Der Schatz von Dongo
nichts
ist, dann ist da nichts. Banksafes oder Tresore aber gibt es, wie du
wohl weißt, in dieser Gegend nicht.«
»Und wo bewahrt Gattamelata seine Wertsachen auf?«
»Er hat einen Safe in seiner Werkstatt, aber den hat Giorgio
auch schon durchsucht. Nichts.«
»Warum sprichst du sie nicht einfach daraufhin an? Herrlicher
Schmuck, den Sie da haben! Woher stammt er eigentlich?«
»Es wird uns wohl nichts anderes übrigbleiben. Aber wir müssen
den richtigen Zeitpunkt abwarten.«
»Ach was! Ich weiß nicht. Ein paar Komplimente, ein bißchen
Honig ums Maul … Bei einer Frau ist jeder Zeitpunkt richtig,
ganz gleich, in welchem Alter sie ist. Im Gegenteil, je älter sie ist,
desto empfänglicher ist sie dafür.«
»Möchtest du sie übernehmen?«
»Ich möchte nicht, aber ich werde es.«
»Okay. Also, was haben wir weiter? Die paar Hinweise, die ich
aus dem Padua-Protokoll habe. Zum Beispiel die Aussage der
Zatta-Zwillinge über die Kiste im Mera-Fluß. Die können wir in den Wind
schreiben.«
»Vielleicht haben Ted und Bis sie nur übersehen.«
»Möglich, aber vorläufig wollen wir mal annehmen, daß es ein
Fehlschlag war. Bleiben noch zwei Spuren, denen wir bis jetzt noch
nicht nachgegangen sind. Nicht etwa, weil ich sie vergessen hätte. Ich
habe lange darüber nachgedacht, aber so etwas rutscht einem aus der
Hand wie nasse Seife. Zunächst die Zeugin, die aussagte, daß Gianna,
die bei der Bestandsaufnahme geholfen hat, das Verzeichnis in die
Schule brachte, wo es mit Hilfe einer weiteren Person abgetippt werden
sollte.«
»Du willst doch nicht etwa behaupten, daß diese Information
nach Aussichten riecht.«
»Riechen nicht, aber vielleicht ist da doch ein schwaches
Düftchen, eine Ahnung, die meine Nase gerade noch spürt.«
»Dann mußt du eine weit feinere Nase haben als ich.«
»Nun gut, aber jetzt die zweite Spur. Damals, als diese
Juwelen weiterverfrachtet wurden, hieß es: ›Das ist die
Squassoni-Lieferung für Dongo.‹ Warum sollte es uns nicht gelingen,
diesen Squassoni aufzutreiben? Ganz gleich, ob er nur damals existiert
hat oder ob er auch heute noch existiert.«
»Zugegeben, diese Spur ist etwas aussichtsreicher, aber ich
glaube nicht, daß es gut ist, schlafende Hunde zu wecken. Vor
vierundzwanzig Jahren hat jemand den Namen Squassoni erwähnt. Na und?«
»Und die Aussage des Partisanen, der erklärte, es wären
Ausländer dabeigewesen und nicht nur Partisanen, als der Schatz sich
noch hier in der Gegend befand? Bist du der gegenüber ebenfalls
skeptisch?«
»Zweifellos meinte er Luigi Hoffmann. Und damit wären wir
wieder in derselben Sackgasse gelandet. Denn wir haben nicht einen
einzigen Hinweis darauf, wo wir diesen Hoffmann überhaupt suchen
sollen. Und die drei Säcke voll Eheringe. Und den Kasten mit den
zweiundzwanzig Kronjuwelen. Und die Kisten mit den dreißig Millionen
Lire. Das ganze Zeug aus dem Orgelpodium eurer Villa in Como.«
»Du bist mir viel zu verdammt zynisch, Dan.«
»Ich bin verdammt realistisch, weiter nichts.«
»Was aber ist mit Richter Rambellini und seinem plötzlichen
Reichtum?«
»He, Herr Richter! Warum haben Sie damals den Prozeß
abgebrochen, und woher kommt es, daß Sie auf einmal in London
Rennpferde besitzen, und eine Villa in Florenz, und ein Hotel auf
Capri? Und warum haben Sie von heute auf morgen Ihren lebenslänglichen
Richterposten aufgegeben? Würden Sie uns das bitte erklären?«
»Okay, du Witzbold. Du weißt ebensogut wie ich, daß es überall
Menschen gibt, die alles ausplaudern, solange der Preis entsprechend
ist. Vielleicht nicht gerade in einer kleinen Ortschaft wie dieser, wo
jeder praktisch den Pulsschlag des anderen kennt. Aber Ted hört sich in
London 'rum, und wenn überhaupt jemand, dann kann er die Stelle im
Nacken des Richters finden, in die er den tödlichen Degen stößt.«
»Falls ihn der Richter nicht vorher schon auf eins seiner
Hörner nimmt. Er ist kein Kampfstier mit nur zwei Hörnern. Ich möchte
wetten, der Richter hat zwanzig bis dreißig Hörner, und du bist dir
wohl klar darüber, wie gefährlich es ist, mit einem solchen Monstrum in
die Arena zu steigen?«
Genau wie mit unseren Spuren ging es uns heute auch mit den
Fischen: sie waren zwar da, aber wir konnten sie nicht in den Griff
kriegen. Durch die belaubten Bäume drang warm, aber nicht drückend
geflecktes Sonnenlicht, und nach einer Weile beschwerten wir die Enden
unserer Angeln mit Steinen und streckten uns auf dem grasbewachsenen
Ufer aus.
Ich
Weitere Kostenlose Bücher