Der Schatz des Ritters Hermelhain - Die Geisterreiter ; 1
inzwischen ziemlich modrig rochen.
Als sie wieder zurück auf den Hof gekommen waren, hatte Mia sich auf Anraten des Arztes ein bisschen hingelegt und zu schlafen versucht. Doch die Ereignisse auf dem Turnier hatten ihr keine Ruhe gelassen. Jetzt hatten sich alle um den Tisch im Kaminzimmer versammelt. Oma Maigrund hatte ein paar Kerzen auf dem runden Tisch verteilt, und sie saßen wie Verschwörer in dem schummerigen Licht. Der Tierarzt erklärte Susanne gerade, was er herausgefunden hatte. Flocki war ein Beruhigungsmittel verabreicht worden. Wie das Mittel in den Blutkreislauf gelangt war, ließ sich nicht mehr sagen. Eine Infusion schied wohl eher aus, aber vielleicht über das Futter. »Jetzt ist jedenfalls alles wieder in Ordnung, Flocki geht es gut«, fasste der Tierarzt seinen Eindruck zusammen. Dann verabschiedete er sich und ließ eine ziemlich ratlose Runde zurück.
»Betäubungsmittel?« Mia konnte es nicht glauben.
»Wer macht denn so was?« Lara sprach aus, was alle dachten.
»Vielleicht wollte Flocki ja einfach mal ’n bisschen chillen nach dem ganzen Training«, witzelte Tommy.
»Sehr komisch, Mister Klugscheißer«, motzte Mia ihn an. Immerhin hätte weit mehr passieren können. Dann plötzlich fiel ihr etwas ein. »Sag mal, Tommy … dir hat es doch die ganze Zeit nicht gepasst, dass ich für den Hof starte, oder?«, platzte es aus ihr heraus.
Oma Maigrund zog eine Augenbraue hoch. Sie spürte ein menschliches Unwetter aufziehen. Alle schauten jetzt Tommy an.
»Wie meinst du das?«, fragte er tonlos.
»Wie ich’s sage.«
»Willst du vielleicht andeuten, ich hätte was mit der Sache zu tun? Du hast sie nicht mehr alle! Und was ist mit dir? Dir hat es doch die ganze Zeit nicht gepasst, dass ich eindeutig besser im Springen bin als du, oder?«
Jetzt war es Mia, die fragte: »Wie meinst du das?«
»Ach, nur so. Vielleicht will mir ja hier jemand was anhängen.«
Susanne und Oma Maigrund tauschten einen schnellen Blick, und Peter räusperte sich, aber es war schon zu spät.
»Das wär gar nicht nötig, so gekonnt wie du dich selbst immer in die Scheiße reitest!«, brüllte Mia.
Im Nachhinein konnte niemand mehr genau sagen, was als Nächstes passiert war. Einig war man sich später nur, dass plötzlich einer von Mias vermatschten Gummistiefeln, die an der Tür gestanden hatten, in ihre Richtung flog. Sie warf ihn sofort zurück zu Tommy, der sich gerade noch ducken konnte. Tommy sprang über den Tisch und Mia floh auf Socken in den Hof. Keine zwei Sekunden später waren sie beide im Schlamm gelandet und rauften miteinander. Mia hatte noch Tage danach Sand im Ohr, und Tommy fand noch zwei Wochen später einen Lehmklumpen in seiner Hosentasche.
Jedenfalls machte Peter, der sich bisher bei allem sehr zurückgehalten hatte, dem Krieg ein Ende. Mit seinen durchtrainierten Armen hob er die Regentonne hoch und entleerte den Inhalt über die beiden Streithähne. Das kühlte die erhitzten Gemüter deutlich ab. Eine halbe Stunde später hockten beide schließlich in Bademänteln und mit einer heißen Brühe vor der Nase schniefend über den Tisch gebeugt und schmollten mit vereinten Kräften. Peter und Susanne saßen zwischen den beiden, entschlossen, jeden Kriegsausbruch sofort zu unterbinden. Peters Arme lagen wie Baumstämme auf dem Tisch und markierten so etwas wie eine Grenze zwischen Mia und Tommy. Ben und Lara beobachteten die Kontrahenten verstohlen.
»Jetzt entschuldigt euch schon«, sagte Susanne. Doch weder Mia noch Tommy schienen sie zu hören. Beiden schwiegen und schlürften weiter ihre Brühe.
Susanne schüttelte den Kopf. »Ich kann ja verstehen, dass euch das alles sehr beschäftigt. Aber mit gegenseitigen Verdächtigungen und fliegenden Gummistiefeln kommen wir nicht weiter. Tommy, du hast so deine Eigenarten und Mia auch. Und wir sind alle momentan ein bisschen gereizt. Also, jeder sagt jetzt kurz, was er auf dem Herzen hat, und dann sehen wir weiter.«
»Okay, ’tschuldigung«, sagte Mia leise in Tommys Richtung.
»Auch ’tschuldigung«, murmelte Tommy genauso leise zurück.
»Mensch, ich will doch einfach nur wissen, wer Flocki das angetan hat«, platzte es aus Mia heraus. Sie rang mit den Tränen und ballte die Fäuste.
»Ich will reiten lernen, aber nur auf Bugsi«, meldete sich Ben und schaute durch seine große Brille entschieden in die Runde.
»Ich fänd’s gut, wenn wir jeden Tag alle zusammen bei Susanne Unterricht hätten, auch wenn wir unterschiedlich gut
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