Der Schatz des Blutes
kürzester Zeit so hervorgetan, dass es selbst für Eure erbittertsten Gegner nicht zu übersehen war. Zu diesen habe ich nie gehört, selbst wenn ich anfangs gern dabei war, wenn über Euch gelacht wurde. Doch da das Kriegervolk der Sarazenen in den Wüsten Syriens lauert und nach der Vertreibung der Türken nun zur neuen Bedrohung wird, die die ständige Bereitschaft und Wachsamkeit unserer Armee erfordert, konnte ich keinen einzigen Mann zur Bekämpfung der Briganten entbehren. Wer weiß, ob diese nicht zum Teil von den Sarazenen eingeschleuste Männer sind, die genau darauf abzielen – dass ich meine Streitmacht schwäche, indem ich sie aufteile.«
Er warb mit einem Achselzucken um das Verständnis der beiden Ritter.
»Doch dann kamt Ihr und habt Euch bei Picquigny vorgesprochen, der zwar ein Kirchenmann ist, aber auch ein fähiger Stratege und ein Pragmatiker, der keine Angst davor hat, für die gute Sache zu kämpfen. Wie Ihr wisst, hat er mir Euren Vorschlag vorgetragen und mir die zahlreichen Vorteile aufgezeigt. Dennoch war ich zunächst schockiert, denn es war – und ist – eine revolutionäre Idee. Kämpfende Ritter? Natürlich. Das ist angemessen und ganz nach Gottes Plan. Aber kämpfende Mönche? Was Gott dazu zu sagen hat, steht deutlich und unmissverständlich auf den Steintafeln, die Moses vom Berg Sinai mitgebracht hat: Du sollst nicht töten .«
König Baldwin bekreuzigte sich.
»Doch unser Patriarch, ein gläubiger, heiliger Mann, hat mich in seiner frommen Weisheit darauf hingewiesen, dass Gott oft selbst Abhilfe schafft, wenn Seine Lehren und Seine Kirche bedroht sind. Darüber habe ich lange nachgedacht und schließlich Warmunds Rat befolgt.«
Ein entschuldigendes Lächeln umspielte plötzlich Baldwins Mund.
»Allerdings habe ich mich auch sehr von dem Gedanken leiten lassen, dass mich Eure Dienste nichts kosten würden. Ich gestehe freimütig, dass ich sonst niemals zugestimmt hätte, Euch aus Euren ehemaligen Diensten zu entlassen. Jetzt kann ich sehen – und zwar, das betone ich noch einmal, ohne dass mich meine Frau mit der Nase darauf stößt –, dass es falsch von mir war, so –«, er schüttelte den Kopf, »– ich weiß nicht einmal, welches Wort ich dafür benutzen soll – so zynisch zu sein? So gierig? Vielleicht beides.«
Der König lehnte sich zurück und streckte die Hand nach seiner Frau aus, die sie in die ihre nahm. Baldwin nickte.
»Ich weiß ja, dass Ihr nichts für Euch selbst haben wollt und ein Armutsgelübde ablegen werdet. Meine Königin hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass sie den Eindruck hat, dass es Euch damit ernst ist. Ich respektiere Eure Überzeugungen und Eure Wünsche, aber es muss doch irgendetwas geben, was ich für Euch tun kann – irgendeinen praktischen Beitrag zu Eurer Arbeit, seien es Waffen, Rüstungen oder Pferde. Auf jeden Fall steht Ihr ab sofort unter meinem Schutz, das werde ich auch schriftlich festlegen.«
Er lächelte erneut.
»Das wird zwar keine konkrete Veränderung bedeuten, aber Ihr könnt Euch zumindest sicher sein, dass man Euch nicht mehr offen verhöhnen wird und Ihr Eure Ehre nicht mehr gegen Rüpel verteidigen müsst, die sich Christen schimpfen.«
Er blickte von einem Mann zum anderen, und seine Miene wurde ernst.
»Also, gibt es irgendetwas, das ich als Belohnung für Eure gestrigen Taten für Euch tun kann?«
De Payens warf St. Omer eine Seitenblick zu. Dieser erwiderte den Blick, zuckte kaum merklich mit den Achseln und schüttelte den Kopf. Der König reagierte sofort.
»Was? Was ist? Es gibt etwas, worüber Ihr geteilter Meinung seid. Sagt mir, was es ist.«
De Payens sah ihn an und zuckte seinerseits mit den Achseln.
»Euer Gnaden, es geht um etwas, worüber unsere Gemeinschaft schon seit Monaten diskutiert.«
»Und zwar?«
De Payens warf einen letzten, zweifelnden Blick auf seinen Begleiter.
»Es betrifft die Stallungen, in denen wir untergebracht sind, mein König.«
»Ah! Nun, das ist verständlich; es muss dort unerträglich sein. Ich werde sofort ein anderes Quartier für Euch suchen.«
»Nein!«, sagte de Payens so heftig, dass er selbst zusammenzuckte und den Kopf verneigte. »Verzeiht mir, Mylord, wir sind ganz und gar nicht unzufrieden mit unserem Quartier – es ist nur so, dass einige der Brüder meinen, es könnte zu luxuriös sein.«
Der König wurde sich bewusst, dass seine Frau ihm zunehmend fester die Hand drückte, und er blickte zu ihr hinüber. Sie sah ihn mit hochgezogener
Weitere Kostenlose Bücher