Der Schatz des Ritters Hermelhain - Die Geisterreiter ; 1
signalisierte den Jungs mit ihrer Taschenlampe, dass sie auf dem Posten war. Lara stützte sich schlaftrunken auf der Fensterbank ab und reichte Mia ein Glas Cola, als spielte sie Bedienung in einem Restaurant. Sie hatten sich überlegt, dass das Koffein in der Cola ihnen helfen würde, wach zu bleiben, und hatten der Oma zwei große Flaschen aus dem Getränkekeller abgequasselt.
Ein verspieltes Paar Fledermäuse sauste im Hof umher, wohl spürend, dass sie in dieser Nacht nicht als Einzige wach waren.
»Siehst du was?«, fragte Lara, stellte ihr leeres Glas ab und bemühte sich, frisch zu klingen.
»Nee, totenstill. Nichts los. Vielleicht …«, doch dann hörte Mia, wie Lara neben ihr sanft schnarchte. So viel zum Cola-Trick. Sie rüttelte Lara noch mal, aber die war fest eingeschlafen. Keine Chance.
Die erste Stunde hielt Mia tapfer durch und hatte den Hof im Auge. In der zweiten Stunde nickte sie immer mal wieder für ein paar Minuten ein, vergewisserte sich aber, dass das Schloss zum Stall immer noch im Mondlicht unberührt schimmerte, und konnte das daher gut mit ihrem Gewissen vereinbaren. Doch dann wurde sie plötzlich von etwas geweckt. Sie hatte gerade geträumt, dass der unbekannte Motorradfahrer sie nachts auf einer Straße verfolgte. Sie konnte nur das Geräusch des Motors hören, wusste aber, dass er hinter ihr sein musste. Sie drehte sich um und plötzlich schaltete ihr Verfolger seinen Scheinwerfer an und blendete sie. Sie stolperte und …
… stieß sich den Kopf am Fensterbrett, auf das sie im Schlaf gekippt war.
Mia rieb sich die Stirn. Nachtwachen sind eindeutig nichts für mich, dachte sie, als sie plötzlich von einem Lichtstrahl getroffen wurde, wie in ihrem Traum. Vor Schreck machte sie einen Satz, fiel über Lara, die sich auf dem Fußboden zusammengerollt hatte, und landete mit dem Gesicht in ihrem Kissen, als auch noch ihr Handy klingelte. Lara öffnete verwirrt die Augen, als Mia ans Telefon ging.
»Nachtwächter ist nicht so dein Job, aber als Stuntman hast du Chancen«, witzelte Tommy am anderen Ende, und Mia hieb auf das Kissen ein, wobei sie sich vorstellte, es wäre Tommys Nase.
»Hey, wer wird denn gleich aggressiv werden?«
Mia fuhr hoch. »Kannst du in unser Zimmer gucken?«
»Mit Bens Wunderfernglas kann ich sogar das Etikett auf eurer Cola-Flasche lesen.«
»Hast du gespannert, als wir uns umgezogen haben?«
»Nö, das wär eh langweilig, aber danke für den Tipp.«
»Idiot!«
»Angenehm. Tommy Deuser.«
Mia biss sich auf die Lippe. Mitten in der Nacht war sie einfach nicht schlagfertig. Und obwohl es komisch klingt, war sie fast schon erleichtert, als sie auf einmal bemerkte, dass das Schloss an der Stalltür fehlte. Der Einbrecher war unbemerkt zurückgekehrt. Also hatte auch Tommy nicht aufgepasst.
»Schau mal lieber durch dein Superfernglas und sag mir, wo das Schloss an der Stalltür geblieben ist.«
Eine Weile blieb es still am Telefon. Dann pfiff Tommy durch die Zähne und klang gar nicht mehr so locker.
»Scheiße. Liegt am Boden, und die Tür ist einen Spalt offen.«
»Wir sehen uns unten«, sagte Mia nur und legte auf.
»Was … denn los?«, fragte Lara schlaftrunken, der das alles für diese Uhrzeit zu viel Trubel war.
»Jede Menge. Geh rüber zu Ben und beobachte alles. Wenn wir nach fünf Minuten nicht wieder zurück sind, schlagt Alarm.«
Mia schlüpfte schnell in Jeans und Schuhe und suchte dann ihren Anhänger. Der lag eigentlich immer an der gleichen Stelle, aber jetzt war er weg. Egal, würde sie sich später drum kümmern müssen. Lara hatte derweil im Dunkeln aus Versehen ihre Hose falsch herum angezogen.
»Ja doch, bin gleich so weit«, grummelte sie. Bei Tag hatte sie eindeutig bessere Laune als nachts.
Während Mia und Tommy sich von zwei Seiten dem Stall näherten, schlich Lara über den Hof und bezog bei Ben im Hochbettausguck ihren Wachtposten.
Die Stelle, an der Hermelhains Stein in der Wand steckte, sah noch genauso aus wie am Mittag. Niemand war zu sehen. Jedenfalls nicht in dem Blickfeld, das Fritz’ Durchgangsklappe Mia und Tommy gewährte, die beide wieder nebeneinander auf dem Boden kauerten. Aber etwas anderes fiel Mia auf. Die Pferde scharrten unruhig mit den Hufen.
»Irgendwas ist mit den Pferden«, flüsterte sie. Tommy rappelte sich auf und zog etwas aus seiner Hosentasche.
»Was hast du da?«
»Na, was wohl? Du wartest hier, ich geh rein. Wenn einer da was Krummes macht, schieß ich ein Beweisfoto«, sagte er
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