Der Schatz von Dongo
Fluchtziel
für ihn: die Schweiz, und dort zwei in Frage kommende Städte: Lugano,
ganz in der Nähe, und Lausanne, wesentlich weiter im Norden. Mussolini
schickte seinen Sohn Vittorio nach Lugano und Hoffmann nach Lausanne.
Beide sollten erkunden, wie man den Duce dort empfangen und wie man ihn
behandeln würde. Außer Geldmitteln für ein Arrangement nahm Hoffmann
noch einen Brief Hitlers an Mussolini mit, der bewies, daß Mussolini
Hitler überredet hatte, nicht in die Schweiz einzumarschieren. Dank
dieser Rolle als Retter der Schweiz, so hoffte Mussolini, würde ihn
Hoffmann der Schweizer Regierung erfolgreich als Schützling empfehlen
können.
Diese Reise in die Schweiz erklärt, warum Hoffmann nicht an
der Flucht zum Comer See teilnahm, warum er nicht ebenfalls in Dongo
gefangengenommen und hingerichtet wurde und warum er seine Finger beim
Einsammeln der Beute im Spiel hatte.
Als Hoffmann in Lausanne von dem Debakel bei Dongo erfuhr,
machte er sich sofort auf den Rückweg nach Dongo, doch da war Mussolini
bereits tot und der Schatz einfach verschwunden. Aber man durfte
Hoffmann nicht unterschätzen. Er hatte seine Mittel und Wege und
außerdem eine kleine, aber loyale und fanatische Gruppe von Anhängern,
die ihm, von seinem Reichtum und den Banden der Homosexualität
gefesselt, seit Jahren Gefolgschaft leistete. Es war ein grausamer,
skrupelloser Haufen und Luigi Hoffmann blind ergeben. Im Grunde war
ihre Einstellung zu ihm ganz ähnlich der seinen zu Mussolini: eine
Kette von Anbetung und Kommandogewalt.
Hoffmanns Männer kehrten nach Dongo zurück, um festzustellen,
wo sich der Schatz befand, der damals noch nicht verteilt worden war.
Und nun gab es zwei Gruppen, die Hoffmann gegeneinander ausspielen
mußte – zwei Partisanengruppen, die während des Krieges als
eine Einheit gekämpft hatten. Jetzt aber hatten sie sich in eine
Kommunisten- und eine Antikommunistengruppe gespalten, wobei die zweite
der Nachkriegsregierung die Treue hielt. Hoffmann wog die Stärke der
beiden Gruppen gegeneinander ab, fand die kommunistischen Partisanen
stärker und schloß einen Handel mit ihnen. Man wollte gemeinsam den bei
verschiedenen Banken, Beamten und Einzelpersonen deponierten Schatz
sammeln, die Partisanen sollten alle konvertierbaren Anteile erhalten,
Hoffmann dagegen die ausländische Valuta und den nicht konvertierbaren
Teil des Schatzes. Als Gegenleistung für diese Teilung wollte Hoffmanns
Gruppe die sichere Überstellung des Kommunisten-Anteils an deren
Hauptquartier in Rom gewährleisten, und das bedeutete die Liquidierung
der antikommunistischen Partisanen, die ihnen im Wege standen.
Zur Durchführung dieses Unternehmens brauchte Hoffmann eine
Basis in Dongo, und Santo Zacharia schien dafür wie geschaffen.
Hoffmann wußte, daß Piccionastro ein Mann war, der sowohl für sich als
auch für das Kloster nach einem besseren Leben strebte. Er schlug ihm
vor, als Gegenleistung für die Aufnahme einen Teil des Schatzes dem
Kloster zu schenken, und Piccionastro war nur allzugern einverstanden.
Hoffmann und seine Anhänger wurden innerhalb der Klostermauern
untergebracht: eine hundertprozentige Tarnung vor den loyalen,
antikommunistischen Partisanen, die weiterhin unermüdlich auf der Jagd
nach Luigi Hoffmann und seinen Henkersknechten waren.
Außerdem bekam Hoffmann von Piccionastro Pietro Disio. Er
brauchte einen Spitzel in den Reihen der loyalen Partisanen, deswegen
brachte Piccionastro Hoffmann mit Pietro zusammen. Wie du ja weißt, war
Pietro in Santo Zacharia Novize gewesen, ehe er sich der
Widerstandsbewegung anschloß. Er war durchaus nicht homosexuell
veranlagt, aber er war verbittert und enttäuscht darüber, daß Habgier
die Einheit der Partisanen zerschlagen hatte, und seine Bitterkeit
wuchs, als sein Schwager Arnoldo als Mitglied eines alliierten Teams
auftrat, dessen Mitglieder, soweit Pietro wußte, darauf versessen
waren, den italienischen Schatz für ihre ausländischen Regierungen zu
beschlagnahmen. Als daher Hoffmann erklärte, Pietro habe ebenso wie
alle anderen ein Recht auf ein Stück dieses Schatzkuchens, und Pietros
glimmende Verbitterung geschickt anfachte, erklärte sich Pietro sofort
einverstanden.
Durch Pietro erfuhr Hoffmann dann, welche Führer der loyalen
Partisanen gegen die Schatzübernahme durch die Kommunisten waren und
versuchten, den eingesammelten Schatz zur Staatskasse in Mailand
zurückzuschaffen. Dieser Loyalisten entledigten sich Hoffmanns Leute
sehr schnell. Hauptmann
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