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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.E. Hotchner
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mir, wo ich
Leonardo auftreiben konnte. Gewiß, gewiß, er kannte Arnoldo gut. Nein,
am Abend zuvor war er nicht in der Trattoria gewesen. Ja doch,
bestimmt, er, Leonardo, hatte ein wachsames Auge für seine Gäste, und
ein so guter Esser wie Arnoldo, den er ja kannte, wäre seinem
Adlerblick niemals entgangen, vor allem nicht zu so später Stunde.
    Ich rief bei Arnoldo zu Hause in Bellagio an. Am Apparat war
Pietro, sein Bruder – feindselig, sowie er meine Stimme
erkannte. Nein, Arnoldo sei nicht da, doch Pietro wollte sofort von mir
wissen, ob etwas passiert sei, und fing an, mich mit unbequemen Fragen
zu bombardieren. Ich legte rasch auf und rief noch einmal Ted Middlekey
an. Ich wollte ihn bitten, so schnell wie möglich nach Como zu kommen,
erfuhr dann aber, daß er sich bereits auf den Weg gemacht hatte.
    Auf der Rückfahrt zur Villa faßte ich den Entschluß, Arnoldos
Zimmer gründlich zu durchsuchen und auch unseren Schatz zu inspizieren.
Als ich jedoch in die Einfahrt einbog, stieß ich auf zwei
Polizeifahrzeuge. Sie waren leer, doch vor der Haustür stand ein
Polizist, der gleich herüberkam, als er mich sah.
    Er fragte mich, wer ich sei, und sagte dann, daß Chef Orsatti
mich sprechen wolle – dringend. Ich folgte ihm ins Wohnzimmer.
Kurz darauf betrat der Polizeichef das Zimmer durch die Gartentür. Er
war sehr höflich und zuvorkommend, wie es die italienische Polizei dem
Militär gegenüber immer ist, und betonte, daß er es sehr bedauere, mich
vernehmen zu müssen, daß aber die tragischen Umstände es leider
verlangten. Die tragischen Umstände waren die folgenden: Ein
Nachbarshund, ein zutraulicher, weiß-brauner Pyrenäe, der sich bei uns
viel häufiger aufhielt als bei seinem Herrn, hatte in unserem Garten
eine frisch umgegrabene Stelle entdeckt, dort ebenfalls gewühlt und die
oberflächlich beerdigte Leiche Arnoldo Disios gefunden. Das Mädchen war
in den Garten gekommen, um den Hund zu verjagen, fand den Toten und
hatte die Polizei gerufen. Der Chef berichtete weiterhin, der Tote
werde gerade von einem ortsansässigen Mediziner, den man als Amtsarzt
bestallt hatte, untersucht.
    Ich sagte ihm die ganze Wahrheit über Arnoldos Vorhaben am
vergangenen Abend, doch dann fiel mir ein, wie merkwürdig die Rolle
war, die ich dabei selber gespielt hatte – die Tatsache
nämlich, daß ich mich nur noch an meine Schreibarbeit und danach an gar
nichts mehr erinnerte. Deswegen bat ich, mit der Vernehmung zu warten,
bis der Leiter meiner Einheit einträfe und ich seine Erlaubnis zur
Aussage bekäme. Möglicherweise fiel diese Angelegenheit in die
Gerichtsbarkeit des Militärs … Der Polizeichef erwiderte, er
sei durchaus bereit, die Vernehmung aufzuschieben, erkundigte sich
aber, ob ich denn wüßte, daß Arnoldo als Partisan keinen offiziellen
militärischen Status bekleidete, auch wenn er an einem militärischen
Projekt mitarbeitete.
    Sobald der Chef in den Garten zurückgekehrt war, öffnete ich
das Versteck unter der Orgel. Nichts deutete darauf hin, daß der
Teppich, der es abdeckte, oder die tarnende Apparatur unter dem Podium
berührt worden waren. Dennoch war der Schatz verschwunden. Alles. Die
dreiunddreißig Millionen Lire in Tausend-Lire-Scheinen, unsere 90.000
Dollar Arbeitskapital, die zweiundzwanzig Kronjuwelen, die
Lederkassette mit Mussolinis kostbaren Orden und die drei Säcke Gold
und Eheringe. Nicht eine Spur mehr davon vorhanden. Das war das erste
und einzige Mal im Leben, daß ich erlebte, was kalter Schweiß ist. Ich
glaube, ich hatte in jenem Moment eine furchtbare Ahnung von dem, was
mich erwartete, auch wenn mir die Einzelheiten zu diesem Zeitpunkt
natürlich noch nicht bekannt waren.
    Die sollte ich jedoch bald genug kennenlernen. Bei der
Durchsuchung des Hauses hatte ein Polizist meinen Dienstrevolver
gefunden, der in meinem Zimmer im Kleiderschrank an einem Haken hing.
Eine Kugel fehlte. Die Waffe war erst vor kurzem abgefeuert worden.
Arnoldo war an einer einzigen Kugel in den Hinterkopf gestorben. Der
untersuchende Arzt hatte die Bahn des Geschosses rekonstruiert. Es
hatte Arnoldos Schädel durchschlagen, und seine Spitze ragte über dem
rechten Auge aus der Stirn des Toten. Das Kaliber paßte zu meinem
Revolver.
    Kurz nachdem Middlekey und Bis de Jong aus Dongo
kamen – Lefèvre lag mit Gelbsucht im Krankenhaus –
und ehe sie alles, was sich abgespielt hatte, richtig verarbeiten
konnten, machte man eine weitere Entdeckung, die mir die Schlinge noch
enger um den Hals

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