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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.E. Hotchner
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Tätowierung, an der die ganze Welt sehen konnte, daß ich
ein ehemaliger Sträfling war. Die Prostituierten, die sich beim
Isedra-Brunnen herumtrieben, sprachen mich zwar an, doch Prostituierte
hatten mich immer schon abgestoßen, und jetzt taten sie es erst recht.
    Zweimal bekam ich einen Anruf von Natalie Reeder. Beim
erstenmal lud sie mich zu einer Dinner-Party ein, die ziemlich
offiziell zu sein schien. Ich wußte, daß ich dort fehl am Platz war.
Die zweite Einladung jedoch nahm ich mit Freuden an. Ich sollte mit
einer ganzen Gruppe ihrer Bekannten zur Porta Portese fahren und
Ingrid, den entführten Labrador, finden helfen, dem die zweibeinige
Ingrid, die Fotografin, immer noch nachtrauerte.
    Die Porta Portese ist wohl der letzte echte Diebsmarkt von
ganz Europa. Die Polizei fragt nie nach der Herkunft des wilden
Durcheinanders von Gegenständen, die zum Verkauf angeboten werden, und
Vorschriften, wer was und wie verkaufen darf, existieren nicht. Das
Angebot reicht von einem Stuckbrocken aus der Renaissance, der das
Porträt eines Medici-Novellen trägt und unfeinerweise aus der Wand
einer Villa in Florenz herausgehackt wurde, bis zu einer uralten,
verbogenen Schallplatte von Rudy Vallee, auf der er ›O Sole Mio‹ singt.
Das meiste ist jedoch Schund, und nur wenn man einen guten Blick,
Geduld und die seltene Gabe mitbringt, aus einem Misthaufen eine Rose
herauszupicken, kann man, soweit ich festgestellt habe, aufregende
Dinge erwerben. Ich jedenfalls war nicht als Käufer gekommen, und auch
die anderen konzentrierten sich ganz auf das ›Unternehmen Hundefang‹.
Natalie teilte uns in sechs Gruppen ein, die in die verschiedenen
Sektionen des Marktes ausschwärmten und Handzettel mit einem Foto und
der Beschreibung von Ingrid verteilten. Unsere Gruppe war schon seit
über einer Stunde am Werk, als wir plötzlich hörten, daß eine unserer
Gruppen am anderen Ende des Marktes Kontakt bekommen und die
vierbeinige Ingrid für lumpige sechstausend Lire zurückgekauft hatte.
    Anschließend trafen wir uns alle bei den Reeders. Die beiden
Ingrids tranken Champagner, und ich fühlte mich zum erstenmal nicht
ganz als Außenseiter. Natalie zeigte mir einen Brief der amerikanischen
Botschaft, der auf Dans Schreibtisch lag und besagte, mein Antrag auf
viermonatige Aufenthaltsverlängerung werde genehmigt, falls die italienischen Behörden zustimmten. Außerdem gab sie mir einen
großen Pappkarton, den Dan noch vor seiner Abreise gepackt hatte und
der verschiedene Dinge enthielt, die er als ›Kleider zum Wechseln‹
bezeichnete.
    Später dann führte mich Natalie zu einem kleinen, mit
Spitzdach gekrönten Bau am Ende des kleinen Gartens hinter dem
Haupthaus und zeigte mir ihr Atelier. Hier sah ich zwar unter anderem
auch Ölbilder von ihr – Erinnerungen an ihre
Malperiode –, doch die Betonung lag in diesem Raum auf den
großen, mächtigen Maschinen und den polierten Skulpturen aus rostfreiem
Stahl, die damit hergestellt wurden. Ich konnte zwischen der femininen
Natalie, die hier zartgewandet neben mir stand und mit ihrer so
hübschen Stimme über diese riesigen, kistengleichen Dinger sprach, und
der sehr maskulinen Künstlerin, die diese Werke geschaffen hatte,
keinen Zusammenhang sehen. Ich hätte sie bei der Arbeit beobachten
müssen, um wirklich daran glauben zu können, daß sie mit diesen
Giganten hantierte.
    Sie mußte meine Skepsis gespürt haben. »Einen Vorteil hat ein
weiblicher Bildhauer«, sagte sie. »Vielleicht verkauft sie nicht viel,
aber sie bekommt auf jeden Fall kräftige Unterarme. Fühlen Sie mal!
Nein, fassen Sie richtig zu, da, unter dem Ellbogen! Ist das nicht
schön? Dan sagt, ich bin die einzige Frau der Welt, die an den
Unterarmen Venushügel hat. Das kommt von meinen Arbeiten mit Hickory,
bevor ich meine Liebe zu rostfreiem Stahl entdeckte. Ich habe zehn
Stunden am Tag geschuftet. Finden Sie das Stück hier nicht hinreißend?
Ich nenne es ›Auf den Kopf gestellter Narziß‹. Wollen Sie mal was
fühlen, was richtig sexy ist? Streichen Sie mit der Hand hier unten
entlang …« Sie nahm meine Hand und führte sie über die glatte,
sinnlich anmutende Unterfläche des kalten Stahls. Nichts Offenkundiges,
gewiß, aber die Art, wie sie meine Hand auf ihren Unterarm gelegt hatte
und nun meine Hand mit der ihren lenkte, während ihre linke Brust ganz
beiläufig und möglicherweise absichtslos meinen Arm berührte –
erzeugte ein gewisses Unbehagen in mir. Ich wollte absolut alles
vermeiden,

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