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Der Schattengaenger

Der Schattengaenger

Titel: Der Schattengaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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respektiert.«
    »Was meinst du damit?«
    »Dass ich dir keine Blumen geschickt habe, Jette.«
     
    Merle war gerade mit dem Frühstück fertig, als Jette sich meldete. Merle hörte Vogelgezwitscher im Hintergrund, das bedeutete, dass sie aus dem Park anrief.
    »Die Blumen …«, sagte sie atemlos.
    »… sind echt stark. Sie bringen die ganze Küche zum Leuchten.«
    »Ich dachte, sie wären von Luke«, sagte Jette. »Aber er wusste gar nichts davon. Sie lagen heute Morgen vor der Tür. Können sie für dich sein, Merle?«
    »Machst du Witze? Claudio weiß nicht mal, wie man Blumen buchstabiert, und ein anderer glühender Verehrer ist mir in letzter Zeit nicht untergekommen. War denn keine Karte dabei?«
    »Nein.«
    Beide schwiegen erschrocken, und beide dachten dasselbe, da war Merle sich sicher. »Ich rufe jetzt den Kommissar an, Jette.«
    »Und was soll der tun? Fingerabdrücke von den Blütenblättern nehmen?«
    Merle hob den Strauß aus der Vase.
    »Kannst du vergessen«, sagte Jette, als hätte sie das zweite Gesicht. »Er hat sie mit einem Seidenband zusammengebunden und selbst dabei hat er wahrscheinlich noch Handschuhe getragen. Es gibt keine Fingerabdrücke. Er ist schlau, Merle.«
    »Trotzdem sag ich dem Kommissar Bescheid.«
    »Merle?«
    »Ja?«
    »Ich hab Angst.«
    »Im St. Marien bist du in Sicherheit«, beruhigte Merle sie. »Lass dich nach dem Dienst von jemandem zum Auto bringen, damit du nicht allein über den Parkplatz laufen musst, und drück unbedingt die Zentralverriegelung.«
    »Und du?«
    Merle dachte an all die Fenster, die offen standen, und nahm sich vor, sie nach dem Gespräch sofort zu schließen. »Um mich mach dir mal keine Sorgen. An unseren Kampfkatzen kommt keiner vorbei.« Sie hörte Jette kichern und freute sich darüber. »Und im Tierheim bin ich keine Sekunde allein.«
    »Aber die Fahrt …«
    »Ich werde in die Pedale treten, als wär ich bei der Tour de France.«
    Und was ist am Abend, dachte Merle, wenn wir allein im Haus sind? Und in der Nacht? Was, wenn der Typ endgültig durchknallt?
    »Hat gutgetan, mit dir zu sprechen«, sagte Jette.
    »Danke, gleichfalls.«
    Nachdem alle Fenster geschlossen waren, fühlte Merle sich so eingesperrt, dass ihr das Atmen schwerfiel. Sie riss die Tür zum Innenhof auf und stürzte hinaus. Du kannst mich mal, dachte sie, hielt das Gesicht in die Sonne und atmete gleichmäßig ein und aus.
    Dann lief sie in die Küche zurück, nahm den Blumenstrauß und pfefferte ihn in den Müll. Sie riss die erst halb volle Tüte aus dem Eimer, rannte zum Stall und stopfte sie voller Abscheu und voller Wut in die Abfalltonne. Erst danach war ihr  leichter zumute. Sie duschte, zog sich an, schwang sich aufs Fahrrad und raste Richtung Tierheim, als hinge ihr Leben davon ab. Den Gedanken daran, dass es genau so sein könnte, ließ sie gar nicht erst zu.
     

Kapitel 25
    Berts Ermessensspielraum war nicht groß, trotzdem verzichtete er darauf, sich um Rückendeckung vom Chef zu bemühen. Persönlichkeiten, die in der Öffentlichkeit standen, wurden vom Chef hemmungslos umschmeichelt und umgarnt, aber wenn auch nur der Hauch einer Möglichkeit bestand, sich die Finger zu verbrennen, ging derselbe Mann ganz schnell auf Tauchstation.
    Ein Gespräch mit Isa war für Bert der letzte Anstoß gewesen, einen Beamten abzustellen, der nachts den Bauernhof in Birkenweiler im Auge behalten sollte.
    »Was will der Täter von Jette?«, hatte er Isa gefragt, denn dass Merle in dieser Geschichte nur am Rande eine Rolle spielte, war ihm klar.
    »Er will, was er von Anfang an wollte - Imke Thalheim. Ihre Tochter ist nur Mittel zum Zweck.«
    »Es kann nicht sein, dass ihm das Mädchen gefällt?«
    »Eine Übertragung? Das halte ich für unwahrscheinlich, aber ausschließen kann ich es nicht.«
    »Klare Worte. Da weiß ich ja jetzt, woran ich bin.«
    Isa hatte ihn milde angelächelt. »Ich bin Psychologin, Bert, keine Hellseherin. Mit einer Glaskugel oder Kaffeesatzhokuspokus kann ich dir nicht dienen.«
    »Du hast ja recht.« Bert konnte sich selbst nicht leiden. »Ich hasse es nur, im Nebel herumzustochern, während sich da draußen weiteres Unheil zusammenbraut.«
    Er hatte den Mädchen einen Besuch abgestattet, um die Situation mit ihnen zu bereden. Beide waren nicht dazu bereit gewesen, ihren Tagesablauf auch nur minimal zu verändern.
    »Wir haben unseren Job«, hatte Jette gesagt, »und wir werden uns nicht verkriechen. Wenn es dem Wahnsinnigen gelingt, uns einzusperren,

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