Der Schatz von Blackhope Hall
"sondern unseren, zwischen den Royalisten und dem Parlament, 1642 bis 1649."
"Ah, jetzt verstehe ich, worum es geht." Rafe nickte grinsend. "Meinen Sie die Kavaliere, diese komischen Kerle mit den großen Federhüten?"
"Diese Heiden ", warf Stephen amüsiert ein, um eine offenbar vertraute Diskussion mit seinem Freund fortzusetzen.
"Also", ergriff Bellard wieder das Wort, "wie ich bereits sagte, dieser Cecil St. Leger wollte die Familie Scorhill in möglichst schlechtem Licht erscheinen lassen. Deshalb verurteilte er Lord Scorhill, der wegen seines 'Verrats' und seines 'Pfaffentums' den Zorn Heinrichs VIII. erregt hatte. Aber er flocht auch ein paar pikante Informationen über Sir Raymond ein."
"Oh, wirklich?" Interessiert beugte sich Stephen vor. "Welche?"
"Nun, er beschuldigte ihn der Schwarzen Magie." Voller Genugtuung musterte Großonkel Bellard die verblüfften Mienen seines Publikums.
"Was?" rief Olivia entgeistert. "Sprichst du von … Hexerei?"
"Dann war dieser Sir Raymond eine männliche Hexe?" fragte Rafe.
"Ja, ein Hexenmeister", bestätigte Bellard. "Cecil St. Leger behauptete, Sir Raymond sei ein mächtiger Zauberer gewesen, bösartig und grausam. Natürlich erscheint mir das alles wie ein Gerücht oder eine Klatschgeschichte. Die Wahrheit lässt sich jedoch nicht feststellen. Aber der Autor des Buchs führt ein paar Beispiele an, um die Niedertracht des Mannes zu beweisen. Meistens geht es um seinen Kampf gegen den zuvor erwähnten Lord Surton. Der Verfasser erklärt, Sir Raymond habe nicht nur vom bevorstehenden Angriff seines Feindes gewusst, sondern dessen Krieger sogar in die Festung Blackhope gelockt. Angeblich bezahlte er jemanden, der den Belagerern das Tor öffnete. Dann kehrte er mit größeren Streitkräften zurück, besiegte seinen Gegner und entledigte sich einer Ehefrau, die ihm keine Erben geschenkt hatte."
"Wie schrecklich", flüsterte Olivia. "Was für ein schlechter Mensch!"
Ihr Großonkel nickte. "Zweifellos, das war er, falls dieser Bericht den Tatsachen entspricht. Diesem Buch zufolge stand er mit dem Teufel im Bunde und rief den Herrscher der Hölle immer wieder zu sich. Gemeinsam feierten sie Orgien und vergnügten sich mit Hexen. Alle Leute in Sir Raymonds Nähe fürchteten ihn, und sein Tod rief großen Jubel hervor. Da er noch zwei Mal geheiratet hatte, ohne einen Erben zu zeugen, glaubte man, er wäre vom Allmächtigen verflucht worden. Die beiden anderen Ehefrauen starben auf mysteriöse Weise. Weil er keine Nachkommen hinterließ, ging die Festung an einen Vetter, der laut Cecil St. Leger sein Bestes tat, um Blackhope in ein gottgefälliges Haus zu verwandeln."
Nun klappte Bellard das Buch zu, lehnte sich in seinem Sessel zurück und schaute seine Zuhörer erwartungsvoll an. Olivia wusste nicht, was sie sagen sollte, und wandte sich an Stephen, der anscheinend ähnliche Schwierigkeiten hatte. Schließlich brach Rafe das Schweigen. "An deiner Stelle wäre ich froh, St. Leger, dass der Bursche nicht zu meinen Ahnen zählt."
"Das bin ich. Leider haben wir ein Problem – wir wissen zwar etwas mehr über Sir Raymond, aber noch immer nicht, was hier geschieht."
"Also, mir ist das völlig klar", erwiderte Rafe. "Offensichtlich war er ein mieser Hurensohn – verzeihen Sie, Ma'am – ein elender Schurke. Seine eigenen Männer und sein Schloss lieferte er dem Feind aus, um ihn in eine Falle zu locken und seine Ehefrau loszuwerden, mitsamt ihrem Liebhaber. Ich glaube nämlich, Sir Raymond hasste seine Gemahlin nicht nur, weil sie ihm keine Kinder geschenkt hatte. Und nachdem dieses Liebespaar ermordet wurde, spukt es jetzt auf Blackhope. Die beiden hast du doch in deinen Träumen gesehen, Stephen, nicht wahr? Und die Vision der Frau ist Lady Olivia und dir erschienen. Gewaltsame Todesfälle beschwören im Tidewater die Geister der Opfer herauf."
"Im Tidewater?" wiederholte Olivia verständnislos.
"Damit meine ich das Flutgebiet in meiner Heimat Virginia, Ma'am. Dort sind die Häuser nicht so alt wie manche Herrschaftssitze in England, aber da schwirren zahllose Geister herum. Einsame Ehefrauen wandern am Flussufer entlang und halten nach den Booten ihrer verschwundenen Männer Ausschau, die niemals auftauchen. Oder zu Unrecht Gehängte treiben sich zwischen den Eichen herum, wo sie ihr Ende gefunden hatten. Um Mitternacht schweben weiß gekleidete Mädchen die Treppen herab und dergleichen."
"Das sind doch nur Schauergeschichten", protestierte Olivia.
"Allerdings,
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