Der Schatz des Ritters Hermelhain - Die Geisterreiter ; 1
zickig wie am Anfang. Eigentlich wurde sie fast schon nett, je besser und sicherer sie wurde. Und eines musste er zugeben: Wenn sie mit Flocki über die Hürden setzte, sah das allemal eleganter aus, als wenn er in seinem Räuberstil über den Platz jagte. Vielleicht war es wirklich die richtige Entscheidung gewesen, sie beim Turnier starten zu lassen. Ihm lag sowieso nicht so viel an Preisen, er wollte lieber Spaß haben. Und das ließe sich mit einem solchen Springturnier sowieso nicht vereinbaren. Und noch etwas war bemerkenswert: Jetzt, wo er alles machen durfte, was er wollte, stellte er fest, dass ihn das nicht mehr interessierte. Klar, lange schlafen, das war schon gut. Aber was er früher mit am aufregendsten gefunden hatte, fand er jetzt nicht mehr so spannend, und dazu gehörten nächtliche Ausritte. Eigentlich durfte man die nur machen, wenn der Reitlehrer dabei war. Aber das war ja langweilig. Die meisten Reiterhöfe verschlossen zudem nachts die Stallungen, einige aber eben auch nicht, und bei denen war Tommy dann heimlich nachts auf eigene Faust losgezogen. Das war damals der absolute Kick gewesen, allerdings mit der Folge, dass er zweimal deswegen seine Sachen packen musste. Jetzt war das irgendwie nicht mehr so interessant. Wenn er jetzt versuchte, länger aufzubleiben, fielen ihm gegen zehn regelmäßig die Augen zu.
Hier war es wesentlich ruhiger als auf den anderen Höfen, was natürlich auch daran lag, dass nicht so viele Kinder da waren. Zudem kochte Oma Maigrund abends immer so leckere Sachen, dass man danach pappsatt war und superschnell ziemlich müde wurde.
Tommy beschloss, nach den anderen zu sehen. Auf dem Hof war schon mächtig Betrieb. Peter hatte den Hänger an den Geländewagen gekuppelt, in dem sie Flocki transportieren wollten. Als Tommy ins Kaminzimmer kam, saßen da schon Mia, Lara und Ben zusammen mit Susanne und Oma Maigrund. Offensichtlich waren sie mit dem Frühstück so gut wie fertig, denn es lag nur noch ein halbes Croissant im Brötchenkorb. Außerdem steckten alle die Köpfe zusammen und starrten wie gebannt in eine Holzkiste, die Ben vor sich aufgebaut hatte.
»Das ist ein GPS-Gerät. Damit kann man auf fünf bis zehn Meter genau die Position des Ortes bestimmen, an dem man sich gerade aufhält«, erklärte Ben gerade und hielt ein Gerät hoch, das wie ein Handy aussah und auch ein Display hatte.
»Was heißt denn GPS?«, wollte Lara wissen.
»Das ist eine Abkürzung für Global Positioning System.« Ben klang wie Einstein junior. Er war jetzt sichtlich in seinem Element. Tommy musste grinsen. So ein Spinner.
»Und wozu ist das gut?«, fragte Mia, die das Gerät so misstrauisch beäugte, als hätte es ihr schon mal einen elektrischen Schlag verpasst.
»Wenn du dich verlaufen hast, sagen wir mal nachts im Wald, guckst du nach, wo du bist, und kannst mithilfe einer Karte den richtigen Weg finden.«
»Aber warum sollte ich nachts in den Wald gehen?«, fragte Mia irritiert nach, und Ben ruderte auf der Suche nach einer passenden Antwort verwirrt mit den Armen. Noch ehe er etwas erwidern konnte, zog Lara ein abstrus aussehendes goldenes Instrument aus der Kiste.
»Wow! Was ist das denn?«, rief sie begeistert und drehte es nach allen Seiten. Für Tommy sah es aus wie ein Geheimwerkzeug, mit dem man verborgene Grabkammern und Verstecke öffnen konnte, und auch die anderen schienen ähnliche Gedanken zu haben.
»Das ist ein Sextant. Das ist praktisch das Gleiche in analog«, beeilte sich Ben zu erläutern, ohne dass jemand verstand, was er damit meinte, und nahm Lara das Gerät wieder aus der Hand.
»Was machst du mit dem ganzen Zeug auf einem Reiterhof?«, fragte Tommy und stopfte sich das halbe Croissant in den Mund.
Ben schloss seufzend die Kiste. »Meine Eltern meinen halt, die Pfadfinderei sei nichts für mich. Sie wollten mir neue Perspektiven eröffnen. Ihr wisst schon.«
»Und für Pferde interessierst du dich dann eigentlich gar nicht?«, hakte Lara nach, und es klang etwas enttäuscht. Ben zögerte, und das nutzte Susanne aus, um sie alle rauszuscheuchen, denn sie waren schon spät dran. Doch gar nicht so ’n Langweiler, dachte Tommy, der sich vornahm, Ben noch mal genauer zu interviewen. Vielleicht wurden Bens Fähigkeiten ja noch einmal gebraucht, wer weiß?
Tommy folgte den anderen auf den Hof und half Peter, die Laderampe des Hängers runterzulassen. Aus Erfahrung wusste er, dass es zu einer echten Tortur werden konnte, ein Pferd in den fahrbaren
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