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Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
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Vergnügen ausgeblieben, das er sich vergeblich von Dianes Angst erhofft hatte. Das hatte seine Wut nur um so mehr geschürt. Das wilde Pochen ihres Herzens, ihr Schluchzen, das Wissen um seine Macht, der sie ausgeliefert war, befriedigten ihn nicht. Fluchend stieß er sie von sich, und sie floh ins Schlafgemach, die Hände auf die Ohren gepreßt, um seiner leisen, höhnischen Stimme zu entrinnen. Am Morgen verließ er sie, ohne ein Wort oder eine Geste, die ihr die Erinnerung an die letzte Nacht erleichtert hätten. Eigentlich hatte er sich vor dem Aufbruch noch von ihr verabschieden wollen, aber Saint Huberts Weigerung, ihn zu begleiten, hatte alle zarteren Gefühle verscheucht und neuen Zorn entfacht.
Und jetzt? Die Sehnsucht, Diane in den Armen zu halten, die Tränen von ihren Lidern zu küssen, so daß sich ihre bleichen Lippen rosig färbten, war fast unerträglich. Sein Leben hätte er geopfert, um ihr jede Gefahr aus dem Weg zu räumen - und nun befand sie sich in Ibraheim Omairs Gewalt! Was mochte sie erleiden? Diese Frage bereitete ihm Höllenqualen. Doch er ließ sich nichts anmerken. Die unausweichliche Verzögerung schien endlos zu dauern, und er schwang sich in den Sattel. Vielleicht würde es die Wartezeit verkürzen, wenn er Habichts rastlosen, nervösen Körper zwischen den Knien spürte. Solange er neben dem Pferd gestanden hatte, war es ruhig gewesen. Jetzt, als es sein Gewicht spürte, drängte es zum Aufbruch, und er mußte es beruhigen, was ihn von seiner Ungeduld ablenkte.
Endlich erhob sich Saint Hubert. Während Henri und zwei Araber den Verletzten ins Lager zurückbrachten, galoppierte die Schar wieder südwärts. Jenseits des Hügels, wo Gaston entkräftet vom Blutverlust und den heftigen Schmerzen zusammengebrochen war, lag er tote Schimmel. Sein Fell schimmerte im Mondlicht gespenstisch weiß. Und ein paar Schritte entfernt bewiesen die Leichen mehrerer Araber, wie zielsicher Gaston beim letzten Kampf geschossen hatte, um Diane zu verteidigen. Ohne eine Miene zu verziehen, ritt der Scheich weiter. Aber der Rappe schnaubte angewidert, als er die Toten witterte.
Allen Leichen, die im Mondschein zu sehen waren, wichen die Reiter aus. In düsteren Senken trabten die Pferde über verkrümmte Körper hinweg. Einmal strauchelte Raouls Hengst und warf ihn beinahe ab, während der Schädel eines Toten unter seinen Hufen zerbrach. Das Heulen ferner Schakale näherte sich, bis der Trupp einen langgezogenen Hügel überquerte und in einem breiten, erleuchteten Tal den Schauplatz des Hinterhalts erreichte. Sofort wußte Ahmed, daß zwischen den Leichen und toten Pferden seine eigenen Leute lagen. Während die jaulenden Schakale flohen, betrachtete er die reglosen Gestalten. Würde er jemanden finden, der noch am Leben war und Bericht erstatten konnte? Seine eigenen Stammesbrüder würden bereitwillig sprechen. Und Ibraheim Omairs Männer konnte man zwingen. Seine Zähne blitzten, als er wölfisch lächelte.
Hastig untersuchten seine Leute die Gefallenen. Vor Aufregung brachen sie ihr gewohntes Schweigen. Nur der Scheich blieb stumm, während seine Krieger leise Flüche und Racheschwüre ausstießen. Kurz darauf legten sie ihm die sterblichen Überreste von Dianas Eskorte zu Füßen. Die Männer waren grausam niedergemetzelt worden und bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Da aber bemerkte der Scheich, daß sich die letzte Gestalt, die in den Sand gebettet wurde, schwach bewegte. Plötzliche Sanftmut milderte seine strenge Miene, als er sich zu den verschleierten Augen des Sterbenden hinabneigte. Der Mann lächelte, glücklich wie ein Kind, das eine unerwartete Belohnung erhält, hob mühsam eine Hand zum Gruß und zeigte nach Süden.
Dankbar drückte Ahmed die schlaffen Finger seines Anhängers. Mit letzter Kraft zog der Araber die Hand seines Scheichs an die Stirn, dann hauchte er sein Leben aus.

Achtes Kapitel
    Langsam kam Diana wieder zu Bewußtsein. Die Übelkeit wollte ihr die Kehle zuschnüren, und in ihren Ohren rauschte und dröhnte es. Ihr Schädel pochte; jeder Knochen tat ihr weh. Vor lauter Schmerzen konnte sie sich zuerst nicht erinnern, was geschehen war, und das Nachdenken fiel ihr schwer. Aber allmählich lösten sich die Nebelschwaden in ihrem Gehirn auf. Langsam kehrte ihr Gedächtnis zurück, so daß sie sich bruchstückhaft der Ereignisse entsann, die ihrer Ohnmacht vorausgegangen waren.
Gaston - der Schrecken und die Entschlossenheit in seinen Augen, die zusammengepreßten

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