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DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)

DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition)

Titel: DER SCHAWINSKI CODE – Die Biografie von Roger Schawinski (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roy Spring
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ausgenützt. Viel wichtiger war ihm die Psychologie: Als begeisterter Anhänger der Autosuggestions-Methode des französischen Apothekers Emile Coué (1857–1926) wiederholte er jeden Morgen und jeden Abend mehrmals den Satz: «Es geht mir mit jedem Tag in jeder Hinsicht immer besser und besser.»
Überzeugt von der Kraft des positiven Denkens und als Präsident der Zürcher Coué-Vereinigung lehrte er, wie viel entscheidender es sei, die Vorstellungskraft zu trainieren als den sogenannten Willen. Wer also zum Beispiel Angst habe, an einer Prüfung zu versagen, werde diese negative Eindrücke mit grösster Wahrscheinlichkeit erfüllen. Erfolgreich hingegen sei, wer sich von positiven Visionen leiten lasse. «Ich habe diese Theorien immer für Hokuspokus gehalten», sagt Roger Schawinski. «Erst viel später habe ich realisiert, wie stark sie mich beeinflusst haben.»
Ohne viel Getöse ging Abri bei der Erziehung vor. Stets liess er seinen Sohn im Glauben, was er mache, sei schon gut.
«Ich will ab jetzt jeden Abend bis zehn Uhr wachbleiben», sagte Roger einmal.
«Wenn du das unbedingt willst», entgegnete er.
Am dritten Tag jammerte Roger gegen neun Uhr, er sei totmüde und wollte jetzt doch ins Bett.
«Nichts da», insistierte Abri, «Roger bleibt bis 10 Uhr auf.» Erst nach einer weiteren Woche und dem Drängen der Mutter hatte er ein Einsehen.

Besonnen blieb er auch im Sommer 1958, als Roger jeden Abend im Café Kef auf der anderen Strassenseite am Fernseher die Spiele der Fussballweltmeisterschaften in Schweden verfolgte.
«Wenn du nicht aus dem Gymnasium fliegen willst, musst du mehr lernen», erwähnte Abri beiläufig.
«Schau Vater, die WM findet nur alle vier Jahre statt, das Gymi jedes Jahr», erörterte der Neunmalklug, «also, was ist wichtiger?» Wenn er es so sieht, ist er sowieso nicht reif fürs Gymi, dachte Abri und liess ihm das Vergnügen.
Das einzige, was er seinen Kindern nie bieten konnte, war ein Leben frei von finanziellen Sorgen. Tiefe Spuren hinterliess ein Erlebnis aus der Schulzeit: Eines Tages stellte der 10jährige Roger fest, dass auf seinem Sparbüchlein – auf das er jeden Monat einen Fünfliber einzahlte – 270 Franken fehlten. Als er es seinem Vater berichtete, gestand dieser kleinlaut, er habe das Geld abgehoben, um die Miete zu bezahlen.
Um so grösser war seine Genugtuung, als er seinen Liebsten im Sommer 1962 die erste grössere Ferienreise bieten konnte. In einem Schulaufsatz schwärmte Roger: «Zuerst fuhren wir mit dem Auto nach Genua, wo wir einen Tag verbrachten. Dann reisten wir an einem Tag die ganze Riviera hinunter. Was ich an diesem Tag erlebte, werde ich wohl mein ganzes Leben lang nicht vergessen. Orte wie Monte Carlo, Nizza und Cannes, die für mich so weit wie auf einem anderen Planeten waren, wurden plötzlich zur Wirklichkeit. Ich stand vor dem Palast in Monaco, betrachtete das Negresco in Nizza, fuhr über die roten Felsen bei St. Raphael und spazierte auf der Strandpromenade in Cannes. Als ich mich am Abend ins Bett legte, fand ich noch lange keinen Schlaf, so war ich noch überwältigt von all dem Erlebten.»

Allmählich ging Roger seinen eigenen Weg. Immer öfter sagte er, wenn Abri zum Auswärtsessen einlud, er nehme lieber das Geld und esse zuhause ein Yoghurt. Und eines Tages eröffnete er ihm: «Vater, ich weiss jetzt alleine, wo’s langgeht, ich brauche keine Hilfe mehr.»
Das akzeptierte Abri wortlos – auf keinen Fall wollte er seinem Sohn vorschreiben, was er mit seinem Leben anzufangen habe. Zwar hätte er ihn am liebsten als hilfsbereiten Arzt im weissen Kittel gesehen, doch auch alle anderen Berufe waren ihm genehm – ausser Polizist und Politiker!
Nie war Abri glücklicher als am Tag, an dem Roger an der Hochschule St. Gallen als Dr. nat. oek. promovierte. «Mein Bub, der Doktor» – diese Gewissheit trieb ihm vor Stolz die Tränen in die Augen.
Später, als Roger bei Radio und Fernsehen für Furore sorgte, rief er ihn nach jeder Sendung an und gab seine Meinung bekannt. Völlig begeistert war er zum Beispiel, als sein Roger den grossen Showmaster Hans-Joachim Kulenkampff interviewte. «Das war so wertvoll», lobte er tags darauf, «danke, Roger, dass Du das ermöglicht hast!»
Das Schönste wäre für ihn, eines Tages nicht mehr arbeiten zu müssen, hatte Abri immer gesagt. Der erfolgreiche Sohn machte es Mitte der achtziger Jahre wahr. Als Marcelle den Haushalt nicht mehr führen konnte, zogen die beiden auf seine Kosten

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