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Der Schatz des Störtebeker

Der Schatz des Störtebeker

Titel: Der Schatz des Störtebeker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Gutberiet
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aufschreiben.« Er zog einen Zettel aus der Tasche seiner Strickjacke: »Krzysztof Turzynski und Krzysztyna Styliscszska. Keine Ahnung, wie man das ausspricht. Der Einfachheit halber nennt man sie Chris und Chrissie. Ein gut eingespieltes Team. Die Kleine baggert die Typen an, und er erleichtert sie klammheimlich. Umgekehrt soll es auch ganz gut klappen. Sie wohnen in einer Absteige auf St. Georg. Hotel-Pension Ludwig. Adresse hab ich dir dazugeschrieben.«
    »Und wie sind die auf den Faschingsball im ehrwürdigen Atlantic gekommen?«
    »Na, rate mal.«
    »Taschendiebe.«
    »Eben.«
    »Hast du was von Kulbrod und Rümker gehört?«
    »Hmhm, aber nix Gutes. Sie haben sich mit Herbert zusammengetan.«
    »Was für ein Herbert?«
    »Der Hehler. So ein Großmaul auf einer Vespa. Der kennt sich ganz gut aus in der Szene.«
    »Das heißt, es könnte sein, dass sie mir einen Schritt voraus sind?«
    »Könnte passieren.«
    »Dann will ich mal lieber gleich los.«
    »Trink deinen Grog noch aus. Für was Gesundes muss immer Zeit sein.«
    Discher trank noch einen Schluck.
    »Was ist das eigentlich da hinten im Regal zwischen den Büchern für eine Flasche?« Discher deutete über Heins Schulter.
    Hein drehte sich nicht um. »Das ist sechsundsiebzigprozentiger Jamaika-Rum. Mit dem kann man solche dicken Säfte wie diesen Fliederbeersirup ganz gut verdünnen.«
    »Mir hast du nichts angeboten.«
    »Musst ja noch fahren.«
    »Du bist wie ein Vater zu mir.«
    »Das nächste Mal werd ich dich bemuttern.« Hein zwinkerte.
    Discher verabschiedete sich und fuhr Richtung St. Georg.
    Er fand einen Parkplatz direkt vor dem Fachgeschäft für High-Tech-Pornografie und entdeckte das Schild »Hotel-Pension Ludwig 1. Stock« im Hauseingang daneben. Er stieg das übel riechende Treppenhaus hinauf und drückte auf den klebrigen Klingelknopf. Die Tür öffnete sich schmatzend, und die Frau, die aussah wie ein riesenhafter Käfer, blickte ihn über das Empfangspult hinweg misstrauisch an, den Zeigefinger der linken Hand auf die Stelle der Bildzeitung gelegt, wo sie gerade gelesen hatte.
    »Guten Tag. Ich bin auf der Suche nach zwei Polen. Ein Paar.« Er kramte Heins Zettel aus der Tasche des Dufflecoat und las radebrechend vor: »Krzysztof Turzynski und Krzysztyna Styliscszska.«
    »Über die beiden gebe ich keine Auskunft.«
    »Warum?«
    »Deswegen.« Sie deutete mit der rechten Hand hinter ihn und wandte sich wieder ihrer Lektüre zu.
    Discher drehte sich um. Aus dem Büro traten zwei Männer in Macintosh-Anzügen.
    »Polizei«, hörte Discher die Frau hinter sich murmeln.
    Rümker zog grinsend die Handschellen aus der Manteltasche. Kulbrod überraschte mit einer Sphinx AT 2000.
    »Sie sind ein Waffennarr, stimmt’s?«, fragte Discher.
    »Könnte sein«, sagte Kulbrod.
    Rümker fesselte ihn, dann führten sie ihn fachkundig ab.
    »Danke für Ihre Mitarbeit!«, rief Rümker der fetten Frau hinter der Rezeption zu.
    »Da nich für«, murmelte sie, ohne von der Bildzeitung aufzusehen.
     

1945
    Er war allein aus dem Osten gekommen, heimgetrottet wie ein herrenloser, geschundener Ackergaul. Ohne viel nachzudenken, war er seinem Instinkt gefolgt und hatte den weiten Weg durch die Ukraine und Polen zum größten Teil zu Fuß zurückgelegt. Manchmal hatte ihn jemand auf einem Fuhrwerk mitgenommen, auf einem Lastwagen, oder er war auf einen Güterzug aufgesprungen. Er mied die Flüchtlingstrecks und die großen Trümmerfelder, die früher einmal Städte gewesen waren.
    Als er in seiner Heimatstadt ankam, war er durch das, was er gesehen hatte, so weit abgestumpft, dass ihn das Ausmaß der Zerstörung kaum noch berührte. Die einst so schöne Hafenstadt mit ihren hohen Türmen und den spitzen Giebeln war nur noch eine Ansammlung von Ruinen. Er brauchte zwei Tage, um die Stelle zu finden, an der sein Haus gestanden hatte, mehrfach war er daran vorbei-oder darüber hinweggelaufen, orientierungslos, weil die vertrauten Anhaltspunkte fehlten. Am dritten Tag kam er zu der Stelle zurück, die ihm die richtige zu sein schien. Er traf einen Mann, den er nicht kannte, der ganz allein den Schutt wegräumte. Er wollte einen Zugang zum Keller graben. Anton Burchard half ihm.
    Es dauerte Tage, dann hatten sie einen schmalen Durchbruch geschafft. Bestialischer Gestank schlug ihnen entgegen.
    Sie machten trotzdem weiter. Die Leichen, die sie fanden, konnten sie nur anhand der Kleider identifizieren. Burchards Frau hatte an ihrem letzten Abend eine saubere Schürze

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