Der Schatz von Dongo
Hoffmanns Villa gefunden haben, sind kleine
Fische. Ich bin im Besitz von Informationen, die Sie zum Hauptteil
dessen führen könnten, wonach Sie suchen. Erwarten Sie mich heute abend
um 23.30 Uhr in Leonardos Trattoria. Setzen Sie sich allein an einen
Tisch. Kommen Sie unter allen Umständen allein. Bringen Sie als
Anzahlung 15 kg Gold mit.«
Arnoldo und ich erschraken sehr. Wir konnten kaum fassen, daß
unsere Sicherheitsvorkehrungen so unwirksam sein sollten. Anscheinend
war irgend jemand ausgezeichnet über unsere Tätigkeit in Como
informiert. Ich hielt es für besser, den Zettel zu
ignorieren – es roch etwas faul an der Sache –, aber
Arnoldos Nase schien nicht so empfindlich zu sein. Er meinte, wir
dürften diese Möglichkeit auf keinen Fall unerforscht lassen, da wir
außer Hoffmanns Villa keine weiteren Anhaltspunkte mehr besäßen. Und zu
verlieren hätten wir dadurch nichts. Ich wandte ein, wir hätten doch
etwas zu verlieren. Was, wenn es sich einfach um eine List handelte,
mit der wir aus der Villa gelockt werden sollten, damit man sie
ungestört durchsuchen konnte? Was wir in unserer Orgel versteckt
hatten, stellte einen beachtlichen Wert dar. Arnoldo meinte, im
Vergleich zu dem Risiko, die bisher gesammelten Schätze zu verlieren,
sei die Möglichkeit, an die wirklich fette Beute zu gelangen, weit
vielversprechender.
Wir lösten das Problem zuletzt, indem wir beides vereinigten:
ich wollte in der Villa bleiben, während Arnoldo zu Leonardo ging. Es
gab durchaus keinen stichhaltigen Grund für uns, gemeinsam hinzufahren,
und falls sich herausstellte, daß eine sofortige Entscheidung getroffen
werden mußte, konnte Arnoldo nicht mehr aufs Spiel setzen als fünfzehn
Kilogramm Gold. Wir kannten Leonardos Trattoria gut, wir hatten schon
häufig dort gegessen. Es war ein belebtes, helles Restaurant am Lungo
Lario, ganz in der Nähe des Seeufers – ein unzweifelhaft
solides und relativ sicheres Lokal. Arnoldo trug seine unvermeidliche
Beretta im Halfter unter dem Arm und legte auf mein Drängen hin noch
eine zweite Schußwaffe unter das Gold, das er in einer Aktentasche mit
sich trug. Um elf Uhr brach er in dem geschlossenen Jeep auf, mit dem
wir aus Mailand gekommen waren, und ich schloß hinter ihm gut die
Haustür ab.
Jetzt, Jahre danach, bei meinem Bericht an Gibio, fürchtete
ich mich am meisten vor dem, was ich jetzt erzählen mußte, denn hier
gab es eine urplötzlich auftretende Lücke im Ablauf der Ereignisse, die
alles Vorhergehende zum Einsturz und zum Zusammenbruch bringen konnte.
Was damals, in jener Nacht, in unserer Villa geschah, davon
habe ich nur eine vage Vorstellung. Ich setzte mich hin, um den
Tagesbericht auf der Maschine zu schreiben, und danach weiß ich nichts
mehr. Ich kann mich an nichts von dem erinnern, was nach Arnoldos
Weggehen geschah. Als ich wieder zu mir kam, war es Morgen, und die
Hausangestellte, die zur üblichen Zeit gekommen war, weckte mich für
das Frühstück. Ich hatte Kopfschmerzen, die sich wie ein Reif quer über
meine Augen zogen, mein Mund war trocken, und es fiel mir schwer, meine
Benommenheit abzuschütteln. Ich hatte das dumpfe, quälende Gefühl, daß
etwas Unangenehmes geschehen war – etwa wie jemand, der aus
einem fast erinnerten Traum erwacht –, und suchte krampfhaft
in meinem Gedächtnis, tastete mit den Fingern meiner Erinnerung darin
herum, bis ich jenes Quälende fast zu berühren schien. Doch es ganz zu
greifen, gelang mir nicht.
Dann fiel mir auf einmal Arnoldos Fahrt zu Leonardo ein. In
seinem Zimmer stellte ich fest, daß er sein Bett nicht benutzt hatte,
und fand auch nirgends ein Zeichen dafür, daß er überhaupt in die Villa
zurückgekehrt war. Das Hausmädchen sagte, die Tür sei wie immer
verschlossen gewesen. Ich rief Ted Middlekey in Zonico und unser
Hauptquartier in Mailand an, doch niemand hatte etwas von Arnoldo
gehört. Ich bat das Mädchen, mir ihr Fahrrad zu leihen, weil ich in die
Stadt müsse, doch als ich es holte, stand zu meinem Erstaunen unser
Jeep in der Garage. Er war vollkommen in Ordnung, und der Zündschlüssel
steckte. Ich untersuchte den Wagen sorgfältig, ohne Ergebnis. Ich ging
um die Villa herum, fand aber weder an den Seiten, wo riesige Hecken
das Grundstück abschlossen, noch hinten im Garten auf Rasenflächen und
Blumenbeeten ein Zeichen dafür, daß jemand hier gewesen war.
Ich stieg in den Jeep und fuhr zu Leonardo. Das Restaurant war
geschlossen, der Mann im Schuhladen nebenan aber erklärte
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