Der Schatz von Dongo
Dosen
Tomaten und Tomatenmark, eine ungeöffnete Büchse Olivenöl,
Anchovis-Konserven, ein großes Glas Pimientos, ein paar Büchsen
Thunfisch, reichliche Mengen getrockneter Kräuter und die
verschiedensten anderen Zutaten.
»Ich wünschte, unsere Kleider wären trocken«, sagte sie. »In
diesem Aufzug muß man Indianer sein, um kochen zu können.«
»Ich glaube, ich habe in einer Kiste auf dem Boden
Kleidungsstücke gesehen. Augenblick, ich werde sie holen.«
Die Kiste enthielt Männerkleidung, die, wie Julietta
feststellte, ihrem Onkel Pietro gehört hatte. Die Sachen waren mir eine
Nummer zu groß, während Julietta natürlich darin versank, aber mit
vielem Aufrollen und Einstopfen konnten wir sie einigermaßen auf unsere
Größen reduzieren.
Ein leerer Blumenbottich vor der Küchentür war bis an den Rand
mit Regenwasser gefüllt. Ich goß es in zwei Töpfe, die ich an Haken
über das Feuer hängte. Sobald das Wasser zu sprudeln begann, kochte
Julietta die Spaghetti darin und kreierte aus dem Durcheinander von
Ingredienzien, die sie gefunden hatte, eine köstliche Sauce.
Wir aßen gierig, tranken viel Wein dazu und sprachen wenig.
Der nicht nachlassende Lärm des Gewitters rings um das Haus war
deprimierend.
»Würden Sie nach diesem Essen glauben, daß ich zu den
Italienern gehöre, die keine Spaghetti mögen?«
Sie mußte über sich selber lachen, als sie mir ihren leeren
Teller vorwies.
»Sie haben diese primitiven Spaghetti auf das Niveau eines
Chateaubriand erhoben.«
»Und würden Sie glauben, daß ich eine sehr schlechte Köchin
bin?«
»Ich trinke auf die Kunst der schlechten Köchin.« Wir hoben
das Glas.
»Haben Sie noch einmal über das Tagebuch meiner Mutter
nachgedacht?«
»Ja. Wer könnte dieser ›Freund‹ nur gewesen sein, der da ins
Restaurant kam? Darüber habe ich nachgedacht. Freund. Was für ein
Freund? Ihren Onkel Pietro hätte er wohl kaum als Freund bezeichnet.
Und auch niemanden, den Ihre Mutter kannte. Jeden, den sie ebenfalls
kannte, hätte er namentlich genannt. Also war es ein Freund, den Ihre
Mutter nicht kannte. Es muß ein Mitglied der Partisanengruppe gewesen
sein, mit der Arnoldo zusammenarbeitete. Und dann besteht natürlich der
starke Verdacht, daß dieser angebliche Freund auch derjenige war, der
dieses Rendezvous arrangiert hatte, um ihn aus dem Weg zu räumen.«
»Aber warum? Mein Vater war ein loyaler Partisan gewesen, der
Organisation immer treu ergeben …«
»Jawohl, gewesen. Hier aber handelte es
sich um kommunistische Partisanen, denen Arnoldo nicht helfen wollte,
als sie versuchten, den Schatz für die kommunistische Partei
sicherzustellen. Im Gegenteil, als Mitglied unserer alliierten
Kommission, die den Schatz für ihre eigenen Zwecke finden wollte,
arbeitete er sogar gegen sie. Wir wissen nicht, was
in jener Nacht wirklich geschah. Vielleicht versuchte der unbekannte
Freund ein Geschäft mit ihm zu machen. Er wußte zweifellos von den
Sachen, die wir unter dem Orgelpodium unserer Villa versteckt hatten,
und war darauf aus, sie in die Hand zu bekommen. Vermutlich hatte
dieser Mann auch, ehe er sich mit Ihrem Vater traf, die ausgeklügelten
Pläne in Szene gesetzt, die mich kompromittieren sollten. Ich nehme an,
er hatte dabei Komplizen. Doch ob der Mord an Arnoldo von irgendwelchen
Bedingungen abhing, auf die er nicht eingehen wollte … Wer
weiß? Ich meine nur, es wird langsam Zeit, diejenigen seiner ehemaligen
Partisanenfreunde ausfindig zu machen, die möglicherweise noch in der
Gegend von Dongo sind. Ein Freund. Wir müssen unbedingt feststellen,
wer seine Freunde waren. Wer waren die Männer, denen er das größte
Vertrauen schenkte?«
Julietta brachte mich in einem Schlafzimmer
unter, das auf den See hinausging. Bettlaken fanden wir nicht, aber es
gab genügend Wolldecken, so daß wir eine davon über die Matratze des
großen, vierpfostigen Messingbettes breiten konnten. Zuerst machten wir
mein Bett, dann richteten wir für Julietta das Bett in einem Zimmer am
anderen Ende des Korridors her. Es war ein kleines Zimmer mit nur einem
Fenster, dessen Läden Julietta fest verschloß.
Ich war sehr müde, sehr satt und leicht betrunken vom Wein.
Ich schlief in meinen geliehenen Kleidern fast unmittelbar
ein. Mein wüster Traum endete abrupt mit einem Donnerschlag, der
buchstäblich das ganze Haus erschütterte. Entsetzt fuhr ich hoch, im
Schlaf hatte ich das Gefühl gehabt, eine Bombe explodiere im Haus.
Abermals ließ der Donner die Wände
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