Der Schattenprinz
Decado und ging zurück zu den anderen.
»Seht ihr, was ich meine?« fragte Ananais. »Unheimlich. Nicht menschlich.«
»In meinem Land gibt es auch Menschen mit ähnlichen Gaben«, sagte Pagan.
»Und was tun sie bei euch?« fragte Steiger.
»Sehr wenig. Wir verbrennen sie bei lebendigem Leibe«, antwortete Pagan.
»Ist das nicht ein bißchen übertrieben?«
»Vielleicht«, antwortete der schwarze Mann. »Andererseits halte ich auch nichts davon, mit Traditionen zu brechen!«
Tenaka ließ sie allein und ging zu Renya hinüber, die mit Valtaya, Parsal und der Frau aus dem Dorf zusammensaß. Als Renya ihn kommen sah, schlug ihr Herz schneller.
»Willst du ein Stück mit mir gehen?« fragte er. Sie nickte, und zusammen entfernten sie sich von den Feuern. Die Sonne schien hell und schimmerte auf den silbernen Fäden in Tenakas Haar. Sie sehnte sich danach, ihn zu berühren, doch ihr Instinkt hieß sie warten.
»Es tut mir leid, Renya«, sagte er und nahm ihre Hand. Sie blickte in die schrägen, violetten Augen und sah den Kummer darin.
»Hast du die Wahrheit gesagt? Hättest du den Dolch benutzt?« Er schüttelte den Kopf.
»Willst du, daß ich bei dir bleibe?« fragte sie leise.
»Möchtest du bleiben?«
»Ich habe keinen anderen Wunsch.«
»Dann vergib mir, daß ich so dumm war«, bat er. »Auf solche Dinge verstehe ich mich nicht gut. Mit Frauen war ich schon immer ungeschickt.«
»Ich bin sehr froh, das zu hören«, sagte sie lächelnd. Ananais beobachtete sie, und sein Blick fiel auf Valtaya. Sie unterhielt sich mit Galand und lachte.
Ich hätte mich von dem Bastard töten lassen sollen, dachte er.
Die Reise nach Skoda dauerte drei Tage, denn sie mußten wachsam sein. Acuas erzählte Decado, daß der Kommandant der Festung Delnoch nach dem Tod seiner Soldaten Patrouillen in ganz Skultik und den umgebenden Landstrichen ausgeschickt hatte, während im Süden Reiter der Legion das Land nach Rebellen durchkämmten.
Tenaka nahm sich Zeit, mit den Führern der Dreißig zu reden, denn trotz der vielen Legenden wußte er nur wenig über ihren Orden. Den Geschichten nach waren die Dreißig Halbgötter mit ehrfurchtgebietenden Kräften, die auszogen, um im Krieg gegen das Böse zu sterben. Das letztemal waren sie in Dros Delnoch aufgetaucht, als der Albino Serbitar an der Seite des Bronzegrafen kämpfte und sie die Horden Ulrics zurückschlugen, des größten Nadir-Feldherrn aller Zeiten.
Doch obwohl Tenaka viele Fragen stellte, erfuhr er nur wenig.
Sie waren höflich und zuvorkommend, doch ihre Antworten schwebten wie Wolken über seinem Kopf, unverständlich für normale Menschen. De-cado war nicht anders; er lächelte lediglich und wechselte das Thema.
Tenaka war nicht religiös, doch er fühlte sich unter diesen Krieger-Priestern unbehaglich, und seine Gedanken kehrten immer wieder zu den Worten des blinden Suchers zurück.
»Gold, Eis und Schatten …« Der Mann hatte vorausgesagt, daß die drei zusammenkommen würden. Und sie waren zusammengetroffen. Der Blinde hatte auch die Bedrohung durch die Templer vorausgesagt.
In der ersten Nacht ging Tenaka zu dem alten Abaddon, und die beiden entfernten sich gemeinsam vom Feuer.
»Ich habe dich in Skultik gesehen«, sagte Tenaka. »Du wurdest von einem Bastard angegriffen.«
»Ja. Ich möchte mich für die Täuschung entschuldigen. Es war eine Prüfung, mein Sohn. Aber nicht nur für dich - auch für uns.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Das brauchst du auch nicht. Hab keine Angst vor uns, Tenaka. Wir sind hier, um dir zu helfen, wo wir nur können.«
»Warum?«
»Weil es der Quelle dient.«
»Kannst du mir nicht einmal ohne religiöse Rätsel antworten? Ihr seid Menschen - was gewinnt ihr bei diesem Krieg?«
»Nichts auf dieser Welt.«
»Weißt du, warum ich herkam?«
»Ja, mein Sohn. Um deine Seele von Schuld und Kummer zu befreien und Ceska zu töten.«
»Und jetzt?«
»Jetzt bist du gefangen zwischen Mächten, die du nicht beherrschen kannst. Dein Kummer wird von deiner Liebe zu Renya überstrahlt, aber die Schuld bleibt. Du hast dem Ruf nicht gehorcht, du hast deine Freunde verlassen, so daß sie von Ceskas Bastarden niedergemetzelt wurden. Du fragst dich, ob es anders verlaufen wäre, wenn du dem Ruf gefolgt wärst. Hättest du die Bastarde besiegen können? Mit dieser Frage quälst du dich.«
»Hätte ich die Bastarde besiegen können?«
»Nein, mein Sohn.«
»Könnte ich es jetzt?«
»Nein«, antwortete Abaddon traurig.
»Was tun
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