DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)
rückt er heraus, «es gab nichts mehr zu erobern, und langsam aber sicher wurde es mir in Zürich zu eng!»
Hollywood! Das war schon immer seine heimliche Leidenschaft – und jetzt hatte er endlich genügend Mittel, um im schillernden Geschäft mit den Illusionen eine wichtige Rolle zu spielen. Zwar hatte er mit seiner Ehefrau, Regieassistentin Ina, bereits einige interessante Leute aus der deutschen Filmszene kennengelernt – darunter Götz George, mit dem er sich in den Ferien auf Sardinien einen Abend lang mit männlichen Kraftmeiereien vergnügte («Wer ist stärker im Armdrücken? Wer verträgt mehr Alkohol?») –, doch mit dem Macho-Duell «Schawinski gegen Schimanski» waren seine cineastischen Sehnsüchte längst noch nicht gestillt.
Also fing er Feuer, als an sein Ohr drang, der renommierte Schweizer Filmhändler Martin Hellstern wolle die Hälfte seiner Stella-Gruppe verkaufen und suche einen Nachfolger. In seinem Büro versicherte ihm Hellstern glaubhaft, ohne ihn hätte es in den 70er Jahren kein Comeback von Charlie Chaplin in Amerika gegeben, und nuancenreich schilderte er, wie er damals Sean Connery dazu brachte, trotz aller Bedenken in «Never say Never again» noch einmal den James Bond zu geben.
Als Schawinski im Büchergestell einen echten Oscar erblickte, war sein letzter Zweifel beseitigt, und per 1. Januar 1987 kaufte er sich ein in die Welt von Glanz und Glamour. Es handle sich «um eine siebenstellige Zahl», verriet er der Bilanz, ja, er habe «das letzte Hemd» hergeben müssen. Doch das zog er gerne aus für die Chance, international tätig zu sein – und vielleicht sogar seine Traumfrau Kim Basinger kennenzulernen.
Und tatsächlich: Wo immer er mit Hellstern aufkreuzte, waren sie umgeben von Stars und von Menschen, die gerne von Stars umgeben sind. Einmal schüttelte Schawinski die Hand von Bernd Eichinger, der soeben Umberto Ecos «Der Name der Rose» realisiert hatte; dann plauderte er mit Saul Zaentz über «Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins». Auch das Festival in Cannes war jetzt ein Muss, und weil sie jeweils in Hellsterns Appartement in Cap Martin logierten, eine knappe Autostunde vom Schuss entfernt, stürzten sie sich jeden Abend in einer Tiefgarage zwischen zwei parkierten Autos in den Smoking. «Was tut man nicht alles, um bei der Gala Joan Collins und Roger Moore für ein paar Augenblicke nahe zu sein!»
Zum Alltag gehörte das Visonieren von B-Movies und das Durchackern von Drehbüchern: die meisten waren indiskutabel, ab und zu tauchte ein Mittelmässiges auf. Doch eines schönen Tages rannte der unerschütterliche Optimist mit dem Wälzer eines völlig unbekannten Autoren durch die Gänge. «Ganz super, lässig!» rief er aus, «das wird ein Knüller!»
Erst schüttelten die Kollegen den Kopf, doch dann hörten sie es in den Nachrichten: «Der Gewinner der Goldene Palme von Cannes ist – !» Plötzlich galt Schawinski als Mann mit dem goldenen Riecher.
Den nächsten Coup versprach er sich von Leonard Schrader – dem Autoren des Kinohits «The Kiss of the Spiderwoman». «Naked Tango» hiess seine Vorlage zu einem nicht ganz jugendfreien Spielfilm, der im Argentinien der dreissiger Jahre spielt.
«Mein idealer Einstieg als internationaler Filmproduzent!» befand Schawinski und entschied, den Streifen zusammen mit einem japanischen und einem amerikanischen Partner zu finanzieren. So sicher war er sich seiner Sache, dass er auf die sonst übliche «Completion Bond» verzichtete, eine Garantie, dass der Film zum budgetierten Preis vollendet wird. «Wenn er fertig ist, holen wir das Doppelte und Dreifache heraus», versicherte ihm Hollywood-Produzent David Weismann.
Ein Glücksfall war die Hauptdarstellerin Mathilda May – Filmkritiker feierten die brünette Französin bereits als Nachfolgerin von Brigitte Bardot. Über «Naked Tango» sagte sie: «Es ist eine Rolle, die alle Gefühle auf einmal beinhaltet: Die Angst, die Traurigkeit, die Wut und die absolute Liebe.»
Die Story: Ein Passagierschiff auf dem Atlantik nimmt Kurs auf Buenos Aires. Im eleganten Salon langweilt sich die schöne Stefanie mit ihrem Ehemann, einem angegrauten Richter. Zufällig beobachtet sie bei einem Spaziergang auf Deck, wie eine junge Frau über Bord springt. In diesem Moment kommt sie auf die verhängnisvolle Idee, die Identität der Selbstmörderin anzunehmen. Kaum an Land erkennt Stefanie, die jetzt Alba heisst, warum sich das Mädchen in den Tod
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