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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.E. Hotchner
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gekleideten
Opera-buffa-Polizisten. Ja, ich genoß sogar die Hauptverkehrszeit im
Bus, der mich von meiner Pension zum Synchronstudio brachte, genoß es,
Teil dieser sich frei bewegenden Menschenmenge zu sein. Den schönsten
Abend verbrachte ich in der Halle des Excelsior, wo ich ganz einfach
dasaß und Ebbe und Flut der Ankommenden und Abreisenden beobachtete.
    Das waren meine Vergnügungen, die mich vorübergehend von der
steigenden Nervenanspannung im Hinblick auf meine Schatzsuche
ablenkten. Einen großen Teil der freien Zeit im Synchronstudio
verbrachte ich mit dem Lesen alter und neuer Bücher und mit der
Durchsicht meiner Zuchthausnotizen. Ich wollte gut auf den Termin beim
Kunstkollegium vorbereitet sein, wo ich, wie ich hoffte, meine
lebensnotwendige archäologische Genehmigung bekommen würde. Meine
Stimmungen schwankten zwischen Verzweiflung, weil ich von Gibio nichts
hörte, und der resoluten Zuversicht, daß ich es im Notfall auch im
Alleingang schaffte.
    In physischer Hinsicht bestand mein Problem hauptsächlich
darin, daß ich mir den vierundzwanzigjährigen Tageszyklus des
Zuchthauslebens – Aufstehen um 5.30 Uhr, Licht aus um 22.00
Uhr – nur schwer abgewöhnen und mich den römischen Gebräuchen
einfach nicht anpassen konnte, den langen Siestas und dem Nachtleben,
das erst begann, wenn bei uns im Zuchthaus das Licht gelöscht wurde. Es
war zum Beispiel praktisch unmöglich, ein Restaurant zu finden, das vor
neun oder zehn Uhr abends öffnete, ein Zeitpunkt, zu dem mein
bedauernswerter, verwirrter Magen längst nach seiner gewohnten
Fütterung verlangte. Außerdem konnte ich nach zehn Uhr abends nur
mühsam die Augen offenhalten, denn zehn Uhr war in meiner Zelle die
Stunde des Licht-Aus, die Stunde, zu der die Glocke zum letztenmal
läutete und ich die Birne herausschraubte.
    Und noch ein weiteres körperliches Phänomen quälte mich:
Schweißausbrüche. Ich kann es nur schwer beschreiben und noch schwerer
erklären. Es waren nicht die üblichen nächtlichen Schweißausbrüche, die
hatte ich im Zuchthaus auch manchmal gehabt und sie meinen schlechten
Träumen zugeschrieben. In diesen ersten Tagen in Rom jedoch litt ich
tagsüber und zu den merkwürdigsten Zeiten an Schweißausbrüchen. Ein
ganz bestürzendes Gefühl, wenn man sich ruhig mit jemandem unterhält,
in einem kühlen, schattigen Café oder sogar in einem luftgekühlten Kino
sitzt, weder an etwas Unangenehmes denkt noch sich besonders
unbehaglich fühlt – und dann plötzlich diese Schweißausbrüche
am ganzen Körper, bei denen sogar die Kopfhaut feucht wurde, ich meine
Finger, wenn sie unter dem Hemd herumtasteten, triefnaß hervorzog, und
meine Hand, wenn ich sie am Knöchel unter das Hosenbein schob, nachher
vor Nässe glänzte. Schweißtropfen auf der Stirn – so stark,
daß sie mir an den Schläfen herunterrannen. Und wenn ich irgendwo, wo
es kühl war, mein Taschentuch hervorholen und mir den Schweiß abwischen
mußte, verständnislose Blicke der Leute, die mich anstarrten, bis ich
verlegen wurde.
    Dann war der Schweiß auf einmal wieder verschwunden –
ebenso plötzlich, wie er gekommen war. Als hätte ich eine Art
porengesteuertes Bewässerungssystem im Körper, das seinen Inhalt
ausstoßen und wieder aufsaugen konnte. Mir wurde klar, daß es sich um
Angstschweiß handelte, doch diese Erklärung erleichterte keineswegs das
qualvolle Gefühl, das mich überkam, wenn ich wieder einmal so naß war,
als wäre ich geradewegs aus der Dusche gekommen.
    Ein weiteres Problem waren die Frauen. Das war eigentlich das
sonderbarste von allem. Nach jener Party bei Dan war ich fest überzeugt
gewesen, daß Iris mein Prüfstein sei, hatte an jenem Tag den ganzen
Nachmittag geglaubt, daß ich mit ihr ins Bett gehen würde. Ich hatte an
ihren Mund gedacht, hatte mir ihre Brüste vorgestellt und das
überwältigende Gefühl, da ich in sie eindrang. Ich dachte an ihren
kleinen, flachen Hintern und ihre schmalen Hüften und meinte, mit
meinen erwartungsgespannten Sinnen ihre Haut auf der meinen zu spüren.
Den ganzen Tag hindurch waren meine Haut und meine Lenden von dieser
freudigen Erwartung sensibilisiert gewesen, und als es dann doch nicht
klappte, quälte mich das Begehren weiter. Da Iris aber nicht in Rom
war, konnte ich nichts dagegen tun. Schon als junger Mann war ich nicht
gut im Aufreißen von Mädchen gewesen. Die Zuchthausjahre hatten mir das
Gefühl eingeimpft, ein unsichtbares Brandzeichen zu tragen, eine
verräterische

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