Der Schatz der gläsernen Wächter (German Edition)
wirklich Zeit, dass der Krieg weitergeht. Dann können wir euch endlich ein paar Manieren beibringen!«
Kriss fand keine Worte. Sie kochte vor Wut.
Lian trat vor. »Hört zu, Freund , wir –!«
»Freund?«, wiederholte der Parandirer beleidigt. » Freund ? Habt ihr Kinder eine Ahnung, mit wem ihr sprecht?«
»Ihr werdet’s uns sicher gleich sagen.«
Der Parandirer fuhr auf, die Hände auf die Tischplatte gestemmt. »Ich bin Robias Quelmorn, Sohn von Konteradmiral Barian Quelmorn, von der dritten Flotte Ihrer Majestät!«
Sein giftiger Blick prallte an Lian ab. »Ich bin unterwältigt.«
Kriss berührte seinen Arm. »Lian ...« Sie konnte sehen, wie der Parandirer unter der Schminke rot anlief.
»Ich habe es nicht nötig, mich zwei Gören zu erklären! Und wenn ihr mich noch länger belästigt, rufe ich die Wachen. Guten Tag! «
Lian setzte zu einer unfeinen Antwort an, aber Kriss konnte ihn rechtzeitig stoppen. »Komm«, sagte sie. »Lass uns gehen.«
» Und schließt die Tür hinter euch! «
Das taten sie. Zurück auf dem Korridor war Kriss eine Zeit lang damit beschäftigt ihre Wut zu zügeln. »Dieser widerwärtige, ignorante, engstirnige –!«
»Bastard«, half Lian ihr aus. »Alles richtig. Nur leider is’ die Welt voll von Leuten wie dem. Wenn du dich jedes Mal in Rage bringen lässt, wenn du so einem begegnest, wirst du nich’ viel Spaß am Leben haben.«
»Und was schlägst du stattdessen vor? Ohne das Buch –!«
»Wir machen, was man immer mit Leuten macht, die einem krumm kommen.«
»Und das wäre?«
»Sie austricksen. Wart’ hier. Oder besser, ein bisschen weiter weg!«
Sie hielt ihn zurück. »Was? Wieso? Was hast du vor?«
»Wart’s ab und vertrau mir, ja?«
Noch verwirrter als zuvor sah sie zu, wie Lian den Korridor verließ. Sie seufzte schwer.
Denkt denn die ganze Welt nur noch an Krieg?
Dabei hatten die Milorianer das Große Feuer nicht einmal angefangen. Zuerst waren es nur die Angoporier gewesen, die gegen die Parandirer gekämpft hatten. Danach waren die Hestrianer und die Ramakhaner hinzugestoßen. Dann die Talikurer, die Milorianer und die Ruminosaner. Und so weiter und so weiter, bis die ganze Welt in Flammen stand. Der erste große Krieg nach Ende der Ælonischen Epoche, in dem ælonische Waffen zum Einsatz kamen; die letzten, die den Königreichen noch verblieben gewesen waren. Nun, nachdem sie ihre Kampfmaschinen alle aufgebraucht hatten, war das Feuer ausgegangen. Aber seine Asche glühte noch immer und der Hass schwelte weiter unter der Oberfläche, während jede Nation auf der Welt verzweifelt nach weiteren Waffen aus der Vergangenheit suchte, mit denen sie ihre Gegner endgültig unterwerfen wollten.
Die Erinnerung an ihren Vater drängte sich wieder auf und Verzweiflung überkam sie, als sie sich vorstellte, wie viele andere Kinder ihre Väter an das Feuer verloren hatten. Wie viele Leben verbrannt waren, einfach so, für immer.
Da hörte sie Schritte. Einer inneren Eingebung folgend, huschte Kriss hinter die nächste Abzweigung des Korridors und verfolgte mit angehaltenem Atem, wie ein junger Bibliothekar auftrat. Er blieb vor dem Zimmer des Parandirers stehen und klopfte. »Ich sagte nein!«, hörte sie den geschminkten Gecken rufen. Erst als der Bibliothekar sich als solcher zu erkennen gab, wurde er eingelassen. Stille. Dann ein erschreckter Ausruf des Parandirers. Stirnrunzelnd sah Kriss zu, wie erst der Bibliothekar und dann der Sohn des Admirals den Raum verließ (letzterer nicht, ohne die Tür abzuschließen). Ein paar Herzschläge später waren beide außer Sicht.
Kriss schreckte zusammen, als Lian plötzlich neben ihr stand. »Beeilung!«, drängte er. »Der kommt bald wieder!« Er eilte zur Tür des Parandirers und Kriss eilte ihm nach.
»Was hast du –?«
»Keine Zeit für lange Erklärungen!«
Er sah sich zu beiden Seiten um und zog etwas wie ein Taschenmesser aus seiner Hosentasche, klappte einen gezackten Metallstiel davon ab und führte ihn in das Schlüsselloch. Ein Dietrich!
»Aber –!«, begann Kriss mit großen Augen.
Die Tür ging auf. »Na los!« Bevor sie protestierten konnte, zog Lian sie mit sich in den Raum. »Ich hab den Bibliotheks-Fritzen gebeten, unser’m Freund ’ne Nachricht zu überbringen«, erklärte er, als er die Tür hinter sich schloss. »Sein alter Herr is’ plötzlich krank geworden und man braucht ihn Zuhause.«
»Was?«, rief Kriss aus. »Und wieso hat der Bibliothekar sich darauf
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