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Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit

Titel: Der Schattenbund 03 - Das Auge der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maggie Furey
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fand Kalt nach kurzer Strecke, der die Verfolgung aufgenommen hatte und sich der Gestalt in der Luft nicht bewusst war, die zwischen den wehenden Graupelvorhängen halb verborgen schnell näher kam.
    In diesem Augenblick kam ihm sein Groll gegen den Überbringer unbedeutend vor. Obschon er sie beide in diese Lage gebracht hatte, so war er doch ein Mensch und kein schändliches, grausames Ungeheuer. Außerdem mochte er vielleicht geheimnisvolle Kräfte besitzen oder ein Mittel kennen, um sie beide zu verteidigen, von dem Scall nichts ahnte. »Kalt! Pass auf! Über dir!« Mit aller Kraft schrie er die Worte in den Sturm.
    Ohne abzuwarten, ob Kalt ihn verstanden hatte, sah er sich suchend nach etwas um, das als Waffe taugte. Einer der Bäche floss unmittelbar neben ihm, am Rand des flachen Bettes lagen glattgewaschene Steine verschiedenster Größe. Scall glitt aus dem Sattel. Dabei vergaß er nicht, einen Arm durch die Zügelschlinge zu stecken, wie Tormon ihn gelehrt hatte, damit das Pferd nicht weglaufen konnte. Er bückte sich und ergriff ein Wurfgeschoss. Als Lehrling im Heiligen Bezirk war er unter seinen Kameraden immer der beste Steinewerfer gewesen. Er zielte auf die schwarze Gestalt, die dicht über Kalts Kopf kreiste, und warf.
     
    Kalt hatte Scalls Schrei gehört, aber bei dem Dröhnen der Schleierwand und dem Geheul des Sturms hatte er kein Wort verstehen können. Kaum dass er sich über das Entsetzen im Gesicht des Jungen wunderte, da begann Scall, Steine nach ihm zu werfen.
    Obwohl der Überbringer bei mehreren Gesprächen über die fliegenden Ungeheuer dabei gewesen war, hatte diese Gefahr von oben für ihn etwas Unwirkliches bewahrt, das außerhalb des Erfahrbaren lag, und es kam ihm vollkommen unnatürlich vor, nach einer Bedrohung am Himmel auszuschauen. Außerdem hatte niemand erwartet, dass die Tod bringenden Kreaturen schon so bald von so weit her kämen. In dem Glauben, er sei Scalls Ziel, krümmte er sich dicht über den Hals des Pferdes, was seine Sicht noch weiter einschränkte.
    Plötzlich traf ihn etwas mit beträchtlicher Wucht, schlug ihn aus dem Sattel und trieb ihm den Atem aus der Lunge. Er schlug hart auf dem Boden auf, schlug sich den Kopf an, und entging nur knapp den Hufen der beiden von Angst gepackten Pferde. Benommen versuchte er, sich herumzurollen, um auf Hände und Knie zu gelangen und aufzustehen, aber ein Gewicht drückte ihn nieder und hielt ihn am Boden fest. Als seine Benommenheit von dem Sturz nachließ und das bunte Flimmern im Kopf verschwand, schlug er die Augen auf – und blickte in das Antlitz des Todes.
    Die schmalen, knochigen Gesichtszüge seines Angreifers waren viel schrecklicher als seine eigene Totenmaske je erscheinen konnte, vielleicht um so mehr, da sie eine grauenhafte Verzerrung des menschlichen Gesichts darstellten. Der Mund war der gierige Rachen eines Raubtieres und voller grausamer, spitzer Zähne. Er stank nach faulendem Fleisch, und in den mitleidlosen Augen brannte ein unirdisches rotes Licht. All das sah Kalt in einem einzigen, starren Moment des Schreckens, und das Bild brannte sich ihm unauslöschlich ins Gedächtnis.
    Der Tod hockte über ihm wie ein Falke auf der Beute und stieß ein langes Fauchen aus. Die großen, schwarzen Flügel waren über Kalt ausgebreitet und schlossen das Licht aus. Die langen, scharfen Krallen der einen sehnigen Hand stachen ihm durch den Kleiderstoff in die Haut, während die andere mit ausgefahrenen Krallen erhoben war, im Begriff, ihn zu zerreißen. Kalt bog den Kopf weg und schrie vor Angst, überzeugt, dass sein letzter Augenblick gekommen war, aber die Kreatur zögerte, legte den Kopf zur Seite. Der Anblick seiner Maske verwirrte sie eindeutig. Sie gab einen kleinen, fragenden Laut von sich, streckte die Klaue aber weiter vor und griff zaghaft nach seinem Gesicht – dann taumelte sie mit einem Mal und fiel mit einem Aufschrei zur Seite, der urplötzlich abbrach, als Scall hinter ihr auftauchte und sie mit einem Stein schlug.
    Der Bursche stand über ihm und wog den blutigen Stein in der Hand, als dächte er darüber nach, den Überbringer ebenfalls damit zu erschlagen. Kalt sah, dass alles Jungenhafte aus dem Gesicht verschwunden war. »Ich nehme an, du weißt, was das war«, sagte er gefährlich ruhig. »Da du uns nun in diesen Schlamassel gebracht hast, möchtest du mir nicht endlich sagen, was du als Nächstes vorhast? Denn wo eines dieser Ungeheuer ist, werden bald mehr sein, und ich glaube nicht, dass

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