Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Scheich

Titel: Der Scheich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Maude Hull
Vom Netzwerk:
obwohl ihre Schläfen immer noch pochten. Die schwindelerregende Übelkeit war jedoch vollends verschwunden.
Entschlossen ging sie zu der Araberin hinüber. «Geben Sie mir Wasser», sagte sie auf französisch. Doch die Frau schüttelte den Kopf, ohne aufzublicken. Diana wiederholte die Bitte auf arabisch - einen der wenigen Sätze, die sie fließend sprechen konnte. Diesmal sprang die Frau auf und reichte ihr einen Becher Kaffee.
Obwohl Diana das süße, klebrige Getränk verabscheute, mußte sie sich damit begnügen, bis sie Wasser bekommen würde. Sie griff nach dem kleinen Becher, aber als sie dem bösartigen Blick der Araberin begegnete, zögerte sie. Plötzlich schöpfte sie Verdacht. Der Kaffee enthielt sicher eine Droge. Was außer den boshaft funkelnden dunklen Augen diese Überzeugung hervorrief, wußte sie nicht. Jedenfalls hegte sie keinen Zweifel, und so stellte sie das Gefäß ungeduldig beiseite.
«Nein, kein Kaffee - Wasser», forderte sie.
Ehe sie sich wehren konnte, wurde sie von einem kräftigen Arm umschlungen, und die Frau drückte ihr den Becher an die Lippen. Das bestärkte Diana in ihrem Argwohn, und der Zorn verlieh ihr ungeahnte Kräfte.
Gewiß, die Araberin war stark, aber Diana war jünger und wendiger. Blitzschnell schleuderte sie den Becher zu Boden. Der Kaffee rann über den Teppich. Dann befreite sie sich aus der Umklammerung und stieß die Araberin weg, die gegen die Kohlenpfanne taumelte und stürzte. Messingtöpfe und andere Gefäße rollten umher.
Mit einem gellenden Schrei kroch die Frau zu der umgekippten Kohlenpfanne, stellte sie an ihren Platz und schlug auf die verstreute schwelende Asche ein, um sie zu löschen. An der Seite des Zelts öffnete sich ein Vorhang, den Diana erst jetzt bemerkte, und ein riesiger Nubier trat ein, den der Lärm angelockt hatte.
Zitternd vor Zorn, zeigte die Araberin auf ihre Widersacherin und sprudelte einen kreischenden Wortschwall hervor, von dem Diana nichts verstand. Doch die ausdrucksvollen Gesten schilderten den Kampf, der soeben stattgefunden hatte. Der Neger hörte zu, entblößte grinsend seine schneeweißen Zähne und schüttelte den Kopf, um ein Ansinnen abzulehnen, das mit erhobener Faust an ihn gestellt wurde. Seelenruhig sammelte er ein paar Kohlen auf und zertrampelte die restliche Aschenglut am Boden, ehe er sich zum Gehen wandte.
Aber Diana rief ihn zurück. Hoch aufgerichtet, trat sie einen Schritt vor und befahl: «Bringen Sie mir Wasser!» Als sein Zeigefinger in die Richtung des Kaffeekessels wies, stampfte sie mit dem Fuß auf. «Wasser!» wiederholte sie noch herrischer.
Lachend nickte er, schlenderte aus dem Zelt, und wenig später kam er mit einem Wasserschlauch zurück. Der Gedanke an den Zustand der Flüssigkeit ließ Diana zaudern, aber nur ein paar Sekunden lang, denn ihr Durst besiegte alle zimperlichen Bedenken. Und so hob sie einen sauberen Becher auf, der vor ihre Stiefel gerollt war. Ehe sie daraus trank, wusch sie ihn ein paarmal. Das lauwarme Wasser schmeckte brackig, doch sie brauchte es zu dringend, um sich daran zu stören. Immerhin linderte es das trockene, würgende Gefühl in ihrer Kehle und erfrischte sie.
Inzwischen hatte sich der Nubier entfernt, und die Araberin kauerte immer noch neben der Kohlenpfanne. Diana kehrte zu den Kissen zurück. Erschöpft setzte sie sich. Die Ereignisse der letzten Minuten hatten sie stärker mitgenommen als erwartet, aber sie in ihrem Mut bestärkt. Nun wußte sie, daß sie ihre Bewacherin jederzeit überwältigen konnte. Sogar der kräftige Nubier hatte ihr gehorcht - welch ein Balsam für ihre Seele!
Trotz ihrer mißlichen Lage schöpfte sie Hoffnung. Da sie seit dem Erwachen nur die Araberin und den Neger gesehen hatte, vermutete sie, daß Ibraheim Omair sich nicht im Lager aufhielt. Den Gedanken, er könnte die Begegnung hinauszögern, um die Qualen seiner Gefangenen zu verlängern, verwarf sie. Eine solche Raffinesse traute sie ihm nicht zu. Und seine Abwesenheit ermutigte sie. Wenn er doch fernbliebe, bis Ahmed kam! Natürlich wußte sie, daß er sie befreien würde. Ihr Vertrauen zu ihm war grenzenlos, und sie mußte nur beten, er möge rechtzeitig erscheinen.
Seit dem Angriff der feindlichen Araber am frühen Nachmittag waren mehrere Stunden vergangen. Wie die brennende Lampe verriet, war die Nacht bereits angebrochen. Vor einigen Monaten hatte Dianas Armbanduhr ihren Dienst versagt, weshalb sie die genaue Tageszeit nicht ermitteln konnte. Aber inzwischen wurde sie

Weitere Kostenlose Bücher