Der Schatz von Dongo
Preßluftbohrer hinstellte.
Wir tranken bitteren Kaffee und süßen Likör. Keva tanzte jeden
zweiten Tanz mit Bis, der langsam zu lächeln begann und uns bald Witze
erzählte.
Um Punkt elf Uhr verabschiedete er sich, nachdem er sich erst
noch mit mir für den folgenden Tag zum Lunch verabredet hatte. Keva
ergriff meinen Arm, und wir schlenderten den Kai entlang, der von
leichtem Dunst eingehüllt war. Über die Strombron-Brücke kamen wir in
die Altstadt. Die Atmosphäre hier glich dem Quartier Grenelle in Paris.
Keva suchte in den alten, schmalen, winkligen Straßen nach einem
Kellerlokal, das sie kannte – ›Fratis Källare‹ –, das
sie in dem dichter werdenden Nebel aber nur mit Mühe fand. Es lag in
einem alten Gewölbe, eine Reihe von Räumen, die über eine lange,
schmale, steile Treppe zu erreichen waren. Wir bestellten Bier.
»Was haben Sie gemacht, bevor Sie bei Mr. de Jong anfingen?«
erkundigte ich mich.
»Ich habe für das Fernsehen Interviews gemacht, aber es wurde
zuviel von mir verlangt, was mit dem Fernsehen nichts zu tun hatte. Und
damit sind wir wieder bei den schwedischen Männern. Vermutlich denken
Sie jetzt, daß ich nicht viel von ihnen halte. Es ist sehr ungewöhnlich
für mich, abends so auszugehen wie heute.«
»Wollen Sie sagen, daß Sie nie zum Essen ausgehen?«
»Ja. Ich esse nur mittags, weil ich nicht gern allein esse,
und in der Firma gibt es immer Leute, mit denen man essen kann. Aber
ich denke nicht daran, mit schwedischen Männern zu Abend zu essen, die
dann mich selber als Nachspeise haben wollen.«
»Was ist aber mit anderen Männern? Verreisen Sie manchmal und
lernen andere Männer kennen?«
»Oh, andere Männer habe ich auch schon kennengelernt, nur eben
nicht viele. Zum Beispiel Michael Bamberg. Er nahm mich in die
Vereinigten Staaten mit, aber er mußte sehr vorsichtig sein –
wegen seiner Frau, die er sehr liebte. Wir waren drei Tage zusammen im
›Fairmount‹, einem Hotel in San Francisco. Ich liebe San Francisco. Ich
glaube, ich würde gern ganz in Amerika leben, noch viel lieber aber in
Rom. In Amerika könnte ich einen Toilettentisch voll hübscher Flaschen
haben, mich immer mit schönen Sachen einreiben und mein Gesicht
pflegen. Jetzt habe ich nur Wasser, Seife und eine Coldcream, die nach
Hering riecht.«
Sie hob ihr Glas. »Das ist mein erster Drink. Was sagen Sie
dazu?«
»Der erste in Ihrem Leben?«
»O nein, nicht in meinem Leben, aber ich hatte viele Wochen
lang eine Nierenentzündung und durfte nichts trinken. Der Arzt
verschrieb mir ein Medikament, aber ich konnte es nicht nehmen. Es war
in einer kleinen Röhre, die ich da hineinstecken sollte, wo ich pipi
mache. Ich war perplex – ist das nicht ein schönes Wort? Ich
fragte ihn: ›Wollen Sie sagen, daß ich extra etwas habe, womit ich pipi
mache?‹ Ich bin dreißig Jahre alt und wußte nie, daß ich dafür eine
spezielle Einrichtung habe. Na ja, das Medikament habe ich nicht
genommen. Ich habe mir große Mühe gegeben, aber ich konnte einfach die
Stelle nicht finden, wo ich es hineinstecken sollte.«
Kevas Wohnung bestand aus drei Zimmern,
Küche und Bad – einem sehr seltsamen Bad, in dem es lediglich
ein Waschbecken, nicht aber eine Badeeinrichtung gab. Den meisten Platz
nahmen große, rote Plastikkanister voll Heizöl ein. Die Toilette befand
sich in einem eigenen Raum.
Sowohl das Wohnzimmer als auch Kevas Schlafzimmer wurden von
riesigen kakelugns beherrscht, weißen,
wunderschönen Öfen aus Porzellan, die eine halbe Wand einnahmen und bis
an die hohe Decke reichten. Die Möbel wirkten improvisiert, doch Kevas
Einfallsreichtum machte ihren sichtlichen Mangel an Geld wieder wett.
Hinter dem Schlafzimmer, das wenig mehr enthielt als ein großes,
quadratisches Bett, den kakelugn , ein Bücherregal und einen Plattenspieler, befand sich eine knallrot
gestrichene Küche und dahinter das Zimmer der beiden Söhne mit einem
zweistöckigen Bett.
Keva zündete eine dicke, gedrungene Kerze an, die auf einem
Tisch neben dem Plattenspieler stand, und dann eine zweite auf dem
kleinen Tisch neben ihrem Bett. Sie möge kein elektrisches Licht,
erklärte sie.
»Darf ich ein paar Platten spielen? Das ist einer von meinen
Ticks, ich muß immer Musik hören. Chopin ist für mich wie
Appetit – ich meine wie Hunger, Durst. Ich muß jeden Tag ein
bißchen Chopin haben.«
Sie kam auf mich zu und blickte lächelnd zu mir empor. Sie
knöpfte meine Jacke auf, zog sie mir dann aus, löste geschickt
Weitere Kostenlose Bücher