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Der Schatz von Dongo

Der Schatz von Dongo

Titel: Der Schatz von Dongo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.E. Hotchner
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Mussolinis Flucht in die Schweiz und
seinen Aufenthalt dort, Berichte über die Partisanentätigkeit im
Norden, verschiedene militärische Meldungen – alles genau wie
in der Aussage des Partisanen Urbano Lazarro beschrieben, der in
Mussolinis Gegenwart in Dongo dessen lederne Aktentasche durchsucht und
diese sowie andere in der Liste aufgeführte Dokumente gefunden hatte.
    Ein zweiter Aktendeckel enthielt Briefe und Dokumente, die
Mussolini mit Hitler ausgetauscht hatte. Hitlers Briefen war jeweils
die getippte italienische Übersetzung angeheftet, Mussolinis Briefe
waren Durchschläge. Die Briefe selbst waren mit der Maschine
geschrieben, einige aber trugen handschriftliche Zusätze oder
Randbemerkungen der Diktatoren. Außerdem enthielt dieser Hefter einen
Stoß Vorkriegskorrespondenz zwischen Mussolini und Winston Churchill.
Das gab mir zu denken, denn wie ich mich erinnerte, hatte Lazarro in
seiner Aussage erklärt, die Churchill-Korrespondenz befinde sich in
einem separaten Aktenhefter.
    Der letzte Gegenstand im Öltuchbeutel war ein Tagebuch, auf
dessen Einband stand: ›Dem italienischen Volk zur Kenntnis,
IV‹ – anscheinend der vierte Band von des Duces lange
gesuchtem und überaus wertvollem Tagebuch. Ich erklärte Julietta, was
alle diese Dokumente zu bedeuten hatten, und setzte hinzu, die
Churchill-Briefe und das Tagebuch gehörten nach meiner Ansicht
eigentlich nicht dazu, sondern müßten irgendwie aus ihren
ursprünglichen Aktendeckeln entfernt worden sein.
    »Was heißt das, Paul? Wer könnte das gewesen sein –
der Mann, der wußte, daß diese Papiere da versteckt waren, und es dann
einem Priester in London beichtete? Und wieso waren sie so dicht beim
Haus von Rachele Mussolini versteckt? Glaubst du, daß sie davon wußte?
Bestimmt nicht, sonst hätte sie sie doch sicher herausgeholt, wie?«
    »Das alles sind Fragen, die ich nicht beantworten kann. Aber
wir wissen, daß der Beichtende ein frommer Mann war, der es nicht
wagte, sich in Italien einem Priester anzuvertrauen. Vielleicht bot ihm
die Reise nach London überhaupt die erste Gelegenheit, sein Gewissen zu
erleichtern. Seine Nervosität im Beichtstuhl läßt eindeutig auf große
Angst schließen. Er hatte Kenntnis von einem Geheimnis – dem
Versteck –, das andere unbedingt in Erfahrung bringen wollten,
und diese anderen hätten ihn erkennen können.«
    »Hat er dem Priester in London erlaubt, die Information an
Scotland Yard weiterzugeben?«
    »Ja. Sonst hätte der Priester niemals das Recht gehabt, etwas
weiterzugeben, was ihm im Beichtstuhl anvertraut worden war.«
    »Der Denunziant wollte also, daß die Papiere gefunden wurden?«
    »Ja. Und er wollte, daß sie von der italienischen Polizei
gefunden wurden, damit sie wieder in die Hände der italienischen
Regierung gelangten. Offensichtlich ein altruistischer Denunziant.«
    »Wir haben es also mit einem Italiener zu tun, der sich
fürchtet, in Italien selbst etwas zu unternehmen, nach London fährt und
voll Angst versucht, die Information dort loszuwerden.«
    »Weißt du, Julietta, ich glaube, du hast da gerade jemanden
beschrieben, der uns nicht unbekannt ist. Wir kennen ihn nicht
persönlich, aber er ist uns nicht unbekannt.«
    »Wen meinst du?«
    »Richter Rambellini aus Padua.«
    »Den, der den Prozeß eingestellt hat? Aber warum, in aller
Welt, sollte er diese Papiere umsonst hergeben?«
    »Schwer zu sagen. Manchmal gewinnt eben das Gewissen die
Oberhand über die Habgier des Menschen.«

18
    D er Fund in der Kirche von Carpignano machte
tiefen Eindruck auf meine Kollegen von der Spedizione Internazionale.
Ich war auf einmal nicht mehr nur skeptisch geduldet, sondern die
Hitler- und Churchill-Briefe bekehrten Bis und Ted, der gerade von
London zurückgekommen war, zu wahren Gläubigen. Selbst Dan, der seit
unserer Abfahrt sein Zimmer nicht mehr verlassen hatte, kam herunter,
um mir zu gratulieren. Ich wünschte nur, Giorgio wäre schon wieder aus
Lugano zurück, um an diesem Triumph teilnehmen zu können.
    Am Nachmittag kam ein Bote per Fahrrad vom
Dorf herauf und brachte mir einen Brief. Der Junge war im Café Dongo so
eine Art Laufbursche. Er brachte den Boccia-Spielern im Garten Drinks,
bediente die Espressomaschine, räumte die Tische ab und holte
Zeitungen. Der Umschlag, auf dem nichts weiter als mein Name stand,
enthielt eine weiße Karte, auf die mit Druckbuchstaben geschrieben war:
    ›Ich habe Informationen, die Ihre nicht-archäologischen
Interessen betreffen.

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