicht ermüdete, sich wieder zu den Heilern begeben hatte, konnte Amaurn seine Gedanken nicht mehr beieinander halten. Er war umgeben von den Beweisen seiner furchtbaren Tat.
    Wie hätte ich ahnen sollen, dass ich solches Unheil entfessle? Das habe ich nie gewollt!
    Die Stimme seines Gewissens, die so lange stumm gewesen war, schien in der gesunden Luft Gendivals neu erwacht zu sein.
    Niemand wusste besser als du, dass diese Gefahr bestand. Du wolltest die Möglichkeit nur nicht bedenken. Es hätte deine Pläne gestört.
    Nur die eiserne Selbstbeherrschung, die er in seinen Jahren als Hauptmann Blank erlernt hatte, hielt ihn am Arbeitstisch. Nach außen war er ruhig und gefasst, während er mehr und mehr Erkenntnisse zueinander in Beziehung setzte, die ihn, sollten die anderen Wissenshüter je seine Einmischung entdecken, restlos verurteilten. Wie lange würde er in einer Gemeinschaft, die hauptsächlich aus Gedankenlesern bestand, seine Schuld geheim halten

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