Der Schatz in der Drachenhöhle
gruppiert. Eine kleine Kirche reckte ihren spitzen
Turm über den Fluß. Das Dorf zählte sicherlich keine 200 Einwohner.
Plotzka verminderte das Tempo. Auch Sam
und Theo bremsten ab. Der Rockerhäutling wies zum Ufer hinunter, wo sich
offenbar das halbe Dorf versammelt hatte, um die letzten Strahlen der untergehenden
Sonne zu genießen. Kinder schwammen im Fluß. Kähne waren dort vertäut.
Jugendliche spielten Flußball. Zwei Männer saßen — oben ohne — im Gras.
Plotzka kniff die Augen zusammen. Was
er sah, schien wie bestellt für sein Vorhaben. Grinsend nickte er seinen
Kumpanen zu. Dann fuhren sie den abschüssigen Weg zum Ufer hinunter.
Die Dorfburschen unterbrachen ihr
Fußballspiel. Die beiden Männer verdrehten die Hälse. Nur die Kinder ließen
sich nicht stören, sondern tollten weiter im Wasser herum.
Plotzka stieg ab und trat, mit dem Helm
in der Hand, zu einem der Fußballspieler, einem bulligen Typ, dessen Haaransatz
direkt über den Augenbrauen begann.
„‘n Abend! Gibt’s bei euch ‘ne
Polizeistation?“
„Hier nicht. Nur in Sauterberg drüben.
Aber der Rumpf wohnt hier.“
„Wer?“
„Heinz Rumpf. Ist Polizeimeister. Dort
sitzt er.“ Er deutete zu den Männern.
Plotzka sah, daß dort offensichtlich
Zwillingsbrüder saßen. Äußerlich war ihnen alles gemeinsam: das fleischige
Gesicht mit Augenwülsten und breitem Kinn, die knorpelige Glatze, der Höcker
hinten — als Ersatz für einen Hinterkopf der Stiernacken. Sogar die Speckseiten
auf ihren Rippen hatten das gleiche Format.
„Der andere ist der Ufz“, erklärte der
Fußballspieler.
„Der was?“
„Der Unteroffizier. Erich Rumpf heißt
er. Ist aber schon pensioniert.“
Plotzka nickte. „Dann sind wir hier
richtig. Danke!“
Er stiefelte zu den Männern und grüßte,
was knurrend erwidert wurde. Aus der Nähe sahen die beiden gefährlich aus. Ein
Bulle und ein Rekrutenschinder, dachte Plotzka. Die in Uniform — und sie kennen
sich selbst nicht mehr.
Er grinste breit.
„Wie ich sehe, sind Sie nicht im
Dienst, meine Herren. Aber den Polizeimeister wird es sicherlich interessieren,
was wir zu melden haben. Es...“
„Der bin ich“, sagte Heinz Rumpf.
Von seinem Bruder unterschied er sich
durch eine weinrote Hose. Der andere Rumpf trug schlichtes Feldgrau.
„Wir wollen vor dem Rauschgiftboot
warnen“, sagte Plotzka. „Vier jugendliche Dealer haben sich da einen neuen
Vertriebsweg ausgedacht. Mit ihrem Kanu paddeln sie den Fluß hinunter.
Unterwegs legen sie an und versorgen Jugendliche mit Haschischzigaretten. Dabei
sehen die Typen aus, als könnten sie kein Wässerchen trüben. Sind auch noch
verdammt jung. Aber man weiß ja: Heutzutage werden die Kriminellen immer jünger.“
„Wem sagst du das!“ meinte der Polizist
und schob die Kinnlade vor. „Haschisch? Soso! Gibt ja Leute, die das für
ungefährlich halten und nichts dagegen haben. Aber nicht bei uns hier im Dorf.
Sollen nur kommen, die vier! Denen werden wir zeigen, wo’s weitergeht. Wie?“
Er grinste seinen Bruder an. Der Ufz
nickte. Klatschend schlug er die Faust in die offene Hand.
„Ein Kanu?“ erkundigte sich der
Polizist.
„Ein Vierer-Canadier“, nickte Plotzka. „Drei
Jungs, ein Mädchen und ein schlappohriger, schwarzweißer Hund. Die Mannschaft
ist nicht zu verwechseln. Wir haben durch Zufall von der Sache gehört und
halten es für unsere Pflicht, die Menschen, die am Fluß wohnen, zu warnen.“
„Recht so!“ lobte der Polizist. „Daß
diese Verbrecher hier keinen Fuß aufs Ufer setzen — dafür werden wir sorgen.“
„Könnte sein, die kommen heute noch
vorbei“, sagte Plotzka. „Also dann! Wir wollen weiter. Wiedersehen.“
Er nickte, stülpte seinen Helm auf und
stiefelte zu seiner Maschine zurück.
Als er aufstieg, sah er, wie die beiden
Rümpfe die Fußballspieler zu sich riefen.
„Diese Trottel“, sagte er leise, „sind
unsere besten Verbündeten. Was meint ihr, wie die auf die TKKG-Bande losgehen!
Dann müssen die weiter, ob sie wollen oder nicht. Auf den nächsten 30
Kilometern ist kein Ort mehr am Ufer. Das heißt, die vier haben mit keinerlei
Hilfe zu rechnen, wenn sie irgendwo anlegen. Einsame Gegend. Nur wir werden
dasein. Aber zunächst halten wir uns zurück, damit sie sich sicher fühlen. Erst
wenn sie pennen, greifen wir das Lager an.“
„Und dann alle auf diesen Tarzan“,
meinte Theo. „Das muß klappen. Sonst ergeht’s uns wie den Zigeunern.“
Wie Tarzan denen entkam, hatten
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